Im Frühjahr 2006 litten die internationalen Finanzmärkte stark unter Inflationsängsten. Dass der Inflationsdruck am Ende einer schon seit fünf Jahren anhaltenden Hochkonjunkturphase zunimmt, ist aus wissenschaftlicher Sicht nur logisch.
Inflation unter Kontrolle?
Im Frühjahr 2006 wurden die internationalen Finanzmärkte einige Wochen stark gebeutelt. Vor allem in den USA löste die zunehmende Inflationsangst Szenarien mit übertriebenen Zinserhöhungen und einer damit einhergehenden Rezession aus. Bald danach vertrieben die beunruhigenden Nachrichten über den US-Häusermarkt jedoch alle Inflationsängste. Seitdem ist Inflation kein Thema mehr:
- In den USA hat die zugrunde liegende Inflationsdynamik den Gipfel anscheinend überschritten.
- In Euroland sieht es danach aus, dass die Inflation 2007 erstmals seit 1999 unter der Marke von 2% bleiben wird, die sich die Europäische Zentralbank (EZB) zum Ziel gesetzt hat.
- In Japan drehte die Inflation in den vergangenen Monaten sogar wieder ins Plus.
Die Finanzmärkte nehmen daher an, dass die Zentralbanken die Inflation fest im Griff haben. Das ist jedoch trügerisch: In den nächsten zwei Jahren ist Inflation eine der stärksten Bedrohungen für die heutige Hochkonjunkturphase der Weltwirtschaft.
Noch keine Inflation
Trotz der Verlangsamung der US-Wirtschaft in den vergangenen Quartalen läuft die Weltwirtschaft nach wie vor auf Hochtouren. Prognosen zufolge wird 2007 das fünfte Jahr in Folge, in dem die Welt ein reales Wirtschaftswachstum von mindestens 4% erzielen wird. Damit verzeichnen wir die kräftigste Hochkonjunkturphase seit Anfang der 70er Jahre. Merkwürdigerweise löste dieses kräftige Wachstum in den vergangenen Jahren keinen Inflationsanstieg aus. Die hohe Geschäftstätigkeit führte jedoch zu einer steigenden Nachfrage nach Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen, wodurch die Rohstoffpreise in den vergangenen Jahren schnell in die Höhe schossen. Die Preissteigerungen hielten sich für die Endverbraucher jedoch in Grenzen. Bedingt durch den Anstieg der Rohstoffe kletterte die Inflation in den Industrieländern (OECD) von einem Tief von 1,7% Anfang 2004 auf knapp über 3% Mitte 2006. Im Vergleich zu den Inflationszahlen der 90er Jahren war dies immerhin noch niedrig. Seitdem hat sich die Inflation übrigens wieder auf rund 2% abgekühlt. Obwohl die Zentralbanker selbstverständlich die Ehre für sich in Anspruch nehmen wollen, ist das günstige Inflationsklima vor allem der Globalisierung zu verdanken. Die Globalisierung hat die Inflation in den vergangenen Jahren auf zweierlei Weise gebremst:
- Große Teile der Produktionskapazität haben sich vom Westen auf die aufstrebenden Märkte verlagert. Dies hat einen Rückfluss billiger Konsumgüter – insbesondere Elektronik und Bekleidung – bewirkt.
- Die Globalisierung hat zudem das globale Arbeitsangebot spektakulär erweitert. Dadurch ist das Lohnwachstum in diesem Zyklus bislang vergleichsweise niedrig ausgefallen.
Weltweit ist die Inflation in den vergangenen Monaten wegen des Abwärtstrends bei den Rohstoffen, insbesondere Energie, zurückgegangen. Da die Ölpreise nach dem Sommer 2006 nicht an die Steigerungsrate der Vorjahre anknüpfen konnten, fiel der Inflationsdruck aus dieser Ecke weg. Außerdem bremst die US-Wachstumsverlangsamung die Inflation.
Ein Comeback?
Trotzdem gibt es Anzeichen für ein Comeback der Inflation.
- Der Abwärtstrend bei den Energiepreisen wird zum Sommerende abebben, wodurch die Inflation wieder ansteigen wird.
- Daneben drohen die ungewöhnlichen Witterungsbedingungen der vergangenen Quartale die Lebensmittelpreise zu steigern.
- Auch die zunehmende Nachfrage nach Biokraftstoffen kann die Lebensmittelpreise unter Druck setzen.
- Viel wichtiger ist jedoch, dass die deflationären Faktoren der vergangenen Jahre anscheinend an Kraft verlieren.
Inflation wieder ein Thema
Heute wird an den Rentenmärkten ebenso wenig mit einem Inflationsschub gerechnet. Trotz des Aufwärtstrends der vergangenen Jahre ist die Anleiherendite in den meisten Ländern weiterhin ziemlich niedrig. Ohne Rezession in den USA wird Inflation im Herbst wahrscheinlich wieder ein Thema. Die Zentralbanken werden darauf mit aggressiveren Zinserhöhungen als bislang erwartet reagieren müssen. Eine solche Entwicklung müsste zunächst auch die Anleiherenditen erhöhen, droht jedoch mit der Zeit das Ende der weltweiten Hochkonjunktur einzuleiten. Höhere Zinsen, die erforderlich sind um die Konjunktur zu bremsen und den Inflationsdruck wegzunehmen, werden in mehreren Ländern die Immobilienmärkte unter Druck setzen. In den USA sind die Übertreibungen am Immobilienmarkt beileibe nicht beseitigt, während auch in Ländern wie Australien, Großbritannien und Spanien Korrekturen bevorstehen. Dies dürfte jedoch erst 2008 der Fall sein.
Den gesamten Bericht finden Sie bitte zum Download als PDF-Dokument im Infocenter.