"Normalerweise hätte ein solch starker Anstieg zu einem Crash am Anleihenmarkt geführt, doch die Nullzinspolitik der Zentralbanken hat eine „Schadensbegrenzung“ auf 50 Basispunkte ermöglicht – was allerdings immer noch einen Verlust von fast 4% gegenüber den Höchstkursen von 10-jährigen Anleihen und von 14% gegenüber den Höchstkursen von 30-jährigen Anleihen bedeutet.
Es ist sehr wahrscheinlich, dass diese Entwicklung ihren Anfang nahm, als Positionen – in diesem Fall mit Gewinnmitnahmen – geschlossen wurden, die in Bezug zu Anlagestrategien im Zusammenhang mit dem Quantitative Easing standen. So haben beispielsweise amerikanische Anleger ihre Käufe von europäischen Anleihen und ihre Sicherungsgeschäfte gegen den Rückgang des Euro glattgestellt.
Ist der Markt zu selbstgefällig gewesen?
Es ist allerdings davon ausgehen, dass der aktuellen Entwicklung von gegenläufigen technischen Kräften im Zusammenhang mit den Käufen der EZB Einhalt geboten wird. Wir sollten nicht vergessen, dass die Liquiditätsüberschüsse, die heute bei 297 Milliarden Euro liegen, weiter steigen werden: Bei Anleihen mit kurzen Laufzeiten kann es also zu keinen großen Abweichungen kommen.
Volatilität als attraktive Assetklasse?
Europäische Aktien bleiben unsere bevorzugte Anlageklasse, jedoch werden wir auch die drei Faktoren, die den starken Anstieg in den letzten Monaten verursacht haben, genau im Auge behalten: den Rückgang des Euro, der Ölpreise und der Zinsen. Es bleibt festzuhalten, dass die jüngste Entwicklung diese drei Parameter auf den Kopf gestellt hat. Zumindest vorübergehend.
Daher ist den Aktien eine weitere Anlageklasse hinzuzufügen: die Volatilität. In Bezug auf die Renditen beobachten wir diesbezüglich einen starken Abschlag. So kann man beispielsweise eine Volatilität von 4% in Bezug auf 10-jährige Bundesanleihen kaufen. Am 29. April betrug die Volatilität etwa 16%, oder zumindest stellte sich die Situation für Nicht-Spezialisten so dar. Somit besteht die Möglichkeit, eine über dem Kaufpreis liegende Volatilität zu „realisieren“. Um diesen Strategietyp umzusetzen, müssen Futures und Optionen auf Futures eingesetzt werden. Hier handelt es sich jedoch um eine komplexe Angelegenheit, weshalb wir Anlegern raten, Fonds zu nutzen anstatt selbst tätig zu werden.
Zinsoptionen als "Opportunity of a life time"?
Wenn es überhaupt eine „Opportunity of a life time“ gibt, so besteht diese eher darin, den Kauf von Zinsoptionen in Betracht zu ziehen als Bundesanleihen auf dem aktuellen Niveau zu verkaufen."
Nicolas Chaput, CEO & Co-CIO und Laurent Denize, Co-CIO
Oddo Asset Management
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