Neue Märkte: Was können Fondsmanager aus dem Crash lernen?

Wie ist es zu diesem "Goldrausch-Phänomen" gekommen? Welchen Einfluss hatten Fondsmanager auf diese Entwicklung? Star-Fondsmanager Karl Fickel über das Dreieck "Getriebener - Opfer - Täter". Economics |
Wie sich die Zeiten ändern. Noch vor rund einem Jahr baten Politiker bei IPO-Kandidaten höchstpersönlich um eine Zuteilung, suchten Anleger verzweifelt nach Anwälten, die sie im Falle einer Nichtzuteilung von Neuemissionen beraten sollten. Der Neue Markt galt bei institutionellen wie privaten Anlegern als "Reichmacher-Börse". Auf die Euphorie folgte bald die Ernüchterung: Die sicheren Zeichnungsgewinne sind inzwischen durch massive Kursverluste abgelöst worden. Einige Unternehmen sind gegenwärtig so niedrig bewertet, dass ihre Marktkapitalisierung unter ihrem aktuellen Cash-Bestand liegt.
 
Karl Fickel ehemaliger Manager des INVESCO Neue Märkte Fonds und jetzt Partner und Portfolio Management bei Lupus alpha Asset Management, Frankfurt, im Interview:

e-fundresearch: Wie ist es zu diesem "Goldrausch-Phänomen" gekommen? Welchen Einfluss hatten Fondsmanager auf diese Entwicklung?
 
Fickel: "Nennt man die Dinge beim Namen, so war es vor allem die "Gier", die Fondsmanager und andere Marktteilnehmer zu Getriebenen der Kursralley am Neuen Markt gemacht hat. Nach der Devise "mitmachen oder verlieren" wurde bis zum Höhepunkt der Euphorie im März 2000 in fast alles investiert, was - von ebenfalls margengetriebenen Emissionsbanken - an den Markt gebracht wurde. Anfangs noch skeptisch, gewöhnte man sich schließlich daran, dass Aktien auch ohne Historie und ohne Gewinne ständig stiegen. Da die traditionellen Bewertungsmaßstäbe völlig ausgereizt waren, wurde nach neuen gesucht. So konzentrierte man sich auf die Company Stories, die zunehmend unreflektiert übernommen wurden. Aber was wären geeignete Werkzeuge gewesen, die New Economy richtig zu bewerten? Mangels allgemeingültiger Maßstäbe, hatte hier jeder seine eigenen. Der Börsenboom am Neuen Markt wurde dazu noch von den Medien angeheizt. Rund 10 % der Börsenkapitalisierung in Deutschland erhielt ca. 90 % der Berichterstattung. Das musste ebenso wie die Überbewertung am Markt korrigiert werden."
 
e-fundresearch: Inwiefern waren Fondsmanager Opfer des Geschehens?
 
Fickel: "Da Banken und Analysten ebenso Getriebene der beschriebenen Entwicklung waren, fielen ihre Bewertungen häufig höher aus als auf Basis der Unternehmenskonzepte gerechtfertigt war. Im Zuge der Euphorie wurden die Businesspläne der Unternehmen zugegebenermaßen auch immer aggressiver. Bei einigen Unternehmen hatten die Zahlen schon nach einem halben Jahr nichts mehr mit dem zu tun, was noch zum Börsengang im Plan stand. Hier hatten auch einige Wirtschaftsprüfer ihre Hausaufgaben nicht gemacht. Ein großes Problem war zudem die Ressourcensituation. Bei 134 Neuemissionen im Jahr 2000, das macht jeden zweiten Werktag eine Neuemission, ist es kaum möglich, jedes Unternehmen adäquat auf Herz und Nieren zu prüfen. Quantität ging zwangsläufig vor Qualität."
 
e-fundresearch: Nichtsdestotrotz sind Fondsmanager auch Täter in dem gesamten Prozess!
 
Fickel: "Ja. Durch Zeichnen der Neuemissionen wurden die Werte nach oben gezogen und die Euphorie zusätzlich angestachelt. Statt über ein mögliches Schließen von Fonds oder andere Maßnahmen nachzudenken, wurden die immer reichlicher fließenden Kundengelder am Neuen Markt investiert - je nach Investment-philosohie bis zu 100 %. Warum sollte man auch Kunden, die ihr Geld anlegen wollen, wieder wegschicken? Einerseits erwartet ja auch ein Anleger, der sich für einen Neue Märkte-Fonds entschieden hat, dass sein Geld in Neue Markt-Aktien investiert und nicht als Kasse gehalten wird. Andererseits hatten Fondsmanager ihren geschäftlichen Erfolg vor Augen. Dass sie letztendlich ebenso Leidtragene des Kursdebakels waren, haben sie sich daher vor allem auch selbst zuzu-schreiben."
e-fundresearch: Welche Lehren sollten Fondsmanager daraus ziehen?
Fickel: "Die Verschärfung des Auswahlprozesses ist vor dem Hintergrund der gemachten Erfahrungen die wichtigste Lehre, die Fondsmanager aus dem letzten Jahr ziehen können. Die Konzepte und Planungen der Unternehmen sind noch kritischer zu hinterfragen als bisher. Neben der Qualifikation des Managements müssen quantitative Faktoren wieder stärker im Vordergrund stehen. Der Fragenkatalog ist vor allem um die Bereiche zu erweitern, die sich in den letzten Monaten als wesentliche Schwachpunkte der Unternehmen entpuppt haben: Dies sind u.a. Fragen zum Inhouse Know how für die Rechnungslegung nach US-GAAP bzw. IAS sowie zur Qualifikation der beauftragten Wirtschaftsprüfer auf diesem Gebiet, Detailfragen zu den Grundlagen der Vertriebsschätzungen sowie zur Expansionspolitik des Unternehmens im Ausland. Neben einer fundierten eigenen Bewertung sollte man sich darüber hinaus immer auch ein persönliches Bild von dem Unternehmen durch Besuche vor Ort machen."
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