e-fundresearch.com sprach in Paris exklusiv mit Xavier Hovasse, Portfoliomanager des Emerging Markets Aktienfonds Carmignac Emergents (ISIN: LU0992626480). Der Fonds existiert seit Februar 1997 und wird von Morningstar über die letzten drei Jahre mit fünf Sternen, und von Scope mit der Note B (gut) bewertet. Die Frage ist, ob jetzt ein guter Einstiegszeitpunkt in die Emerging Markets gekommen ist und welche Länder der Emerging-Market-Experte am attraktivsten sieht. Immerhin hatte der Fonds im Kalenderjahr 2021 eine Performance von -10,3% und im Jahr 2022 von -14,3%, so dass man durchaus von einem gewissen Aufhol-Potential ausgehen könnte.
Lesen Sie nachfolgend den zweiten Teil unseres Exklusiv-Interviews. Teil 1 finden Sie hier:
e-fundresearch.com: Herr Hovasse, China hat mit 43 Prozent ein starkes Gewicht an Ihrem Fonds, und in unserem letzten Interview haben Sie sich positiv über die Beendigung der Null-Covid-Politik Chinas geäußert. Welche Auswirkungen hat denn die Öffnung Chinas auf die anderen Emerging Markets?
Xavier Hovasse: China ist der wichtigste Treiber für viele Emerging Markets, insbesondere im asiatischen Raum. Beispielsweise ist China der wichtigste Handelspartner für Korea und Taiwan. Insofern zieht China auch immer die Wirtschaften in den anderen Ländern mit – in die eine wie in die andere Richtung.
e-fundresearch.com: Der Carmignac Emergents ist ein Artikel-9-Fonds, richtig?
Xavier Hovasse: Ja, richtig! Daher muss jedes Investments in diesem Fonds einen positiven Impact haben. In China gibt es etwa 6000 Unternehmen, die grundsätzlich investierbar sind, und durch unsere Impact-Ausrichtung reduzieren wir unser chinesisches Anlageuniversum auf etwa 200 Titel. Mit unserem Emergents-Fonds konzentrieren wir uns auf Themen wie Bildung, Infrastruktur, Gesundheit, Konsumgüter, Innovation und erneuerbare Energie.
e-fundresearch.com: Wie messen Sie den Impact Ihres Fonds?
Xavier Hovasse: Fast alle unsere Investments zahlen auf mindestens ein SDG ein – darüber berichten wir natürlich. Darüber hinaus messen wir den CO2-Ausstoß unserer Portfolio-Unternehmen.
Oft wird ja gesagt, dass Nachhaltigkeit sehr subjektiv sei. Das mag für einige Nachhaltigkeits-Ziele zutreffen, aber die Messung der CO2-Emission ist weitgehend objektiv. Wir lassen sie von einem unabhängigen Dritten messen, nämlich von Trucost. Hinsichtlich der CO2-Emission liegen wir mit dem Fonds-Portfolio 71 Prozent unter dem Index. Das erreichen wir, indem wir beispielsweise nicht in Fluggesellschaften, Energieunternehmen und nicht in Unternehmen investieren, die Proteine herstellen, wie beispielsweise Rinderzucht-Betriebe.
e-fundresearch.com: Widersprechen sich die beiden Ziele, nachhaltig und renditeträchtig zu investieren, in den Emerging Markets?
Xavier Hovasse: Nein, überhaupt nicht. Das trifft insbesondere für den Governance-Faktor aus ESG zu. Wenn wir ein Unternehmen kaufen, wollen wir eine gute Governance sehen. Wir wollen sehen: Die arbeiten zum Wohl unserer Investoren und zwacken nicht rechts und links etwas ab. Wir arbeiten schließlich nach genau demselben Prinzip! Wir sind fest davon überzeugt, dass man mit einem Nachhaltigkeitsfokus langfristig auf die besseren Unternehmen setzen kann, die langfristig die besten Renditen erzielen werden.
e-fundresearch.com: Wie stark reduziert die Nachhaltigkeits- bzw. Impact-Ausrichtung Ihres Fonds das Universum, das für Sie in Frage kommt?
Xavier Hovasse: Generell würden vielleicht 3.900 Unternehmen für den Carmignac Emergents in Frage kommen, und nachdem wir unseren Nachhaltigkeits-Filter anwenden, bleiben etwa 420 übrig. Aus diesen wählen wir dann rund 40 Titel für unser Portfolio aus.
Wir verschwenden also keine Zeit damit, das beste Kohle-Unternehmen zu finden, sondern wir konzentrieren uns von Anfang an auf das verkleinerte Universum der nachhaltigen Unternehmen. Insofern sind wir spezialisiert.
e-fundresearch.com: Über China haben wir ja bereits in unserem letzten Interview gesprochen. Welche weiteren Emerging Markets haben Sie im Visier?
Xavier Hovasse: Neben China sind wir auch stark in Lateinamerika engagiert. Der Kontinent profitiert von den hohen Rohstoffpreisen, die sich unter anderem durch den russisch-ukrainischen Krieg ergeben.
In Lateinamerika mögen wir beispielsweise Brasilien sehr. Da gab es zwar jüngst politische Spannungen, aber denen ist man begegnet. Am Ende haben sich alle demokratischen Parteien gegen Bolsonaro gewendet.
Das Parlament in Brasilien ist eher zentral ausgerichtet. Wenn Präsident Lula also zu viel ausgeben möchte, wird er das nicht durchs Parlament bekommen. Das haben wir kürzlich gesehen: Lula hat Fernando Haddad zum Finanzminister berufen, und anfangs wollte er eine Politik fahren, mit der Brasilien über die nächsten Jahre 200 Millionen Real über das Haushaltslimit hinaus ausgegeben hätte. Der Aktienmarkt hat das sofort quittiert. Dann haben das Unterhaus und der Senat die hohen Ausgaben blockiert, und die Regierung hat einen neuen Plan vorgelegt, mit dem sie für ein Jahr mit 45 Millionen Real über dem Haushaltslimit liegen wird. Dazu hat Haddad mehrere Reden gehalten, die sehr gut ankamen.
Und sehen Sie sich Mexiko an, die sind mittlerweile sehr konsequent. Das Kabinett um Präsident Obrador betreibt eine Fiskalpolitik, die ich als sehr verantwortungsvoll bezeichnen würde. Hier und da mag es dort in der politischen Elite noch etwas Korruption geben, aber insgesamt stimmt der Kurs und die Inflation sinkt.
e-fundresearch.com: Und wie sieht es in Asien aus?
Xavier Hovasse: Neben China mögen wir dort auch Korea.
e-fundresearch.com: Ist Korea denn überhaupt noch als Emerging Market zu betrachten?
Xavier Hovasse: Die Frage ist berechtigt, aber laut Definition der Weltbank werden sowohl Korea als auch Taiwan noch den Schwellenländern zugerechnet. In Korea haben wir derzeit 15 Prozent unseres Fondsvermögens investiert.
e-fundresearch.com: Und Indien? Ursprünglich wollten Sie ja im Februar eine Investorenreise nach Indien unternehmen, die Sie nun auf China umgebucht haben?
Xavier Hovasse: Wir mögen Indien, aber aktuell investieren wir lieber in die anderen Emerging Markets, über die wir gesprochen haben. In der Vergangenheit lag unser Indien-Anteil bei rund 12 bis 16 Prozent, aber weil wir unsere Investitionen in anderen Ländern hochgefahren haben, hat Indien jetzt nur noch einen Portfolio-Anteil von 8 Prozent.
e-fundresearch.com: Wie sehen Sie derzeit Osteuropa?
Xavier Hovasse: Die osteuropäischen Länder – natürlich ohne Russland – eignen sich derzeit eher für Fixed-Income-Investitionen als für Aktien-Engagements.
In dem Atemzug wird auch häufig die Türkei genannt. Unserer Meinung nach ist die Türkei auf Grund der Politik von Präsident Erdogan aktuell uninvestierbar geworden.
e-fundresearch.com: Vielen Dank für das Gespräch, Herr Hovasse!