Börsenbarometer: Fallende Immobilienpreise und der größte Gewinn seit 115 Jahren

Pünktlich zum Start in das Wochenende kommentiert e-fundresearch.com Gastkolumnist & Kapitalmarktexperte Dr. Josef Obergantschnig wöchentlich das Börsengeschehen aus erfrischend neuen Blickwinkeln. Markets | 26.05.2023 16:00 Uhr
Dr. Josef Obergantschnig, Gründer, Obergantschnig Financial Strategies GmbH / © e-fundresearch.com / Obergantschnig Financial Strategies GmbH
Dr. Josef Obergantschnig, Gründer, Obergantschnig Financial Strategies GmbH / © e-fundresearch.com / Obergantschnig Financial Strategies GmbH

Wöchentlicher Börsenbarometer von Dr. Josef Obergantschnig: Fallende Immobilienpreise und der größte Gewinn seit 115 Jahren 

Das lange Wochenende steht vor der Tür. Nach einigen turbulenten Wochen freue ich mich schon sehr darauf, den einen oder anderen Espresso auf unserer Terrasse zu genießen. Unsere Wohnung haben wir 2015 gekauft. Gefühlt war es damals schon teuer, wenn man sich die Entwicklung der Immobilienpreise der letzten Jahre ansieht, war das wohl ein Trugschluss. Seit dem Vorjahr haben sich die Rahmenbedingungen aber doch deutlich verändert. Die Einführung der verschärften Kreditvergaberichtlinien – als Käufer benötigt man zumindest 20% Eigenkapital, die Kreditrate darf 40% des Haushaltseinkommen nicht übersteigen und die maximale Laufzeit beträgt 35 Jahre – hat zu einer deutlich geringeren Nachfrage geführt. Darüber hinaus belasten die steigenden Zinsen die Haushaltsbudgets der Kreditnehmer mit variablen Zinsen und verteuern zudem neue Finanzierungen. Das führt auch dazu, dass manch ein Immobilienbesitzer Kasse macht und den durch die stark steigenden Immobilienpreise erwirtschafteten Gewinn abschöpft. Dieses Umfeld hat dazu geführt, dass in Wien die Immobilienpreise laut dem Bloomberg City Tracker um 12,2% eingebrochen sind. Ein Quadratmeter kostet demnach gegenwärtig im Schnitt 7.084 Euro. Wien ist damit jene Metropole, die im europäischen Vergleich den größten Preisrückgang verzeichnet hat. Dahinter folgt Stockholm mit einem Preisrückgang von -6,4% bzw. Dublin mit -2,4%. Im Vergleich dazu kostet ein Quadratmeter in Berlin gegenwärtig 5.143 Euro. Im Jahr 2023 sind die Preise um 1,0% gesunken. Ich persönlich gehe davon aus, dass Immobilien auch künftig zumindest einen Inflationsschutz bieten. Wichtig ist und bleibt aber die Lage.

Apropos Lage – wie geht es eigentlich der größten Wirtschaft der Welt? In den USA wird die Wahrscheinlichkeit einer Rezession laut Angaben der New York Fed aktuell mit 68% beziffert. Das ist immerhin der höchste Wert seit 1983! Auch hier merkt man, dass der Zinsanstieg die Konsumenten, die immerhin rund zwei Drittel der US-Wirtschaft schultern, belasten. In den letzten Jahren sind sowohl die Investitionsschulden (z.B. Immobilienkäufe) aber auch Konsumschulden (z.B. Kreditraten) deutlich gestiegen. Zu einem nicht unerheblichen Teil sind diese variabel verzinst. Das bedeutet, dass steigende Zinsen direkt an den Kreditnehmer weitergereicht werden. Und das wiederum ist ein gefährlicher Giftcocktail für all jene, die im Rausche der Nullzinspolitik den Bogen doch etwas überspannt haben.

An den Aktienmärkten zeichnet sich eine kleine Sensation ab. In den letzten Jahren haben europäische Indizes im Vergleich zu ihren US-amerikanischen Pendants deutlich Federn lassen müssen. 2023 verkehrt sich das Bild. Sowohl der DJ Euro-Stoxx-50 als auch der deutsche DAX konnten den amerikanischen S&P 500 deutlich übertreffen. Ausgenommen davon bleibt aber die Technologiebörse Nasdaq, die nach den herben Verlusten im Vorjahr heuer ein kleines Revival erlebt.

In den letzten Jahren haben sich Video-Calls auch im Geschäftsbereich etabliert. Der Anbieter Zoom hat diese Woche die Analystenerwartungen deutlich übertroffen. Mittlerweile gibt es 215.900 Geschäftskunden – mit 3.580 Kunden hat das Unternehmen mehr als 100.000 US-Dollar verdient. In den ersten Monaten der Coronaphase hat sich der Aktienkurs binnen weniger Monate verachtfacht. Das war natürlich eine absolute Übertreibungsphase. Nicht einmal drei Jahre später hat sich der Kurs wieder auf dem Vor-Corona-Niveau eingependelt. Ich bin schon gespannt, wie die Entwicklung weitergehen wird.

Blenden wir nochmals zurück ins Jahr 2022. Damals erlebten Energie-Unternehmen ausgelöst durch den Russland-Ukraine Konflikt ein wahres Revival. Die Unternehmen Exxon Mobil, Shell, Chevron, Total Energies und BP erwirtschafteten gemeinsam einen Gewinn von mehr als 200 Milliarden US-Dollar. Knapp 30% davon entfallen allein auf den Branchenführer ExxonMobil. Spannend finde ich auch, dass Chevron 2022 den größten Gewinn in der 115jährigen Unternehmensgeschichte einfahren konnte. In den letzten 10 Jahren ist die Gewichtung des Energiesektors in einem globalen Aktienportfolio aber trotz der jüngsten Entwicklungen deutlich gesunken. Von der regulatorischen Seite her wird versucht, die Finanzströme in eine nachhaltige Richtung zu lenken. Und genau hier steht der Klimawandel im Fokus der Überlegungen. Eine CO2-neutrale Ausrichtung ist und bleibt das Ziel vieler Unternehmen und Staaten. Insofern gehe ich persönlich nicht von einem Trendwechsel aus. Nur mit einer koordinierten und vor allem möglichst globalen Vorgehensweise wird es möglich sein, den Klimawandel, eine der großen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts, abzufedern. 

Dr. Josef Obergantschnig, Gründer, Obergantschnig Financial Strategies GmbH & e-fundresearch.com Gastkolumnist

Dr. Josef Obergantschnig ist ein anerkannter Kapitalmarktexperte und ehemaliger Chief Investment Officer eines Asset-Managers. Mit seinem eigenen Unternehmen ist er mittlerweile im Consulting tätig und stellt darüber hinaus seinen jahrzehntelangen Erfahrungsschatz für diverse Weiterbildungsangebote zur Verfügung.

Berater: www.diebildungsstelle.at

Privatanleger: www.ecobono.com

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