e-fundresearch.com: Wie bewerten Sie die aktuelle Lage am Immobilienmarkt? Ist Ihrer Einschätzung nach die Talsohle mittlerweile durchschritten – oder müssen sich Investoren weiterhin auf Gegenwind einstellen?
Peter Finkbeiner: Im ersten Quartal 2025 wurde so viel Kapital in Immobilien investiert wie seit drei Jahren nicht mehr. Es zeigt sich also, dass Verkäufer und Käufer wieder zueinanderfinden. Der Immobilienmarkt hat den Krisenmodus beendet. Auch wenn es verfrüht wäre, von einer generellen Erholung zu sprechen, ist aus dem Gegenwind zwischenzeitlich eher eine wechselhafte Brise geworden, die immer wieder aus unterschiedlichen Richtungen bläst.
Es gibt auf der einen Seite Faktoren, wie sinkende Zinsen und in Teilmärkten ein knappes Angebot, die sich positiv auf die Immobilieninvestments auswirken. Auf der anderen Seite wirkt das nach wie vor ökonomisch schwache Deutschland negativ auf den gewerblichen Immobilienbereich. Gleichzeitig begünstigen die derzeit vorherrschenden geopolitischen Disruptionen Investitionen in Europa. Investoren nehmen verstärkt Europa als sicheren Hafen wahr, wovon besonders deren bedeutendste Volkswirtschaft profitieren kann.
Besonders sichtbar wird die vorsichtige Markterholung in den Assetklassen Wohnen, Gesundheitsimmobilien und bei Betreiberimmobilien. Wohnimmobilien behaupten sich als stabiles Fundament vieler Portfolios, gestützt durch strukturelle Angebotsknappheit. Insbesondere weniger stark regulierte, serviceorientierte Apartmentkonzepte – etwa studentisches Wohnen oder Micro-Living – bieten attraktive Renditen und rücken zunehmend in den Fokus von Investoren. Gesundheitsimmobilien wiederum profitieren vom demografischen Wandel, der den Investitionsbedarf in soziale Infrastruktur rasant steigen lässt. So zeichnet sich allein bis 2040 ein zusätzlicher Bedarf von über 140.000 Pflegeplätzen in Deutschland ab. Diese Segmente verbinden stabile Cashflows und attraktive Renditeprofile mit gesellschaftlicher Relevanz – Eigenschaften, die besonders für langfristig orientierte Investoren attraktiv sind.
e-fundresearch.com: Wo sehen Sie derzeit die größten Herausforderungen für Marktteilnehmer? Welche Risiken gilt es aus Ihrer Sicht aktuell besonders im Blick zu behalten?
Peter Finkbeiner: Die entscheidende Herausforderung liegt aktuell in der richtigen Bewertung der Opportunitäten. Je nach Risikoprofil des investierenden Kapitals gibt es über alle Assetklassen hinweg Chancen, die richtig bepreist werden müssen. Konservativeres Kapital bewegt sich rund um das Thema Wohnen, nebst den entsprechenden Betreiberkonzepten, die sich wiederum auf zeitlich begrenztes Wohnen fokussieren. Hierbei ist dann besonders wichtig, entsprechendes Know-how aufzubauen, um nicht nur die Immobilie, sondern auch den Betrieb umfassend zu verstehen. Kapital, das sich stärker auf Opportunitäten mit Value-Add Charakter fokussiert, sollte auf einen Assetmanager (intern oder extern) zurückgreifen, der die gesamte Wertschöpfungskette fachkompetent begleiten kann.
Letztlich sollte bei allen Investments auch weiterhin die CO2-Bilanz analysiert werden und die Maßnahmen zu deren künftigen Reduktion Teil des Underwriting-Modells sein. Die ESG-Performance muss heute integraler Bestandteil jeder Investmententscheidung sein. So analysieren wir vor jedem Investment bei Praemia REIM systematisch CO2-Kosten, bewerten physische Klimarisiken und lassen Maßnahmen zur Emissionsminderung als betriebswirtschaftlich relevante Faktoren einfließen.
e-fundresearch.com: Worauf richtet sich bei Praemia REIM Germany derzeit der strategische Fokus? Gibt es bestimmte Segmente, Regionen oder Ansätze, die Sie aktuell für besonders vielversprechend halten?
Peter Finkbeiner: Eine glaubhafte und belastbare Investmentstrategie entsteht aus gesammelten Erfahrungen, fundierter Marktkenntnis und der Fähigkeit, Strategien auf dieser Basis kontinuierlich weiterzuentwickeln. Wir sind führend in Europa beim Thema Gesundheits-/Betreiberimmobilien und wollen die in den vergangenen Jahren gesammelten Erkenntnisse und Expertise entsprechend rund um das Thema Wohnen sowie Wohnen auf Zeit weiter ausbauen. Dazu gehören neben Gesundheitsimmobilien auch die Segmente Micro-Living/studentisches Wohnen sowie innerhalb unserer Unternehmensgruppe auch weiterhin Hotels.
e-fundresearch.com: Wie lautet Ihr Ausblick für die kommenden Quartale? Welche Entwicklungen erwarten Sie – und welche Voraussetzungen müssten erfüllt sein, damit der Markt in eine nachhaltige Erholungsphase eintreten kann?
Peter Finkbeiner: Wie wir an den Aktien- und Anleihemärkten sehen können, hat die Volatilität in den wichtigsten Assetklassen deutlich zugenommen. Die zunehmende Unsicherheit und die sinkenden Zinsen sind ein gutes Vorzeichen für die weitere Entwicklung der Immobilienmärkte. Eine kluge Selektion bleibt aber unverändert ein Muss.
Ein nachhaltiger Aufschwung am Immobilienmarkt setzt jedoch auch gezielte wirtschaftspolitische Impulse voraus: weniger regulatorische Komplexität, beschleunigte Planungs- und Genehmigungsverfahren sowie konsequente Investitionen in Infrastruktur und Digitalisierung. Wir sind überzeugt: Gerade in diesem Umfeld können erfahrene Assetmanager mit tiefem Marktzugang und operativer Exzellenz ihren Mehrwert besonders deutlich unter Beweis stellen.
Mit unserem klar fokussierten Sektoransatz und spezialisierten Teams, die operative Erfahrung bei Betreiberimmobilien mit fundierter lokaler Marktkenntnis verbinden, sind wir gut aufgestellt, um auch in einem herausfordernden Umfeld, tragfähige Investmentstrategien zu entwickeln und umzusetzen.
Über Peter Finkbeiner
Peter Finkbeiner ist seit September 2021 CEO der Praemia REIM Germany AG und Mitglied des Executive Committee der Praemia REIM. In dieser Rolle verantwortet er das gesamte Deutschlandgeschäft der paneuropäischen Immobilienplattform Praemia REIM.
Er blickt auf eine langjährige Erfahrung in der Immobilienbranche zurück. So verantwortete er unter anderem als Vorstandsvorsitzender der ISARIA Wohnbau AG deren erfolgreichen Verkauf an die Deutsche Wohnen SE im Jahr 2020. Bei der TLG Immobilien AG, deren Börsengang er im Jahr 2014 als Mitglied des Vorstands erfolgreich begleitete, war er von 2013 bis 2018 tätig. Zuvor verantwortete er für Lone Star Funds als Managing Director das Asset Management von Hudson Advisors in Europa.
Darüber hinaus war er mehrere Jahre im Bereich Credit and Corporate Finance tätig, unter anderem bei der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft KPMG, bei DZ Equity Partner auf der Eigenkapitalseite und bei der Deutschen Bank.
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