„Daten statt Hypothesen“ | Experten-Interview zum Einsatz von Künstlicher Intelligenz im Portfoliomanagement

Was unterscheidet KI-basierte Anlagen eigentlich von traditionellen quantitativen Fonds? Dazu hatte e-fundresearch.com bereits vor knapp zwei Jahren Michael Günther und Pablo Hess von Tungsten TRYCON befragt. Die Portfoliomanager steuern seit 2013 ihren Publikumsfonds durch KI. Zeit für ein Update. Managers | 06.09.2019 11:21 Uhr
Pablo Hess und Michael Günther, Portfoliomanager, Tungsten TRYCON / © Tungsten TRYCON
Pablo Hess und Michael Günther, Portfoliomanager, Tungsten TRYCON / © Tungsten TRYCON
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e-fundresearch.com: Herr Günther, Herr Hess, Ihr Publikumsfonds Tungsten TRYCON Basic Invest HAIG (LU0451958309) verfolgt eine Multi-Asset long/short-Strategie und bedient sich künstlicher Intelligenz (KI). Welche Evolution hat das Thema „KI im Portfoliomanagement“ in den letzten zwei Jahren durchlaufen?

Michael Günther: In unserem letzten Gespräch hatten wir uns über größere Datenmengen ausgetauscht, die KI im Gegensatz zu traditionellen Ansätzen einbezieht. Die Rechenleistung für KI-Signale kann den Aufwand herkömmlicher Handelssignale für Fonds mithin um das 100.000-fache übersteigen. 

Pablo Hess: Die Datenbasis ist essenziell. KI-Strategien grenzen sich vornehmlich über die Menge und Art der Auswertung dieser Daten sowie ihre Umsetzung in ein leistungsfähiges Handelsmodell gegenüber traditionelleren Quant-Fonds ab.

e-fundresearch.com: Können Sie vor allem das Thema Handelsmodelle etwas weiter veranschaulichen?

Michael Günther: Handelsmodelle wurden bisher zumeist basierend auf den Überzeugungen des jeweiligen Entwicklers oder Portfoliomanagers kalibriert. Ausgehend von grundsätzlichen Annahmen darüber, wie die Märkte funktionieren, werden Handelsregeln und systematische Anlagestrategien formuliert. Im Unterschied dazu erklärt sich ein KI-Algorithmus die Welt anhand der zugrundeliegenden Daten selbst und erstellt daraus, frei von Hypothesen, evidenzbasiert, sein Regelwerk. 

Pablo Hess: Dies bedingt auch, dass ein solches Handelsmodell niemals statisch sein kann. Es wird regelmäßig mit neuen Daten gefüttert, lernt hinzu und ist dadurch fortlaufend aktuell. Dabei berücksichtigt es auch nichtlineare und schwerer auffindbare Zusammenhänge in den Daten.

e-fundresearch.com: Sie haben unlängst eine Umfrage vornehmlich unter professionellen Investoren zum Thema KI durchgeführt (e-fundresearch.com berichtete). Warum glauben Sie, dass das Thema speziell im aktuellen Marktumfeld eine weitere Aufwertung erfahren wird?

Michael Günther: Unabhängig vom Marktumfeld glauben wir immer, dass es für Anleger attraktiv ist, sich zusätzliche Diversifikation ins Portfolio zu holen. Einige Faktoren sprechen dafür, dass marktneutrale Strategien und unkorrelierte Investments in der nächsten Phase des aktuellen Konjunkturzyklus, der seinem Höhepunkt nah sein dürfte oder ihn bereits überschritten hat, besonders wichtige Beiträge leisten können.

e-fundresearch.com: Wie kommen Sie zu dieser Einschätzung?

Pablo Hess: Die Marktrenditen der letzten Dekade – insbesondere im Zusammenspiel von Aktien und Anleihen – werden sich nicht ohne weiteres fortschreiben lassen. Hohe Bewertungen, Negativzinsen und die Gefahr einer weiteren Eskalation des Handelskonflikts zwischen den USA und China bieten Anlegern ein schwieriges Umfeld. Mit Blick auf die geldpolitischen Maßnahmen der Notenbanken sehen wir eine mögliche Saturierung der Effekte. Das wird nicht nur Aktienanleger, sondern gerade auch Anleger in Anleihen, vor Fragen stellen. Überzeugende Alternativen scheinen mir sehr dünn gesät, insbesondere wenn diese von der laufenden Asset Price Inflation unabhängig sein sollen. 

e-fundresearch.com: Also KI als Chance, sich vom Tropf der Zentralbanken ein wenig zu lösen? 

Pablo Hess: Jeder seriöse Anbieter wird immer herausstellen, dass eine Garantie für Überrenditen auch aus der KI nicht abgeleitet werden kann. Wir haben in den vergangenen sechs Jahren rund 30.000 Transaktionen im Rahmen unserer KI-gestützten Publikumsfondsstrategie getätigt. Damit gibt es jedenfalls einen belastbaren Nachweis darüber, dass sich mithilfe von KI Renditen erzeugen lassen, die mit dem Gesamtmarkt nur sehr gering korreliert sind.

Michael Günther: Letztlich müssen Anbieter sehr individuell schauen, auf welche Weise sie sich KI zunutze machen. Die Vorteile können sich neben der Performance zum Beispiel in Diversifikationseffekten ausdrücken, im Ausblenden oftmals schädlicher emotionaler Einflüsse oder ganz einfach in einer neuen Perspektive auf das Marktgeschehen.

e-fundresearch.com:  Vielen Dank für das Gespräch!

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