Davon ausgehend, dass die wenigstens die Debatte der beiden US-Präsidentschaftskandidaten heute Nacht live gesehen haben, darf ich mich da gleich in den Kreis der Kommentatoren aufnehmen und meinen Senf dazugeben, wobei das ja eine alte Tradition hat, insbesondere auch was die Literatur anbetrifft, sich über Inhalte zu äußern, die man nur aus zweiter Hand kennt. Ein Schelm, der hier denkt, dass die Finanzindustrie wohl eine der größten Informations-Recycling-Anlagen überhaupt ist. Aber wir/ich kommen schon im ersten Satz vom Thema ab. Greifen wir uns also ein paar Fragmente heraus und kommentieren diese.
Dass Trump kein – nein nicht nur kein aufrechter, sondern gar kein – Demokrat ist, dürfte ja bereits bis an den letzten Stammtisch im mittleren Westen vorgedrungen sein. Soweit also so beunruhigend aber doch bekannt. Deutlich verunsichert hat er aber gestern mit seine Aussagen zu den sogenannten White Suprimacists, also den dortigen Faschisten, stellvertretend für die er die Proud Boys angesprochen hat. (Die mögen sicher nicht nur die Gender-Equality-Aktivist*innen nicht. :-)) Hat er ihnen doch über den Äther zugerufen Stand down and Stand by, was frei übersetzt wohl so viel bedeutet wie Wartet ab und haltet Euch bereit. Geht´s nur mir so oder fühlen sich hier viele in den Münchner Hofbräukeller um 1920 versetzt? Geht’s eigentlich noch tiefer?
Die Hoffnung ist natürlich, dass hier Nachrichten in so einfacher Sprache transportiert werden – ganz so wie man´s jetzt auch im ORF einschalten kann – die zum einen auch von den nicht ganz so Schnellen verstanden und von denen, die´s verstehen nicht mehr ignoriert werden können. Der einzige Pferdefuß ist dabei leider der andere Kandidat Sleepy Joe Biden. Eigentlich unglaublich, dass sich in einer Nation mit über 300mn Staatsbürgern, die ja zweifelsohne auf vielen Gebieten Unvergleichbares zustande gebracht hat und bringt, sich das Kondensat der vermeintlichen Eliten auf diese beiden Kandidaten für das höchste Amt im Staat verständigt hat. Wenn das nicht der Beweis für ungefähr alle Theorien von russisch-chinesischer Intervention bis hin zu den Illuminaten ist, dann weiß ich auch nicht.
Will man also global, destabilisierende Tendenzen erkennen, tut man sich nicht wahnsinnig schwer dieser Tage. Wobei das Augenfälligste und zugleich das Beunruhigenste daran wohl der zunehmende Verzicht auf das Völkerrecht, internationale Verträge und mithin den seit dem letzten großen Krieg geltenden globalen Konsens ist, sich an vereinbartes Recht zu halten. Geht das verloren, bleibt mangels Durchsetzbarkeit multilateraler Verträge, die ja letztendlich alle auf Freiwilligkeit beruhen, nur mehr das Recht des Stärkeren. Erschwerend kommt aktuell hinzu, dass die Ur-Aufgabe der Diplomatie im Gespräch Verhandlungslösungen zu finden, durch die Seuche allenthalben konterkariert wird. Zoom Meetings sind zwar gut um Tagesordnungspunkte abzuarbeiten, aber darüber hinaus leider für recht wenig…
Wären wir jetzt überzeugte Verschwörungstheoretiker und würden ganz tief in uns drinnen nach einer Nation suchen, die den globalen Führungsanspruch stellt und vom Ausgang der 2016 Wahl bis hin zur Seuche mit allen wesentlichen Themen der jüngeren Vergangenheit assoziiert wird, landen wir notgedrungen irgendwann in China, oder? Allgemeine Aufregung, globale Verwirrung und ein gemeinsames, überregionales Problem kommen natürlich dem sehr gelegen, der die Kraft und die Vision hat, die Dinge in Ruhe neu zu ordnen, ohne, dass ihm dabei auf die Finger geschaut wird. Möglicherweise geht aber auch nur alles einfach so den Bach runter ohne, dass damit irgendwer einen größeren Plan verfolgt, who knows… :)
So oder so – und jetzt kommt sozusagen das Investmentrational (danke Horst :-)) – ist China in all seinen (Investment)Aspekten wohl nach wie vor einen genaueren Blick wert. Das insbesondere auch im Hinblick auf die Währung. Denn wer eine globale Handelswährung sein bzw werden will - und das gehört nun mal dazu zur ökonomischen Vorherrschaft – kann sich mittelfristig nicht durch revolvierende Abwertungen behelfen bzw. wird dies aus Vertrauensbildungsgründen auch nicht tun. Ähnliches gilt natürlich auch für den Bond- und den Aktienmarkt.
Rufen wir also mit dem Brustton der Überzeugung „Je suis Herr Karl“, springen auf den nächsten Zug und hoffen, dass es am Ende des Tunnels doch das Licht ist und nicht der Gegenverkehr….
Alles Liebe
Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH
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