Unordnung an den Devisenmärkten

"Die Wechselkurse sind in den letzten Monaten weltweit erheblich durcheinandergewirbelt worden. Das kann so nicht weitergehen. Richten Sie sich darauf ein, dass es 2017 Korrekturbewegungen gibt", erklärt Dr. Martin Hüfner. Economics | 27.10.2016 17:00 Uhr
Dr. Martin Hüfner, Volkswirtschaftlicher Berater, Hellobank! & Assenagon Asset Management / ©  Hello bank! Österreich
Dr. Martin Hüfner, Volkswirtschaftlicher Berater, Hellobank! & Assenagon Asset Management / © Hello bank! Österreich
Archiv-Beitrag: Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Im Weltwährungssystem machen wir gerade eine ganz ungewohnte Erfahrung. Die Wechselkurse der wichtigsten Währungen driften in einem Maße auseinander, wie ich das noch selten erlebt habe. Natürlich hat sich in der Vergangenheit immer mal wieder eine Währung aus dem Konvoi der übrigen abgesetzt. Aber dass alle großen Währungen der Welt eigene Wege gehen, ist höchst ungewöhnlich. Es weckt die Befürchtung, dass sich hier etwas zusammenbraut.

Schauen Sie sich die Grafik an. Ich habe darin die Entwicklung der wichtigsten Währungen der Welt gegenüber dem Euro dargestellt. Im Verlauf des Jahres 2015 war alles mehr oder weniger ruhig. Die Wechselkurse bewegten sich weitgehend parallel. Seit Ende letzten Jahres ist es mit der Harmonie vorbei. Ausschlaggebend war hier wohl die Vorbereitung auf die erste Zinserhöhung in den USA. Der japanische Yen setzte zu einem Höhenflug an. Er hat sich in den letzten zwölf Monaten um 14% aufgewertet. Gleichzeitig (und lange vor der Brexit Entscheidung) ist das britische Pfund in Bewegung geraten. Es hat sich um 25% abgewertet.

Auch beim Chinesischen Renminbi hat sich etwas getan. Er gehört ebenfalls zu den Weltwährungen, seit er in diesem Jahr in den Korb der IWF-Sonderziehungsrechte aufgenommen worden ist. In den letzten zwölf Monaten hat er sich um 5% abgeschwächt.

Es gibt nur ein Währungspaar, das von dem ganzen Trubel nicht erfasst wurde. Das ist der Euro/US-Dollar. Er ist über die ganze Zeit erstaunlich stabil geblieben. Der Wechselkurs bewegte sich bis auf wenige Ausreißer in einer Bandbreite von 1,08 bis 1,13 Euro je US-Dollar. Die Schwankungen waren nicht viel größer als zu Zeiten des alten Bretton-Woods-Systems (+/- 2¼%).

Aber nicht nur bei den großen Währungen gab es Unruhe. Auch bei den Wechselkursen der Schwellen- und Entwicklungsländer zeigten sich gewaltige Verschiebungen. Der Brasilianische Real etwa ist in den letzten zwölf Monaten um 21% fester geworden. Der Russische Rubel hat sich seit Februar sogar um 25% aufgewertet, der Südafrikanische Rand um 14%. Der Mexikanische Peso hat als Folge von Ängsten hinsichtlich der amerikanischen Präsidentenwahl stark geschwankt. Eine so unterschiedliche Entwicklung der Wechselkurse kann nicht unendlich weitergehen. Sie belastet den internationalen Handel. Die Kosten der Währungsabsicherung steigen. Das kann zu Handelsverwerfungen führen und weiteren protektionistischen Bestrebungen Vorschub leisten. Es kostet am Ende Wachstum und Beschäftigung. Am wichtigsten ist, dass die betroffenen Länder erheblich belastet werden. Die Wettbewerbsposition einer so großen Exportnation wie Japan beispielsweise hat sich binnen eines Jahres gegenüber Großbritannien um fast 40% (!) verschlechtert, gegenüber China um 20%. Die Europäer leiden unter dem Pfundkurs, der ihre Ausfuhren nach Großbritannien verteuert. Auch in den Schwellen- und Entwicklungsländern führen so große Wechselkursbewegungen zu Problemen.

Was wird passieren? Ich vermute, dass es spätestens im kommenden Jahr zu erneuten Anpassungen bei den Wechselkursen kommen wird, dann aber – zumindest in einigen Fällen – in umgekehrter Richtung. Am offensichtlichsten ist das beim Japanischen Yen. Er kann aufgrund der schwachen Wirtschaftsentwicklung des Landes und der weiterhin ultralockeren Geldpolitik nicht so stark bleiben. Er wird sich wieder abschwächen. Das Pfund Sterling wird sich aufgrund der Unsicherheiten mit dem Brexit zunächst noch etwas abwerten. Aber irgendwann kommt der Punkt, bei dem die Vorteile einer verbesserten Wettbewerbsposition aufgewogen werden durch die Nachteile einer wechselkursbedingten Zunahme der Inflation. Ich erwarte nicht, dass das Pfund dann wieder nachhaltig fester wird. Die Abwertung wird aber zum Stillstand kommen.


Der Chinesische Renminbi ist noch nicht so schwach, dass eine unmittelbare Korrektur anstünde. Aber die Chinesen sind wachsam. Sie werden alles tun, um ihre Währung nicht zu einer Schwachwährung abgleiten zu lassen. Das verträgt sich nicht mit ihren politischen Ambitionen. Zudem brauchen sie für den Export keine Abwertung, weil sie das Schwergewicht ihrer Wirtschaft auf die Binnensektoren verlagern wollen.

Beim Euro/Dollar-Kurs ist die Situation auf den ersten Blick eigentlich im Lot. Weder aus Sicht der USA noch aus der der Europäer ist eine Änderung dringlich. Andererseits ist das kein stabiles Gleichgewicht. Es gibt zu viele gegenläufige Kräfte. Auf der einen Seite sprechen die schwierigen politischen Verhältnisse in Europa mit den vielen Wahlen und den Verhandlungen mit Großbritannien eher für einen schwachen Euro. Dazu kommt, dass die Amerikaner die Zinsen erhöhen werden. Auf der anderen Seite steht im kommenden Jahr die Wende in der Geldpolitik der EZB an, was den Euro stärkt. Wie sich der Wechsel im amerikanischen Präsidentenamt auswirkt, ist heute überhaupt noch nicht abzuschätzen. Wir müssen uns beim Euro/USDollar also auf Überraschungen einstellen.

Für den Anleger: Gehen Sie davon aus, dass es auch 2017 erhebliche Veränderungen an den Devisenmärkten geben wird. Wenn wir Pech haben, ist auch eine internationale Währungskrise nicht auszuschließen. Sie würde sich dann auch negativ auf die Aktienund Rentenmärkte auswirken. Verlassen Sie sich bei Ihren Investitionen im Übrigen nicht zu sehr auf Exportwerte. Sie leiden unter den anhaltenden protektionistischen Tendenzen. Sichern Sie in jedem Fall ausländische Wertpapierpositionen ab, damit Ihnen etwaige Kursgewinne nicht durch Wechselkursverluste verloren gehen.

Dr. Martin Hüfner
Volkswirtschaftlicher Berater
Hellobank! & Assenagon Asset Management


Gastkommentare werden von anerkannten Experten verfasst, deren Meinungen nicht mit jener der e-fundresearch.com Redaktion übereinstimmen müssen.

Performanceergebnisse der Vergangenheit lassen keine Rückschlüsse auf die zukünftige Entwicklung eines Investmentfonds oder Wertpapiers zu. Wert und Rendite einer Anlage in Fonds oder Wertpapieren können steigen oder fallen. Anleger können gegebenenfalls nur weniger als das investierte Kapital ausgezahlt bekommen. Auch Währungsschwankungen können das Investment beeinflussen. Beachten Sie die Vorschriften für Werbung und Angebot von Anteilen im InvFG 2011 §128 ff. Die Informationen auf www.e-fundresearch.com repräsentieren keine Empfehlungen für den Kauf, Verkauf oder das Halten von Wertpapieren, Fonds oder sonstigen Vermögensgegenständen. Die Informationen des Internetauftritts der e-fundresearch.com AG wurden sorgfältig erstellt. Dennoch kann es zu unbeabsichtigt fehlerhaften Darstellungen kommen. Eine Haftung oder Garantie für die Aktualität, Richtigkeit und Vollständigkeit der zur Verfügung gestellten Informationen kann daher nicht übernommen werden. Gleiches gilt auch für alle anderen Websites, auf die mittels Hyperlink verwiesen wird. Die e-fundresearch.com AG lehnt jegliche Haftung für unmittelbare, konkrete oder sonstige Schäden ab, die im Zusammenhang mit den angebotenen oder sonstigen verfügbaren Informationen entstehen.
Klimabewusste Website

AXA Investment Managers unterstützt e-fundresearch.com auf dem Weg zur Klimaneutralität. Erfahren Sie mehr.

Melden Sie sich für den kostenlosen Newsletter an

Regelmäßige Updates über die wichtigsten Markt- und Branchenentwicklungen mit starkem Fokus auf die Fondsbranche der DACH-Region.

Der Newsletter ist selbstverständlich kostenlos und kann jederzeit abbestellt werden.