Heute muss ich einmal ein bisserl Kritik an der österreichischen Volksseele üben. Wir sind ja grundsätzlich ein Land der Raunzer, Nörgler und Skeptiker, was im Prinzip auch so passt, weil das Glas ja eigentlich immer halbleer, das Wetter zu schlecht und die Zukunft eher problematisch ist und, weil früher ohnehin alles besser war. ;-) Damit kann man ganz gut leben und auch arbeiten, aber nur solange man nicht auffällig erfolgreich ist. Weil nämlich ab dann wartet das ganze Land darauf, dass man doch endlich scheitert. Nicht umsonst haben die Anglo-Amerikaner kein eigenes Wort für Schadenfreude, weil wir´s erfunden haben. :-)
Worum geht´s eigentlich? Na um den Herrn B und seine S. Holding. Hat er wirtschaftliche und finanzielle Risiken genommen? Natürlich! Hat er – ich hab hier natürlich null Insider Infos! – rechtliche Risiken genommen und das System ausgereizt? – Wahrscheinlich auch. Nur, bitte entstehen und geschaffen werden kann nur etwas unter Einsatz und Risiko. Was, und das gilt für die Märkte und Investitionen darauf gleichermaßen, aber oft scheinbar nicht verstanden wird, ist, dass Risiko (oder Volatilität) in den allermeisten Fällen symmetrisch ist, also die Höhe des möglichen Gewinns genauso hoch ist, wie die des Verlusts. Wo man, wenn man gschickt ist, eventuell ein bisserl drehen kann, ist an der Eintrittswahrscheinlichkeit. Bei uns heißt´s dann halt, dass man Glück g´habt hat oder eine Linke gedreht hat, wenn´s funktioniert…
Nun, eine gewisse Grundgeschicklichkeit kann man Herrn B. wohl keinesfalls absprechen und dabei auch eine recht hohe Konsistenz. Dass ihm die Marktgegebenheiten insbesondere am Immobilien- und am Zinsmarkt entgegengekommen sind, ist selbstredend, aber hey, hätt jeder auch machen können, oder? Jedenfalls haben jetzt alle eine Riesenfreude, dass es scheinbar schwierig wird, man könnt fast meinen, es rechtfertigt oft die eigene Bedeutungslosigkeit, weil am Ende gibt´s ja nix zu gewinnen. ;-) Auch da scheint aber der Grad an Sicherheit ein noch nicht allzu hoher zu sein, weil irgendwie haben wir´s ja doch mit Privateigentum zu tun, das weder systemrelevant ist noch irgendwelche erhöhten Publizitätspflichten hat. Also, schau mer mal, dann seh mer schon. Die Krönung der Frechheit, die hier öffentlich zu vernehmen war, war, dass es ja sehr wohl die Allgemeinheit schädigt, weil die Firma jetzt weniger Gewinne macht und die diesbezüglichen Steuereinahmen dem Fiskus entgehen. Geht´s noch?
So, hoffentlich stellt´s ihn jetzt nicht doch wirklich auf und irgendwelche ganz krummen Dinger kommen ans Licht. *lol* Auch zur fehlenden Systemrelevanz eine kleine Fußnote: Manche österreichischen Banken und Versicherungen, die durchaus als systemrelevant eingestuft werden, haben eine gewisse Historie überall dabei zu sein, wo´s wirklich weh tut und es könnte sich in extremo dann doch eine Vergemeinschaftung der Katastrophe ergeben. Das scheint aber diesmal recht unwahrscheinlich. Hoffentlich. ;-)
Ansonsten wird man, wie alle Jahre wieder, das Gefühl nicht los, dass es am 32. Dezember doch endgültig zu spät sein könnte und die Welt sich diesmal wirklich aufhört zu drehen. Nun obwohl die Chance diesmal bei den ganzen realen Katastrophen, also nicht solche, wo irgendwer ein bisserl Geld verliert, wohl etwas höher einzustufen ist als in den vergangenen Jahren, lehrt uns die Erfahrung, dass es auch ab dem 2. Jänner noch Kunden zu treffen, Reports zu schreiben und irgendwelche G´schäfter zu machen gibt. Sind wir also guten Mutes und schreiten wir hoch erhobenen Hauptes in die Zukunft, wissend, dass uns auch im Jahr 2024 die Arbeit nicht ausgehen wird, auch wenn die Profitabilität wohl vielerorts etwas rückläufig sein dürfte. Aber das ist eine andere Geschichte…
Alles Liebe!
Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH
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Florian Gröschls obiger Kommentar stellt eine Markteinschätzung aufgrund von selbstentwickelten Systemen und persönlichen Erfahrung dar. Keinesfalls ist obiger Kommentar eine Empfehlung oder Meinung der ARC und/oder Florian Gröschl, Positionen welcher Art auch immer einzugehen.