e-fundresearch.com: Herr Patermann, viele haben damit gerechnet oder zumindest gehofft, dass wir 2021 wieder eine große Rückkehr zur Normalität erleben. Am Ende ist es aber doch anders gekommen. Wie herausfordernd war das vergangene Jahr aus Sicht des Fondsvertriebs und welche Meilensteine konnten Sie für das AllianzGI-Wholesale Geschäft in Ihrer Rolle als Head of Austria erreichen?
Was 2022 betrifft: Wir freuen uns sehr auf die persönlichen Gespräche mit unseren Kundinnen und Kunden, sobald dies wieder möglich ist!
Frank Patermann: Zunächst freuen wir uns, dass wir unser Team in Österreich im vergangenen Jahr erweitern konnten. Zum einen verstärkt uns mit Pavlina Solcova eine sehr erfahrene Sales-Managerin. Insbesondere wollen wir unsere Präsenz in den einzelnen Bundesländern und bei regionalen Instituten ausbauen. Ferner konnten wir Melina Mücke als neue Vertriebs-Mitarbeiterin im Wholesale Team Deutschland & Österreich gewinnen, die uns ebenfalls unterstützt. Im zweiten Jahr der Pandemie waren die digitalen Prozesse zur Vertriebsunterstützung und Kundeninformation schon recht gut eingespielt und wir konnten eine fehlende Präsenz vor Ort gut kompensieren. Alles in allem war 2021 daher ein sehr erfolgreiches Jahr für uns in Österreich. Besonders stolz sind wir, dass sich unsere nachhaltigen Anlagestrategien großer Beliebtheit in Österreich erfreuen. Was 2022 betrifft: Wir freuen uns sehr auf die persönlichen Gespräche mit unseren Kundinnen und Kunden, sobald dies wieder möglich ist!
e-fundresearch.com: Das Thema Inflation polarisiert aktuell mehr denn je: Während manche Marktbeobachter:innen meinen, dass die Inflationsentwicklung überschätzt wird und es sich lediglich um eine temporäre Überhitzung handelt, gehen andere Expert:innen davon aus, dass die Inflation gerade erst damit begonnen hat, an Fahrt zu gewinnen. Wie schätzen Sie sowie die Ökonom:innen Ihres Hauses die Inflationssituation zum gegenwärtigen Zeitpunkt für die Eurozone einerseits und die USA andererseits ein?
Der Lohndruck und das Risiko von Zweitrundeneffekten – quasi ein Teufelskreis aus steigender Inflation und steigenden Löhnen – ist in den USA höher als in Europa.
Frank Patermann: Ich würde gar nicht so stark zwischen den USA und Europa differenzieren. Der größte Unterschied ist vielleicht die Situation an den Arbeitsmärkten: In den USA ist der Arbeitsmarkt schon leergefegt und nahezu überhitzt – etwas, das wir in dieser Form in Europa noch nicht sehen. Hier müssen die Gewerkschaften die Lohnforderungen erst mal durchsetzen. Das heißt: Der Lohndruck und das Risiko von Zweitrundeneffekten – quasi ein Teufelskreis aus steigender Inflation und steigenden Löhnen – ist in den USA höher als in Europa.
Das grundsätzliche Bild ist aber durchaus ähnlich, so dass wir von einem globalen Inflations-Phänomen ausgehen. Unserer Ansicht nach wird die Teuerungsrate zwar nicht langfristig auf dem jetzigen sehr hohen Niveau bleiben, sie dürfte künftig jedoch durchaus strukturell etwas höher liegen, als wir dies in den Jahren vor der Pandemie gewöhnt waren. Hierfür gibt es vier Gründe: Erstens, die Zentralbanken haben die Volkswirtschaften mit Unmengen an Liquidität geflutet und werden ganz bewusst expansiver bleiben als es die Inflationszahlen verlangen. Zweitens, viele Länder wollen unabhängiger von internationalen Wertschöpfungsketten werden und verschiedenste Produkte wieder selbst produzieren, anstatt diese zu importieren. In gewissem Umfang sehen wir in diesem Zusammenhang einen Trend zur Deglobalisierung. Drittens haben wir in vielen Branchen einen Arbeitskräftemangel, was zu steigendem Lohndruck führt. Und viertens schließlich führt auch die Bekämpfung des Klimawandels und die Energiewende zu immensen Ausgaben, was letztendlich ein weiterer Treiber von Inflation sein dürfte.
e-fundresearch.com: Während die Federal Reserve bereits einen konkreteren „Quantitative Tightening“-Fahrplan vorgegeben hat, übt sich die EZB tendenziell in Zurückhaltung: Aus Sicht Ihres Hauses eine richtige Entscheidung?
Aus unserer Sicht zaudert die EZB zu lange...
Frank Patermann: Aus unserer Sicht zaudert die EZB zu lange. Es wird immer offensichtlicher, dass die Preisveränderungen vielleicht zum Teil - aber eben nicht nur - vorübergehender Natur sind. Eine etwas straffere Geldpolitik sehen wir durchaus als angemessen an.
e-fundresearch.com: Welche Investmentansätze beziehungsweise Konzepte halten Sie für das daraus resultierende Marktumfeld für besonders geeignet? Welche konkreten Lösungsansätze schlagen Sie Ihrer Kundschaft vor?
Insofern empfehlen wir auch weiterhin eine angemessene Aktienquote...
Frank Patermann: Womit Anleger aufgrund der Inflation mit Sicherheit einen Kaufkraftverlust erleiden, sind Bankeinlagen. Deren Verzinsung kann schlichtweg keine Kompensation für die Teuerung bieten. Insofern empfehlen wir auch weiterhin eine angemessene Aktienquote. Als Reale Werte haben diese sich in der Vergangenheit bei einer Inflation im Bereich von 2-4 % sehr gut behaupten können. Auf der Zinsseite erachten wir Einkommens-Strategien als interessant. Das können etwa kurzlaufende hochverzinsliche Anleihen sein. Im Idealfall wird eine Anleihe gekauft, ein attraktiver Zins/Kupon, der für die Inflation kompensiert, vereinnahmt und man erhält bei Fälligkeit die Rückzahlung. Das ganze aus Anlegersicht am einfachsten im Fondsmantel, wobei je nach Risikoneigung Mischfonds mit unterschiedlichen Rendite-/Risiko-Profilen in Frage kommen können.
e-fundresearch.com: Vielen Dank für das Gespräch & weiterhin viel Erfolg, Herr Patermann!
Kurzbiografie - Frank Patermann, Business Development Wholesale Germany, Head of Austria bei Allianz Global Investors
Ausbildung und dreijährige Tätigkeit als Wertpapier- und Finanzierungsberater bei einem regionalen Kreditinstitut. 20-jährige Betriebszugehörigkeit bei Allianz Global Investors - durchweg im Vertrieb. Zunächst verantwortlich für die Akquisition neuer Kooperationspartner im Segment Banken. Später Spezialisierung auf die Zusammenarbeit mit Asset Managern und Family Offices. Seit 2017 zusätzlich verantwortlich für die Entwicklung des Marktes Österreich für Allianz Global Investors. Seit 2021 repräsentiert Frank Patermann das Unternehmen als Head of Austria bei Wholesale- und institutionellen Kunden in Österreich. Zudem ist er in der Betreuung von Banken, Asset Managern und Family Offices in Deutschland tätig.