Wie Powell bei der Veranstaltung mit seinen Vorgängern Janet Yellen und Ben Bernanke gesagt habe, sei die momentane Situation derjenigen von Ende 2015 nicht unähnlich. Seinerzeit, so der britische Vermögensverwalter, habe die US-Notenbank trotz der konjunkturellen Schwäche in China und den USA die Geldpolitik erstmals im aktuellen Zinsanhebungszyklus gestrafft. Angesichts der schweren Marktturbulenzen habe sich diese Position bis Anfang Februar 2016 aber als nicht haltbar erwiesen. Der Wendepunkt sei am 3. Februar gekommen, als Bill Dudley, seinerzeit Präsident der Federal Reserve Bank of New York, eingeräumt habe, dass die geldpolitische Straffung mittlerweile so stark geworden sei, dass sie unvermeidlich schädliche Auswirkungen auf die US-Wirtschaft haben werde.
Aus mehreren Gründen habe Powell jedoch gezögert, auch seine Geldpolitik anzupassen. So sei die derzeitige Verlangsamung der Wirtschaftsaktivität in den USA deutlich weniger ausgeprägt als 2016. In China sei das Ausmaß des Rückgangs zwar fast so groß wie 2016, allerdings sei die Sorge um eine destabilisierende Abwertung des Renminbi dieses Mal wesentlich weniger ausgeprägt. Und schließlich sei die Lage am US-Arbeitsmarkt jetzt weitaus enger als noch vor drei Jahren.
Gerade angesichts des letzten Punkts hätten die Mitarbeiter seines Stabs Powell womöglich zu sehr gedrängt, eine sich ihrer Meinung nach deutlich überhitzende US-Wirtschaft abzubremsen. Im Unterschied zu seinen Vorgängern sei Powell schließlich Rechtsanwalt und kein Volkswirt, was beim Stab die Sorge ausgelöst haben könnte, dass er unter dem Druck von Präsident Donald Trump zu schnell einknicken wird. Am Freitag habe Powell aber dann wieder mehr auf eigenen Füßen gestanden.
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