Gröschls Mittwochskommentar: 08/2020

Der wöchentliche Blick auf die Märkte, (Geo-)Politik, Known Unknowns und andere wichtige Entwicklungen. Verfasst von e-fundresearch.com Gastautor Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH. Markets | 19.02.2020 14:35 Uhr
Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH / © interfoto
Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH / © interfoto
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"Planung ersetzt Zufall durch Irrtum. – Hab ich gestern zufällig bei einem Interview der Antilopen Gang im Radio gehört, dürften sie allerdings nicht erfunden haben, meint Google. :-) (Scheint A. Einstein gewesen zu sein.) Dass es sich dabei um ein universell gültiges Spruchweistum handelt, ist unbestritten, wobei sich natürlich mit abnehmenden Detailierungsgrad der Planung auch die Irrtumswahrscheinlich verringert bzw. die Treffsicherheit erhöht. Besonders spannend – aus Sicht der ex-Ante Margin of Error – ist natürlich eine Ergebnisplanung, wobei das likewise für Finanzerfolge wie Kommunikationsergebnisse gilt. 

Das musste zuletzt wohl auch der moderne Kaiser von China, Xi Jinping, leidvoll feststellen. Wobei man festhalten muss, dass die Planung der Strategie – und deren Umsetzung -  grundsätzlich so schlecht nicht gewesen sein wird, hätten wir sonst wohl eine ganz andere Ausbreitungsrate des Virus beobachtet. (Wenn wir davon ausgehen, dass wir tatsächlich schon Richtung Peak und mithin schon fast an der Schwelle zum Rückgang der Neuinfektionen sind.) Weniger gut hat er bzw. das Politbüro da schon die Detailplanung im Griff gehabt, was zu mehrfachem Zurückrudern, Dementieren, Umstellung der Zählungssystematik, Einschränkung der Kommunikation und zum Verschwinden von Funktionären geführt hat. Kann (soll man natürlich keinesfalls!) man alles machen in einer Diktatur, geht aber in anderen Ökosystemen natürlich nicht.

Ein weiteres Lehrbuchbeispiel, wie man´s in für uns gewohnten Umfeldern gar nicht machen sollte, war die Kommunikation zuletzt. Kam doch vor ein paar Tagen die Meldung, dass Präsident Xi schon zwei Wochen früher als ursprünglich angenommen vom Virus-Ausbruch gewusst hat. Die Intention der Geschichte war wohl zu zeigen, dass der große Führer eh alles schon sehr früh gewusst hat und dementsprechend total richtig reagiert hat. Raus gekommen ist, dass die chinesische Führung quasi wochenlang zugeschaut hat, bevor sie irgendwas unternommen hat. Wie auch immer die Wahrheit ausschaut, die ja ex-post sowieso eher unerheblich ist, geht’s bei jedweder Kommunikation immer nur darum, was beim Empfänger ankommt und nicht was der Sender gemeint haben könnte. Soweit das Wort zum Mittwoch! :-)

Höchst verwunderlich ist in diesem Zusammenhang auch, dass ein weiterer großer Kommunikator unserer Zeit, der US Präsident, noch nicht über seine eigenen (Kommunikations)Füße gestolpert und über irgendeine Klippe gestürzt ist. Weit ist es jetzt, wo er seine alten, verurteilten Freunde pardoniert wohl nicht mehr, bis er sich zum Commandante en Chefe von Gottesgnaden erhebt und sein Gesicht in die Black Hills einmeißeln lässt. Vorerst begnügt er sich noch damit, die Grundidee von Twitter zu konterkarieren, indem er anstatt sich kurz zu fassen, einfach Klartext schreibt und mehrere Tweets aneinander reiht… Vielleicht verkauft ihm ja Herr Bloomberg, sollte er es denn schaffen, die demokratischen Vorwahlen zu überstehen und dann noch einen ausreichend großen Teil der anderen Reichshälfte zu überzeugen, seinen Nachrichtendienst, da könnte er sich dann ausbreiten der Herr Trump. Zuhören wird ihm dann zwar hoffentlich keiner mehr, aber sei´s drum.

Die Gemengelage wird also nicht übersichtlicher, wobei wenigstens Herr Johnson da zumindest eine ganz eindeutige Linie zu verfolgen scheint, die ob ihrer Direktheit und scheinbaren Kompromisslosigkeit zumindest unter den EU Granden Kopfschütteln hervorruft. Wobei wir wieder bei der Kommunikation wären, weil gsagt hätt er´s ja, nur geglaubt hat´s anscheinend keiner. Was mich bei all diesen Entwicklungen wunder nimmt, ist, ob all diese autokratischen motivierten Einzelkämpfer hier vor lauter Macht-Geilheit in etwas hineingestolpert sind, oder tatsächlich glauben, dass eine entflochtene, ent-globalisierte bzw. ent-europäisierte Welt den eigenen Vorteil derart erhöht, um den dadurch entstehenden gesamthaft entstehenden Nachteil auszugleichen. Meinem historischen Verständnis nach hat Teilung immer zur Unzufriedenheit und letztendlich zu gegenseitigen Schädeleinschlagen geführt, also in letzter Konsequenz zur allgemeinen Nivellierung nach unten…. 

Apropos nach unten. Waren wir ja bisher sehr gut darin, sämtliche evidenten wirtschaftlichen Konsequenzen des Covid-19 Ausbruchs vollkommen zu ignorieren, hat gestern die Meldung von Apple, dass sie durchaus größerer Probleme in der Produktionskette sehen und das Auswirkungen auf die Ertragssituation haben wird, zumindest kurzfristig Sorgenfalten auf die Gesichter der (Aktien)Marktteilnehmer gebracht. Heute Früh lesen wir, dass durch das Grounding der Boeing 737-Max und die damit verbundenen Auswirkungen auf diverse vor- und nachgelagerte Industrien das US-BIP bis zu einem halben Prozentpunkt zurückgehen könnte. Unterdessen sind die zehnjährigen US Renditen auf rund 1,55 % gefallen, die Kurve bis in den zehnjährigen Bereich invers und Gold auf dem höchsten Stand seit 2013. Ich will ja nicht unken, aber mir scheint da ist was im Busch…

Abschließend könnte ich jetzt noch über die möglicherweise völlig unterschätze Geschwindigkeit des Klimawandels (schaut eigentlich manchmal jemand aus dem Fenster ;-)) schwadronieren, aber für einen Mittwoch war´s wohl genug... *lol*"

Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH

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