In den USA wird seit einiger Zeit über „secular stagnation“ diskutiert. Der Begriff wurde von dem Harvard-Professor und früheren Finanzminister Larry Summers hochgebracht. Er beschreibt einen Zustand, in dem die Investitionen einer Volkswirtschaft nicht ausreichen, um die Ersparnis zu absorbieren. Als Resultat geht das Wachstum zurück und die Arbeitslosigkeit ist zu hoch. Eine solche Situation ist gefährlich, so Summers. Die Geld- und Finanzpolitik müsse zusätzliche Impulse geben, um Vollbeschäftigung und ordentliches Wachstum sicher zu stellen.
Könnte es sein, dass diese Diskussion jetzt auch nach Europa überschwappt? Nach den Zahlen, die in den letzten Wochen zur Entwicklung des realen Bruttoinlandsprodukts im zweiten Quartal veröffentlicht wurden, blieb das Wirtschaftswachstum in Euroland weit hinter den Erwartungen zurück. Das gilt vor allem für Deutschland, Italien und Frankreich. Österreich hielt sich noch ganz ordentlich. Nur Spanien und Portugal waren besser als erwartet.
Als Folge dieser Zahlen werden jetzt die Prognosen für das Gesamtjahr nach unten revidiert. 2014 wird in den meisten Ländern aus Makrosicht nicht das gute Jahr werden, das wir ursprünglich erwartet hatten. Es wird eher schwach ausfallen. Euroland wird kaum stärker als 1% wachsen. Deutschland muss sich vermutlich mit etwas mehr als 1% begnügen. Auch Österreich muss seine Erwartungen zurücknehmen. Ist dies nicht schon die säkulare Stagnation?
Nun darf man von der Entwicklung in einem Quartal oder auch in einem Jahr nicht auf grundsätzliche langfristige Wachstumsprobleme schließen. Es gibt immer Ausreißer nach unten. Aber auch wenn man sich die langfristige Entwicklung anschaut, sieht es nicht so gut aus.
Die Graphik zeigt, wie sich das Wachstum in Deutschland seit dem zweiten Weltkrieg kontinuierlich verringert hat. Das ist säkulare Stagnation pur. In anderen Euroländern wie Italien und Frankreich liegen die Probleme freilich anders. Hier handelt es sich um akute Fehlentwicklungen, die – hoffentlich - keineswegs säkular sind.