Rückblick: Bilanzskandal in Europa
Das Szenario der zurückliegenden Handelswoche war von einer Mischung aus Kriegsangst, Konjunktursorgen und schwindendem Vertrauen in die Unternehmen geprägt. Dieser Mix ließ die Weltaktienmärkte auf Wochenbasis um rund 1,4 Prozent in die Knie gehen. Die geopolitischen Risiken bestehen weiter unverändert. Zwar hat der Irak mit der Zerstörung der Raketen begonnen, doch das hält die USA nicht von ihren Angriffsplänen ab. Die Unternehmens- und Konjunkturdaten wurden in der abgelaufenen Woche wieder etwas mehr beachtet als in den vergangenen Wochen.
Die amerikanischen Aktienmärkte haben in der vergangenen Woche am besten performt und wiesen nur eine Minus von etwa 0,9 Prozent auf. "Ein Grund dafür war unter anderem die Rücknahme der Terroralarmstufe von Orange auf Gelb", meint ADIG-Fondsmanager Carsten Roemheld. "Die gemeldeten Konjunkturdaten wirkten ebenfalls stimulierend, da sie im großen und ganzen günstiger als erwartet ausgefallen sind." Bei der Unternehmensberichterstattung stand eindeutig Hewlett Packard im Vordergrund: Dank der Kostensenkungsprogramme konnte das Unternehmen einen Quartalsgewinn am oberen Ende der Erwartungen ausweisen. Der Umsatz lag jedoch am unteren Ende der Schätzungen, und der Ausblick fiel eher verhalten aus.
Die Serie der Bilanzskandale hat mit Ahold nun auch Europa erreicht. Der zweitgrößte Einzelhändler hat Bilanzunregelmäßigkeiten bei einer US-Tochter eingeräumt. Folge: Die operativen Ergebnisse der letzten zwei Jahre müssen um circa 500 Millionen US-Dollar nach unten korrigiert werden. Die Banken litten besonders unter dem Gerücht, dass sich die HypoVereinsbank über eine Zwangswandelanleihe frisches Kapital beschaffen wolle. Auch die Aktien des Chemiekonzerns Bayer standen mächtig unter Druck: Angeblich wusste das Unternehmen bereits deutlich früher von den Problemen des Cholesterinsenkers Lipobay. Am Ende der Woche verzeichneten die europäischen Märkte ein Minus von mehr als zwei Prozent.
Auch der japanische Aktienmarkt verabschiedete sich mit einem Minus von 2,5 Prozent ins Wochenende. Belastungsfaktor für die Sicherheit in der gesamten Region war - neben den Spannungen im Irak, dem festen Yen und dem Zwölfjahreshoch beim Ölpreis - der Raketenabschuss Nordkoreas. Zu den Gewinnern zählten die Aktien von SEGA. Einem Zeitungsbericht zufolge sollen Microsoft sowie Electronic Arts Interesse an einer Übernahme des Herstellers von Videospielen haben. Die gemeldeten Konjunkturzahlen fielen zwar zu 2/3 besser aus als erwartet, kompensieren konnten sie die anderen Belastungen jedoch nicht.
Der Ausblick auf die Woche vom 03. bis 07. März 2003 (KW 10)
Das Damoklesschwert der Irakkrise schwebt weiter über den Märkten
Die Märkte stehen auch in dieser Woche wieder unter dem Einfluss der Irakkrise. Im Blickpunkt wird die Blix-Rede am Freitag vor dem Weltsicherheitsrat und die Reaktion der stimmberechtigten Mitglieder sein. Das Handelsgeschehen wird voraussichtlich auch weiterhin von großer Nervosität und geringen Umsätzen begleitet. Die Anleger beschäftigt nach wie vor die Krise und ihre möglichen Auswirkungen auf die Weltwirtschaft.
"Von den US-Unternehmen wird es keine großen Veröffentlichungen geben, da die Berichtssaison weitgehend beendet ist", sagt ADIG-Fondsmanager Carsten Roemheld. "Einzig National Semiconductor wartet am Donnerstag mit Zahlen auf. Der Verlust je Aktie wird auf minus 0,07 US-Dollar geschätzt." Intel wird im Laufe der Woche bereits eine Stellungnahme zum laufenden Quartal abliefern. "Dann wird sich zeigen, ob Analysten die Gewinnprognose für Intel in der vergangenen Woche zu Recht nach oben revidiert haben", meint Roemheld. Der Veröffentlichungskalender für Konjunkturdaten ist auch diese Woche wieder prall gefüllt. Die Daten werden voraussichtlich belegen, dass die verhaltene Erholung zwar andauert, man jedoch noch weit von einem Boom entfernt ist. Von besonderem Interesse dürfte dabei der ISM-Index für das verarbeitende Gewerbe sein.
Der europäische Aktienmarkt feiert am Freitag einen eher denkwürdigen Geburtstag: Vor drei Jahren markierten die Indizes ihre Höchststände und die Baisse nahm fortan ihren Lauf. In dieser Woche stehen etliche Bilanzpressekonferenzen auf dem Programm, zum Beispiel bei HSBC, Carrefour, France Telecom, Aegon oder LVMH. Im Mittelpunkt des Interesses steht jedoch die Sitzung der Europäischen Zentralbank am Donnerstag. Nach Wim Duisenbergs pessimistischer Einschätzung der aktuellen Wirtschaftslage im Anschluss an das G7-Treffen, wird mit einer Zinssenkung um 25 Basispunkte gerechnet. Die erwarteten Konjunkturkennzahlen – Europäischer Einkaufsmanagerindex sowie Verbrauchervertrauen in Frankreich - werden dieses Bild voraussichtlich bestätigen. Vom deutschen Arbeitsmarkt wird ebenfalls keine positive Unterstützung erwartet. Der Negativtrend wird sich weiter fortsetzen und es wird mit einem Anstieg von saisonbereinigt 30.000 Arbeitslosen gerechnet.
Der Verlauf in Japan wird interessant: Denn, in den vergangenen vier Jahren ist der Nikkei 225 im März, dem letzen Monat des japanischen Fiskaljahres, jeweils gestiegen. Diese Regel könnte in diesem Jahr allerdings gebrochen werden. Wahrscheinlicher Auslöser: die japanischen Banken mit ihren massiven Eigenkapitalproblemen. So werden diese Woche von der drittgrößten Bank Mitsubishi Tokyo Finacial Group Details für eine geplante Kapitalerhöhung erwartet. Die Notenbanksitzung wird voraussichtlich ganz im Zeichen der Übergabe an den neuen Notenbankgouverneur Fukui stehen.