USA: Konsolidierung im Rahmen des Bodenbildungsprozesses
Nach acht aufeinanderfolgenden Wochen mit Kurssteigerungen legte der amerikanische Aktienmarkt in der vergangenen Woche bei geringen Umsätzen eine Verschnaufpause ein. Dabei gaben der Dow Jones um 2,6 Prozent und die Nasdaq sogar um 3,8 Prozent nach. Die veröffentlichten Konjunkturdaten boten kein einheitliches Bild. Die für die Unternehmensgewinne wichtigen Produktivitätskennzahlen für das 3. Quartal wurden deutlich von 4 Prozent auf 5,1 Prozent nach oben revidiert und auch der Einkaufsmanagerindex für den Dienstleistungssektor fiel mit 57,4 deutlich stärker aus als erwartet. Beide Indikatoren hätten sich positiv auswirken müssen – doch das war nicht der Fall. Im Gegensatz dazu enttäuschte der Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe mit einem leicht gestiegenen Wert auf 49,2. Nach einigen Vorlaufindikatoren wurde dieser Indikator jedoch deutlich über der "Expansionsmarke" von 50 erwartet. Die Woche beendete dann der enttäuschende Arbeitsmarktbericht. Statt eines erwarteten deutlichen Anstiegs der Beschäftigtenzahl im November, sank diese sogar um 40000. Gleichzeitig stieg die Arbeitslosenqote von 5,7 auf 6 Prozent – und steht damit im absoluten Gegensatz zu den in den vergangenen Wochen veröffentlichten, gesunkenen Anträgen zur Arbeitslosenhilfe. Diese Zahlen signalisieren, dass die Unternehmen zwar aktuell weniger Beschäftigte entlassen, im Gegensatz dazu aber auch keine neuen Stellen schaffen - eine viel befürchtete "Pattsituation". "Der Rücktritt des in der Finanzwelt nicht gerade sehr beliebten Finanzministers O’Neill sorgte dafür, dass die Woche nicht ganz so katastrophal endete", meint ADIG-Fondssprecher Carsten Römheld. "Mit dem neuen Kandidaten Snow verspricht man sich eine konsequentere Umsetzung des neu diskutierten 300-Milliarden-Dollar-Stimuluspaketes für die Wirtschaft." Auf der Unternehmensseite sorgten AOL Time Warner und die drohende Insolvenz von United Airlines für negative Schlagzeilen. AOL stellten am Dienstag auf der Analystenkonferenz eine Halbierung der Internet-Werbeumsätze im nächsten Jahr in den Raum und wurden dafür an der Börse mit einem Minus von 12 Prozent bestraft. United Airlines droht die Insolvenz nach "Chapter 11", nachdem eine Staatsbürgschaft in Höhe von 1,8 Milliarden Dollar nicht gewährt worden ist. Daraufhin sackte die Aktie von drei auf unter einen US-Dollar ab. Die Arbeitnehmer signalisieren Bereitschaft zu Gehaltskürzungen, und Mitglieder der Star Alliance (u.a. Lufthansa) wollen dem Unternehmen unter die Arme greifen.
Europa: Wachsende Neigung zu Gewinnmitnahmen
Nach den zeitweise kräftigen Kursavancen der Vorwochen bestimmten Gewinnmitnahmen die Kurstendenz der abgelaufenen Woche. Bei einem Rückgang des MSCI-Weltindex um drei Prozent gaben die europäischen Aktienmärkte mit 4,5 Prozent (Euroland) sowie minus 4,1 Prozent (Europa) überdurchschnittlich nach. Selbst die defensiveren Börsen Großbritannien und Schweiz konnten sich mit Indexrückgängen von 3,7 bzw. 3,6 Prozent der negativen Tendenz nicht entziehen, gehörten aber innerhalb der europäischen Börsen wieder einmal zu den stabileren Märkten.
Die von Experten schon seit länger für notwendig gehaltene Zinssenkung seitens der EZB war bereits von den Aktienmärkten erwartet worden. Dabei hat sich gezeigt, dass bei negativen Vorgaben der Leitbörse Wall Street selten ein Ausscheren der europäischen Aktienmärkte aus dem negativen Trend möglich ist.
Seitens der Unternehmen ist vor allem die enttäuschende Prognose des finnischen Mobilfunkproduzenten Nokia zu nennen, die dann auch zu kräftigen Kursabschlägen bei Aktien wie Epcos und Infineon geführt hat. Zum Wochenbeginn waren deutsche Bankaktien, insbesondere Commerzbank und Hypovereinsbank, auf Grund anhaltender Fusionsgerüchte noch stärker gefragt, bevor auch hier Gewinne mitgenommen wurden. France Telekom profitierten von der geplanten umfangreichen Neukapitalisierung mit Hilfe des französischen Staats. Das letzte Wort der EU-Behörde ist hier allerdings wohl noch nicht gesprochen.
Auch die neuen Konjunkturdaten konnten die Börsenstimmung nicht nachhaltig stimulieren. Der Einkaufsmanagerindex Euroland ist in der verarbeitenden Industrie zwar im November auf 49,5 angestiegen, bewegt sich aber immer noch unterhalb des Wertes von 50, der eine stagnierende Entwicklung anzeigt. Dagegen stellt sich die Entwicklung im Dienstleistungsbereich mit einem Wert von 50,8 positiver dar.
Kein Index der europäischen Branchen konnte sich in der vergangenen Woche dem negativen Trend entziehen. Vor allem Versicherungen, Medienwerte sowie Technologieaktien standen stärker auf der Verliererseite. Dagegen konnten sich in den letzten Wochen zeitweise stärker unter Druck geratene Nahrungsmittel-, Chemie-, Energie- und Versorgungswerte besonders gut behaupten.
Japan: Korrekturbewegung
Auch die Aktienkurse am Kabutocho – der Topix-Index büsste 3,6 Prozent ein - folgten der Abwärtsbewegung an den Weltaktienmärkten. Die Äußerungen von Finanzminister Shiokawa, die den dringenden Wunsch nach einem schwachen Yen zum Ausdruck brachten, wurden vom Aktienmarkt kaum als Anregung empfunden. Die ungebrochene Exportdynamik insbesondere im Automobilsektor ist einer der Faktoren, die kurzfristig kaum einen fairen Yen-Kurs von 150 bis 160 Yen pro Dollar als realistisch erscheinen lassen. Belastet haben auch die enttäuschenden Halbjahreszahlen verschiedener Werkzeugmaschinenbauer.
Der Ausblick auf die Woche vom 9. bis 13. Dezember 2002 (KW 50)
"Der US-Markt wird seine Konsolidierung voraussichtlich bis zum Ende des Jahres fortsetzen", sagt ADIG-Fondssprecher Carsten Römheld. "Zu Beginn des nächsten Jahres sollte die Bodenbildung jedoch beendet sein." Anschließend erwartet Breil einen längerfristigen Aufwärtstrend. "Zum Wochenschluss könnten Einzelhandelszahlen am Donnerstag sowie der Michigan-Konsumklimaindex am Freitag kurzfristige Anregungen geben", so der Anlageexperte weiter.
Europa schaut in dieser Woche weit mehr auf konjunkturelle Schlüsselzahlen aus den USA, als auf eigene Daten. Sicherlich liefert aber der ZEW-Indikator für Dezember Hinweise über die weiter in der Zukunft liegende Konjunkturentwicklung. Auch der am Donnerstag zur Veröffentlichung anstehende EZB-Monatsbericht kann neue Aspekte für Konjunktur- und Zinsperspektiven in Euroland geben. Letztlich dürften die Anleger in der vorletzten, vollen Börsenwoche des Jahres 2002 keine Bäume mehr ausreißen wollen. Versicherungen schauen gebannt auf den näherrückenden Ultimotermin, wobei neue Aktivitäten von dieser Seite - nach den umfangreichen Abschreibungen für Aktienanlagen in 2002 - größtenteils wohl erst im neuen Jahr erwartet werden können.
In Japan sind die Kursperspektiven nach wie vor relativ ungünstig. Es bleibt vor allem die Unsicherheit über wenig ernsthafte Antideflationsmaßnahmen sowie kaum überzeugende Ansätze zur Lösung der Bankenkrise.