5 Jahre nach Corona: Was bleibt der Fondsbranche erhalten – und was nicht?

Vor fünf Jahren hat die Corona-Pandemie auch die Fondsbranche auf den Kopf gestellt. Neue Arbeitsweisen, digitale Vertriebswege und ein verändertes Marktumfeld waren die Folge. Doch was davon ist geblieben – und was hat sich längst wieder zurückentwickelt? e-fundresearch.com hat Branchenvertreter gefragt, welche Learnings und Veränderungen die Fondsbranche bis heute prägen. Funds | 11.03.2025 12:50 Uhr

Die Corona-Pandemie war auch für die Fondsindustrie ein tiefer Einschnitt. Innerhalb kürzester Zeit mussten neue Wege der Zusammenarbeit, der Kundenansprache und der Vertriebsaktivitäten gefunden werden. Digitale Meetings statt persönlicher Treffen, Remote-Arbeit statt Büroalltag – viele dieser Veränderungen galten zunächst als Übergangslösungen, doch nicht alle verschwanden wieder mit dem Abflauen der Pandemie.

Fünf Jahre später ziehen wir Bilanz: Welche Entwicklungen aus der Corona-Zeit haben sich dauerhaft etabliert? Welche Veränderungen bei Arbeitsweisen, im Fondsvertrieb und in der Produktlandschaft sind geblieben – und was hat sich wieder erledigt?

Im Rahmen einer aktuellen Umfrage haben wir Expertinnen und Experten aus der Fondsbranche um ihre Einschätzungen gebeten.

Dr. Anja Hochberg, Leiterin Multi-Asset Solutions, Swisscanto
© ZKB/ Lena Meyenberg

Dr. Anja Hochberg, Leiterin Multi-Asset Solutions, Swisscanto

Covid19 hat die Asset Management Industrie nachhaltig verändert. Zum einen brachte es Anlageherausforderungen mit sich, die zuvor weder akademisch noch praktisch bewältigt worden sind. Dies gilt insbesondere für die Abschätzung der Wirkungen der Pandemie auf Wirtschaft und Finanzmärkte, aber auf den Impakt von Negativzinsen. Besonders nützlich war für uns in diesem unsicheren Anlageumfeld die Szenario-Analyse, die uns geholfen hat, die Wahrscheinlichkeit von unterschiedlichen Ergebnissen und die Auswirkungen auf die Portfolio-Konstruktion abzuschätzen.

Zum anderen ging Covid19 einher mit ungewöhnlichen operationellen Herausforderungen (z.B. Home Office), die schnell entschieden und umgesetzt werden mussten. Bis anhin schien es technisch äußerst schwierig, komplexe Portfolios von zu Hause zu managen. Wir konnten diese Herausforderung erfolgreich mit Hilfe unseres hauseigenen Portfolio-Management Systems bewältigen. Covid hat diesbezüglich nicht nur neue Herausforderungen gebracht, sondern uns auch sehr an die grundlegenden Erfolgsfaktoren im Asset Management erinnert: Ein starkes Risikomanagement, operationelle Excellence und ein disziplinierter Anlageprozess.
Daniela Brogt, Head of Sales Germany & Austria, Janus Henderson Investors
© Janus Henderson Investors

Daniela Brogt, Head of Sales Germany & Austria, Janus Henderson Investors

Die Fondsbranche hat sich nachhaltig verändert, insbesondere hinsichtlich digitaler Transformation und Arbeitsflexibilität. Einige Praktiken wie persönliche Treffen haben deutlich abgenommen. Hybride Arbeitsmodelle sind neue Normalität. Digitale Tools für Kommunikation und Zusammenarbeit gehören zum täglichen Arbeitsablauf und gestalten Entscheidungsfindungsprozesse flexibler und schneller. Die vor der Pandemie geltende Norm, dass jeder im Büro anwesend sein muss, ist weitgehend verschwunden.

Digitale Interaktion ist der neue Standard im Fondsvertrieb. Zwar sind persönliche Treffen immer noch wichtig, haben aber in Quantität abgenommen. So ersetzen Webinare für Strategie-Updates häufig die früher logistisch eher aufwändigen Roadshows.
Bei den Produkten haben wir deutliches Interesse an digitalen Assets (wie Kryptowährungen) und alternativen Anlagestrategien feststellen können. Auch der Trend hin zu passiven Anlagen hat sich während und seit der Pandemie verstärkt.

Es ist davon auszugehen, dass viele Trends, die während der Pandemie ihren Anfang genommen haben, unsere Branche auch weiterhin in ihrer Entwicklung prägen werden – ob das alles positiv zu werten ist, bleibt abzuwarten.
Gerald Saam, Country Head Germany & Austria, Eurizon
© Eurizon

Gerald Saam, Country Head Germany & Austria, Eurizon

Die Welt in der Asset-Management-Industrie ist eine andere nach Corona. Vieles ist deutlich effektiver geworden – für Anbieter wie auch für Investoren. Was in der Zeit nach Corona etwas zu kurz kommt, sind tatsächlich die persönlichen Kontakte, die man umso mehr schätzt. Die Homeoffice-Situation hat sich eingependelt, mit durchschnittlich drei Bürotagen pro Woche. Dies führt zu Herausforderungen bei persönlichen Meetings mit Investoren und Portfoliomanagern, während Online-Formate wie Teams-Calls an Bedeutung gewinnen. Persönliche Meetings sind seltener, gewinnen aber an Wert. Fondsvertrieb und Kundeninteraktion sind weiterhin stark digital geprägt, wobei präzise und fokussierte Kommunikation entscheidend ist. Lange E-Mails und Newsletter verlieren an Relevanz – entscheidend sind gezielte Botschaften mit hohem Mehrwert. Der Markt verlangt weiterhin leistungsfähige aktiv gemanagte Fonds, während ESG-Standards etabliert sind, jedoch nicht mehr als Unterscheidungsmerkmal fungieren. Asset Manager müssen strenge ESG-Screenings bestehen, um Investments zu sichern. ETFs und aktive ETFs spielen eine sehr große Rolle und werden in Zukunft deutlich häufiger von Investoren genutzt werden.
Hubertus Päffgen, Vorstand und Leitung Projektentwicklung, CAV Partners AG
© CAV Partners AG

Hubertus Päffgen, Vorstand und Leitung Projektentwicklung, CAV Partners AG

Die Pandemie hat durchaus ihre Spuren hinterlassen. Insbesondere in den weniger sonnenreichen Monaten spürt man noch Nachholeffekte bei Belegschaft, Partnern und Kunden. Auf der Arbeitsebene oder im Umgang mit Investoren sind ähnliche Entwicklungen zu beobachten. Dabei ist es gleich, ob es um die Diskussion der weiteren Strategie, die Verhandlungen mit Mandanten oder den gemeinsamen Austausch mit Kollegen auf dem Flur geht. Menschen wünschen sich direkten, analogen Austausch. Gleichzeitig weiß seit der Pandemie auch jeder um die Vorteile des Digitalen. Erstgespräche oder Monatsmeetings können bequem online umgesetzt werden. Das spart (Reise-)Zeit, Kosten und ist häufig effizienter. Für uns als nachhaltiger Assetmanager hat es auch noch eine Nachhaltigkeitskomponente auf nicht dringende Reisen zu verzichten. So versuchen wir auch bei unseren aktuell sehr vielen Projektentwicklungen in Deutschland und insbesondere Italien, auf lokale Teams zu setzen, was Zeit spart und die Identifikation mit dem Projekt erhöht. Rückblickend wurden viele Prozesse durch Corona stärker digitalisiert und effizienter. Die persönliche Ebene bei Gesprächen und das Gespür für das Gegenüber kann aber (noch) nicht digitalisiert werden und ist unverzichtbar.
Christina Volkmann, Leiterin Deutschland innerhalb der Global Client Group, Nuveen
© Nuveen

Christina Volkmann, Leiterin Deutschland innerhalb der Global Client Group, Nuveen

Die Digitalisierung von Meetings und Entscheidungsprozessen hat den Austausch effizienter gemacht. Als global agierender Investmentmanager haben wir uns zwar schon immer digitalen Arbeitsweisen angepasst, heute sind virtuelle Calls aber fester Bestandteil beinahe jeder Arbeitskultur und ermöglichen ein flexibleres arbeiten. Das Homeoffice hat ebenfalls Flexibilität gebracht und wird auch künftig eine Rolle spielen, doch mit einem wachsendem Team und intensiverer Kollaboration ist der persönliche Kontakt im Büro hilfreich, um die Zusammenarbeit zu fördern.

Natürlich passiert auch im Vertrieb viel mehr auf der digitalen Ebene, dennoch hat die Pandemie gezeigt, dass persönliche Interaktionen für den langfristigen Erfolg im Fondsvertrieb nach wie vor unverzichtbar sind. Gerade in Zeiten einer zunehmenden Konsolidierung der Asset Management Branche erfordern Kundenbeziehungen Vertrauen und persönliche Gespräche.

Die Pandemie hat zudem zu einer stärkeren Fokussierung auf ESG-Kriterien und nachhaltige Anlagestrategien geführt. Auch wenn die aktuellen geopolitischen Herausforderungen das Thema etwas in den Hintergrund rücken, wird der Trend zu verantwortungsbewusstem Investieren bleiben.
Alexander George, Head of Institutional Sales DACH, MEAG
© MEAG

Alexander George, Head of Institutional Sales DACH, MEAG

Die Pandemie hat dem digitalen Wandel in der Fondsbranche einen starken Schub nach vorne gegeben. Die Branche ist moderner, effizienter und resilienter geworden. Flexibles Arbeiten von verschiedenen Orten zu unterschiedlichen Zeiten ist fester Bestandteil unserer Arbeitswelt geworden. Die dadurch gebotene Flexibilität ermöglicht es unseren Mitarbeitern, ihre Arbeitswoche individuell zu gestalten und zu planen.

In der Beziehung mit unseren Kunden bleibt der persönliche Kontakt essenziell, aber auch hier ist die digitale Kommunikation heute stärker akzeptiert als vor der Pandemie. Mir bleibt positiv in Erinnerung, dass man auch in dieser schwierigen Zeit mit tollen Teams und viel Vertrauensvorschuss Kunden virtuell gewinnen konnte. Gleichwohl ist das persönliche Gespräch oder Kennenlernen durch nichts zu ersetzen.

Marktseitig war die Zinswende entscheidend für eine Repositionierung unserer Anleger, nicht die Pandemie. Fixed Income wurde attraktiver. Die Repriorisierung von ESG-Themen ist weniger eine Nachwirkung von Corona, sondern vielmehr der aktuellen politischen Bewertung und dem regulatorischen Umgang geschuldet.
Dr. Hendrik Leber, Geschäftsführer, ACATIS Investment Kapitalverwaltungsgesellschaft mbH
© ACATIS Investment (Fotografin Katrin Binner)

Dr. Hendrik Leber, Geschäftsführer, ACATIS Investment Kapitalverwaltungsgesellschaft mbH

Homeoffice, interne digitale Meetings und Webinare mit Externen sind sicher Überbleibsel aus der Corona-Zeit, wobei alles nicht mehr so stark ausgeprägt ist. Management by walking around ist zurück, denn nichts geht über den direkten persönlichen Kontakt. Präsenzveranstaltungen im Vertrieb, aber auch bei Gesprächen mit unseren Firmen ermöglichen einen viel intensiveren Austausch und bieten ein ganz anderes Erlebnis als online. Klare Vorteile der Online-Meetings sind allerdings die niedrigeren Kosten, Reisekosten fallen weg, die höhere Flexibilität, der niedrigere Zeitaufwand und eine Schonung der Umwelt. Es scheint, als sei die Arbeit mehr geworden, weil sich Onlinekanäle (Teams, Zoom) und physische Meetings addieren. Neue Produkte/ Strategien mit speziellem Bezug zu Corona gab es bei uns nicht. An den Märkten sehen wir jedoch, dass der Gesundheitssektor nach dem Hype während der Corona-Pandemie etwas links liegen geblieben ist und nun aufgrund seiner vergleichsweise niedrigen Bewertungen attraktive Chancen bietet. Positiv an Corona war, dass Innovationen schneller erfolgten und die Digitalisierung gefördert wurde. Negativ war, dass zwischenmenschliche Kontakte verloren gegangen sind.
Lloyd McAllister, Leiter der Abteilung für nachhaltige Investments, Carmignac
© Carmignac

Lloyd McAllister, Leiter der Abteilung für nachhaltige Investments, Carmignac

Negative Umweltauswirkungen: Verbesserungen bei Luft-, Lärm- und Wasserverschmutzung waren vorübergehend und wurden durch zunehmende Kunststoffabfälle überschattet.

Bessere Pandemievorbereitung: Es gab Versäumnisse bei der Vorbereitung, der internationalen Koordination und der Infektionskontrolle. Trotz Verbesserungen erwarten Experten, dass die nächste Pandemie wohl in den nächsten 5 bis 25 Jahren auftritt, wobei das Risiko aufgrund von Temperaturveränderungen und Extremwetterlagen steigt.

Mehr System-Stewardship: Der weltweite Rückgang des BIP hat die Bedeutung der “System“-Stewardship betont. Beispiel sind etwa die Biotech-Aktionäre, deren wirtschaftliches Interesse an Covid-19-Impfstoffen erhebliche Auswirkungen auf die Gesamtwirtschaft hatte. Diese Perspektive wird nun auch auf Themen wie den Klimawandel angewandt, wobei Unternehmen aufgrund systemischer Risiken und der Gesamtrenditen des Portfolios bewertet werden.

Gereifte ESG-Investments: Die Pandemie fiel mit einem Boom nachhaltiger Investments zusammen, der durch EU-Offenlegungsverordnung (SFDR) noch verstärkt wurde. Immer mehr Artikel-8- und Artikel-9-Fonds berücksichtigen, neben finanziellen Faktoren, ESG-Themen.

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