Ziemlich oarg wie das Jahr schon wieder anfängt, aber eigentlich noch ärger, wie wenig uns das alles inzwischen kümmert und das nicht nur bezogen auf die Märkte. Für die heranwachsende Generation – möge es bzw. es wird wohl nicht die letzte sein :-) – bedeutet das, dass sie schon in recht früher Jugend eine gewisse Resilienz und Härte entwickeln müssen, da die Angelegenheit auf allen Ebenen zunehmend darwinistisch zu werden droht. Wo sie allerdings, so sie gut ausgebildet, geschickt und well supportet sind, möglicherweise weniger Themen haben werden, ist der Arbeitsmarkt. Der dürfte demographie- und strukturbedingt eher eng bleiben.
Begreifen wir die - möglicherweise am Ende doch nicht so disruptive - Entwicklung und den Einsatz von KI gestützten Systemen als Chance vor allem dort Effizienz- und Produktivitätssteigerungen möglich zu machen, wo wir insbesondere in der entwickelten Welt ohnehin zu knapp aufgestellt sind, wär das doch ganz fein, oder? Vom Orwell´schen großen Bruder haben wir längst die Angst verloren, hat die Realität die Fiktion schon lange eingeholt. Aufpassen müssen wir jetzt nur, dass wir nicht in einer KI gesteuerten Huxley´schen schönen Welt enden und falls, doch eher lieber bei den Alpha-Pluserln als Epsilon-Minusen… ;-)
Aber genug der Ernsthaftigkeit! Kennt jemand die Serie The young Sheldon? Das Prequel zur Big Bang Theorie. Der junge Sheldon, ein ausgesprochen schlaues, aber nicht ganz unlästiges Kind ;-), hat in einer Folge, während der Messe in Diskussion mit dem Priester recht treffend herausgearbeitet, was wir, die wir uns mit den Märkten beschäftigen nach 15 Jahren freien Geldes scheinbar weitestgehend vergessen haben: den Unterschied zwischen Possibility und Probability, also zwischen Möglichkeit und Wahrscheinlichkeit. Sind wir, die wir schon ein bisserl älter sind, mit der simplifizierten Annahme aufgewachsen, dass auf den Märkten alles irgendwie normalverteilt ist (war/ist natürlich auch ein Blödsinn), scheint sich aktuell ein bisserl die Erwartung durchgesetzt zu haben, dass alle Möglichkeiten gleich wahrscheinlich bzw. gleich unwahrscheinlich sind.
Unter der Oberfläche der Mag7 (schwarz) und des chinesischen Aktienmarkts (rot) - wobei diesfalls Schwarz immer gut und Rot immer schlecht ist ;-) - fängt es zwar langsam an zu köcheln und zumindest teilweise werden unterschiedliche Risiken unterschiedlich bewertet, aber im Großen und Ganzen hoppeln wir ziemlich gleichgerichtet entweder in die eine oder in die andere Richtung. 2024 könnte das Jahr sein, indem sich das zwangsläufig ändern wird/muss. Vor diesem Hintergrund könnte sich auch Diversifikation wieder auszahlen, werden nämlich Risiken unterschiedlich – in mehr als zwei Kategorien ;-) - bewertet, kann das in der Portfoliokonstruktion durchaus einen Mehrwert, der über die Verwässerung der Erträge hinausgeht, bringen. Hab ich einmal gehört… ;-)
Bitte als alter Skeptiker und weil´s grad gut zur Möglichkeit und Wahrscheinlichkeit passt noch ein Wort zu Bitcoin. :-) Ob die wahrscheinliche tatsächliche Werthaltigkeit wirklich über die Möglichkeit hinausgeht, wird die Zukunft weisen bzw. mögen berufenere Köpfe beurteilen, was aber schon ganz spannend ist, ist die Entwicklung mit den ETFs. Wirkt das nicht ein bisserl eigenartig, wenn ich etwas, dass sich auf die Fahnen schreibt, dezentral, staatsungebunden, selbstorganisiert und letztendlich demokratisch sein zu wollen, dann in eine super regulierte Struktur gepresst wird und das Financial Establishment mit sehr engen Verbindungen zur (US) Regierung das dann managt?
Könnt natürlich sein, dass da nur ein gar nicht ganz dummer Plan umgesetzt wurde/wird, etwas für breite Teile des Marktes zu regulieren, was sich ex definitione einer Regulierung zu entziehen versucht. Zuerst schaff ich die ganzen windigen Handelsplattformen aus der Welt, die übrig bleiben mach ich den Investoren madig und dann geb ich den Investoren eine Lösung an die Hand, die sie kennen, der sie vertrauen, die transparent, depotfähig und gut zu besteuern ist und fang so einen großen Teil des Marktes ein. Natürlich steigt das Interesse der ETF Originatoren, die Vola ein bisserl raus zu nehmen, auch der durchschnittliche ETF Käufer wird am Ende dann froh sein, wenn er nicht so die Riesenschwankungen hat, etc… Die finale Frage, die sich stellt, ist halt: Hab ich lieber eine Währung, hinter der eine Volkswirtschaft steht und für die ich Zinsen bekomm, oder ein Asset, das sich über die letzten 3000+ Jahre als Krisenwährung bewährt hat oder eine Digitale-Koari Muschel, die mir ein Assetmanager schuldet? :-)
Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH
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Florian Gröschls obiger Kommentar stellt eine Markteinschätzung aufgrund von selbstentwickelten Systemen und persönlichen Erfahrung dar. Keinesfalls ist obiger Kommentar eine Empfehlung oder Meinung der ARC und/oder Florian Gröschl, Positionen welcher Art auch immer einzugehen.