Die britische Wirtschaft dürfte mindestens in den kommenden beiden Quartalen schrumpfen und insgesamt für das Jahr 2017 ein Wachstum knapp oberhalb der Null erreichen, ist Angermann überzeugt.
Die britische Wirtschaft sei auf absehbare Zeit mit erheblichen Unsicherheiten belastet. Betroffen sind laut aktueller FERI Prognose vor allem der Finanzsektor, exportorientierte Branchen, Immobilienentwickler und Einzelhändler. FERI geht für 2017 von einem deutlichen Einbruch der Ausrüstungs- und Bauinvestitionen (mindestens -5 Prozent) aus. „Die schlechtere Stimmung wird sich in Großbritannien auf den privaten Konsum und die Beschäftigung auswirken. Wir rechnen mit einem Anstieg der Arbeitslosenquote von derzeit 5 auf bis zu 7 Prozent im Jahr 2017“, so Angermann.
Im Außenhandel werden die Importe infolge der Verteuerung durch die Pfund-Abwertung sinken, während die Exporte leicht zulegen werden, weil britische Produkte attraktiver werden. Das Pfund wird tendenziell weiter an Wert verlieren – FERI rechnet mit einer Abwertung gegenüber dem Euro um knapp 10 Prozent im Jahresdurchschnitt 2016 und um weitere 5,5 Prozent im Jahr 2017. „Die Bank of England wird auf absehbare Zeit keine Zinserhöhung vornehmen, sondern vielmehr mit neuen Maßnahmen der quantitativen Lockerung versuchen, der britischen Wirtschaft positive Impulse zu geben“, schätzt Angermann. Denkbar wäre in diesem Zusammenhang auch eine Zinssenkung. Allerdings könnte der zu erwartende Anstieg der Inflation in UK die Geldpolitik in ein Dilemma bringen.
Investitionszurückhaltung, aber weiterhin positives Wachstum im Euroraum
Der BREXIT hat laut FERI Prognose auch negative Wirkungen auf die Wirtschaft im Euroraum: Insbesondere werde die Unsicherheit auch hier tendenziell zu einer noch stärkeren Investitionszurückhaltung führen. Daneben seien Exporte nach Großbritannien von der Abwertung des Pfunds negativ betroffen.
Die FERI Prognose für den Euroraum ist bereits defensiv ausgerichtet und bezieht die Fragilität des weltwirtschaftlichen Aufschwungs mit ein. „Vor diesem Hintergrund stellt der BREXIT zwar ein zusätzliches und gravierendes Abwärtsrisiko dar. Wir sehen das Wachstum im Euroraum aber weiterhin positiv“, so Angermann. FERI gehe zudem davon aus, dass im Zuge der Austrittsverhandlungen das gemeinsame Interesse von Großbritannien und der EU an einer Fortsetzung der intensiven wirtschaftlichen Zusammenarbeit zu beiderseits akzeptablen Lösungen führt.
Politische Risiken zunehmend marktrelevant
„Der BREXIT wird die Kapitalmärkte noch für eine geraume Zeit belasten“, sagt Dr. Heinz-Werner Rapp, Vorstand und Chef-Stratege der FERI AG. Da der tatsächliche Ablauf des BREXIT noch weitgehend ungeklärt sei, bleibe vorerst viel Unsicherheit in den Märkten. Neue Risikoszenarien für die Märkte ergeben sich aus einer weiteren politischen Fragmentierung Europas. Die Risikoprämien der Euro-Peripherie dürften tendenziell ansteigen, was speziell Länder wie Italien, Spanien und Portugal belasten würde.
„Auch die amerikanische Notenbank wird aufgrund der Unsicherheiten im Euroraum tendenziell noch vorsichtiger agieren – weitere Zinsschritte der FED sind vorerst sehr unwahrscheinlich“, sagt Dr. Heinz-Werner Rapp.