Die furchtbaren Ereignisse in den USA könnten die Wirtschaft durchaus in eine Rezession treiben. Bereits unmittelbar nach den Terroranschlägen ist aufgrund der Schließung aller wichtigen US-Märkte ein Liquiditätsmangel festzustellen. Am stärksten dürften sich ein drastischer Rückgang des Verbrauchervertrauens und rückläufige Ausgaben der Haushalte auf die Wirtschaft auswirken. Angesichts der großen Bedeutung der Verbraucher für die amerikanische Konjunktur dürfte dies zu einem Rückgang des gesamten BIP führen.
Die negativen Auswirkungen dürften noch verstärkt werden durch
a) den neuerlichen Anstieg des Ölpreises auf über $30 je Barrel und
b) die Zerstörung eines beträchtlichen Teils des amerikanischen Finanzsektors.
Dadurch wird sich der Konjunkturabschwung in Europa und Asien verlängern. Aufgrund der wahrscheinlichen Auswirkungen auf den Luftverkehr dürfte es in der Wirtschaft zu längeren Ausfällen kommen. Der Zeitpunkt für diesen Schock hätte angesichts der sehr fragilen Weltwirtschaft nicht ungünstiger sein können.
Zuversichtlicher stimmt uns die Wahrscheinlichkeit, daß die amerikanische Federal Reserve sowie die Zentralbanken in Europa und Asien die Zinsen senken, um die Liquidität zu erhöhen und die schlimmsten Auswirkungen der Ereignisse aufzufangen.
Aufgrund des Ausmaßes der gestrigen Katastrophe gestalten sich Vergleiche mit früheren Ereignissen schwierig. Die irakische Invasion in Kuwait hatte einen starken Rückgang des Verbrauchervertrauens zur Folge und trieb die amerikanische Wirtschaft Anfang 1991 in eine Rezession. Als der bewaffnete Kampf begann und deutlich wurde, daß die alliierten Truppen gewinnen würden, zog das Vertrauen wieder an.
Durch das Erdbeben in Kobe verringerte sich das BIP im ersten Quartal 1995 um schätzungsweise 0,3%. Die Wirtschaftsaktivität erholte sich jedoch, da das BIP durch den Wiederaufbau wieder anstieg.
In beiden Fällen wurden Schockwellen ausgelöst, die sich jedoch rasch glätteten, als der Wiederaufbau begann (Kobe) bzw. als der Risikozuschlag sank (Golfkrieg). Zwar dürfte die amerikanische Wirtschaft in den nächsten Monaten durch Aufbauarbeiten gestützt werden, doch ist es unwahrscheinlich, daß der Risikozuschlag rasch entfällt. Die USA werden sicherlich auf die Anschläge reagieren, wobei jedoch noch nicht feststeht, gegen wen sie vorgehen werden, da sich bisher niemand zu den Anschlägen bekannt hat. Es könnte zu einer längeren Spannungsphase kommen, wodurch sich die Risikoscheu der Anleger erhöht, die liquide Anlagen bevorzugen und sich stärker als sonst auf Waren und Rohstoffe konzentrieren. In einem derartigen Umfeld dürften die Rohstoffpreise weiterhin hoch bleiben, während sich der Risikozuschlag auf risikoreiche Vermögenskategorien wie Aktien erhöht. "