Gröschls Mittwochskommentar: 21/2018

Der wöchentliche Blick auf die Märkte, (Geo-)Politik, Known Unknowns und andere wichtige Entwicklungen. Verfasst von e-fundresearch.com Gastautor Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH. Markets | 23.05.2018 12:33 Uhr
Florian Gröschl, Absolute Return Consulting GmbH / © ARC GmbH
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Seit Italien damit droht vielleicht einen neuen Regierungschef zu haben, fürchtet sich ganz Europa wieder einmal davor, dass uns der Stiefel mächtig in den Allerwertesten treten könnte. Problematisch dabei ist aber nicht, dass der Tritt mächtig ist, sondern der Mächtige tritt. Bevor wir uns über die multinationale Universitätskarriere von Herrn Conte unterhalten (oder auch nicht ;-)), kann es wohl nicht schaden ein paar Zahlen auf den Tisch zu legen, was das Land der Pizza-Bäcker und Mozzarella-Produzenten, von den weniger schönen Vorurteilen nicht zu reden, im europäischen Kontext tatsächlich kann.

Italien leistet den viertgrößten Anteil am EU BIP und hat die zweitgrößte Industrieproduktion nach Deutschland (Gross Value added Q4 2017). Leider wird allerdings - gleichauf mit UK - für 2018 das geringste BIP Wachstum prognostiziert. Dafür hat Italien die absolut höchsten Staatschulden in der EU noch vor Frankreich und Deutschland. Das „Ja aber“ Argument, dass ein Gutteil dieser Staatsschuld auf italienischen Privatdepots liegt, lass ich als Abschwächungskriterium  nur bedingt gelten. Zum einen, weil´s im Extremum nur teilweise stimmt und zum anderen, die italienische Bevölkerung wahrscheinlich auch kaum Freude hat, wenn ihre hart ersparten Euros plötzlich nur mehr Nichts bis Lira wert sind… Ganz weit vorne, nämlich auf Platz Eins innert der Eurozone findet sich Italien auch beim Anteil an Non Performing Loans (auch hier vor unseren französischen Freunden ;-)). Um das Fact-Dropping abzuschließen: Die im Herbst von Eurobarometer erhobenen Zustimmung zum Euro unter den ItalienerInnen liegt mit unter 60% auch an allerletzter Stelle, sogar noch hinter den Griechen. (alle Zahlen im vorigen Absatz sind von Eurostat und www.ft.com geborgt!)

Der aufmerksame Leser des letzten Absatzes wird also unumwunden zugeben können, dass das Potential für die hier immer mal wieder bemühten Imponderabilien (danke Ric :-)) durchaus gewaltig ist. Jetzt hat zwar Herr Conte gleich verlautbart, dass sich niemand vor irgendetwas fürchten muss, allerdings scheint sein Trackrecord, was die Wahrheit, die ganze Wahrheit und nichts als die Wahrheit anbetrifft, wenn man der NYU glauben darf, ein eher reduzierter zu sein. Ein Premier ohne politische Erfahrung, dessen Lebenslauf nicht ob der Führung, das sind wir seit Ruby ja ohnehin recht flexibel, sondern ob der angegebenen Stationen in Zweifel zu ziehen ist und der noch dazu aus einer kritischen Ecke kommt, gibt nicht dazu Anlass besonders viel zu erwarten. Auf der positiven Seite ist zu vermerken, dass italienische Regierungen nicht dazu tendieren allzu lange zu halten, sich das Problem also wahrscheinlich eher früher als später von selbst lösen dürfte. Hinzu kommt, dass Herr Berlusconi ob seines schon etwas fortgeschrittenen Alters sich wird auch beeilen müssen, wenn er nochmal – und you can trust me on that, das will er – Premier werden will.

All das geschrieben und - wie immer ;-) - das Positive suchend, ist also die schönste aller Welten mehr politisches Chaos in Italien. Wobei dann die weiter oben beschriebenen Probleme mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch nicht gelöst werden. Wissend, dass ich mich gedanklich ein Bisserl im Kreis dreh, sei eines doch nochmal festgestellt: Italien darf nicht Griechenland werden! Weil, sonst ist der Spaß ganz schnell vorbei. Den Plan B scheint es nämlich nach wie vor nicht zu geben. Sollte Italien aus dem Euro austreten und mithin seine über € 2.000 Millarden ausstehenden Schulden nicht mehr bedienen wollen, sich Deutschland und bis zu einem gewissen Grad Frankreich nicht bereit erklären, diese zu übernehmen, was innenpolitisch hüben wie drüben schwer durchzusetzen sein dürfte ;-), ist die Gemeinschaftswährung am Ende. Hoffentlich sagt das niemand den Italienern, weil sonst fällt denen noch ein, dass sie eigentlich mit uns machen können was sie wollen. Da bleibt nur noch zu hoffen, dass Conte so viel gelogen hat, dass er vor der Angelobung zurücktreten muss, es Neuwahlen gibt und Berlusconi dann Premier wird. Was war nochmal der Unterschied between a Rock and a hard place…..

Hierzulande geht´s wenigstens nur um die Einsparung von einer Milliarde in fünf Jahren (Peanuts!), aber erst nachdem vorher noch einmal alles ordentlich teurer geworden ist. Ich würde dringend empfehlen einen möglichst großen Energiekreis um alle regionalen Krankenkassen zu ziehen! :-)

Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH


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