Wöchentlicher Börsenbarometer von Dr. Josef Obergantschnig | Warren Buffetts Gespür und die Lehren aus dem turbulenten August
Der Monat August steht traditionell für Entspannung, Erholung und Urlaub. In Italien werden beispielsweise in vielen Unternehmen die Schotten dicht gemacht. Ferragosto, ein traditioneller Feiertag, wurde von Kaiser Augustus eingeführt. Die „Feriae Augusti“ oder „Ferien des Augustus“ werden bis heute am 15. August begangen – ein Tag, an dem der Kaiser seinen Arbeitern einen Feiertag und eine wohlverdiente Ruhepause gönnte, um das Ende der landwirtschaftlichen Saison zu feiern.
Auch an den Börsen hätten wir einen solchen Ruhetag bitter nötig. Doch der „ruhige“ August war bislang alles andere als das: Nach dem „Mini-Crash“ in der vergangenen Woche haben sich die Weltbörsen zwar erholt, doch die Unsicherheit bleibt bestehen. Investoren blicken mit Argusaugen auf die USA, nach wie vor die größte Volkswirtschaft der Welt. Die Sorge wächst, dass der bisherige Motor der schwächelnden Weltwirtschaft ins Stottern geraten könnte. Ausschlaggebend hierfür waren schwache Arbeitsmarktzahlen. In Kombination mit der sportlich anmutenden fundamentalen Bewertung mancher Unternehmen, gerieten vor allem Tech-Firmen verstärkt unter Druck.
Die Investorenlegende Warren Buffett hat auch 2024 wieder einmal seinen guten Riecher bewiesen und seine Cash-Reserven im zweiten Quartal auf den Rekordwert von 277 Milliarden Euro aufgestockt. Darüber hinaus hat der Altmeister im letzten Quartal Apple-Aktien im Wert von 69 Milliarden Euro abgestoßen. Doch das Vertrauen in Apple scheint er nach wie vor nicht verloren zu haben – selbst nach diesem Verkauf bleibt Apple die größte Position im Buffett-Portfolio.
Als Börsianer habe ich gelernt, dass es an den Weltbörsen schnell hin und her gehen kann. Vor allem Übertreibungen nach unten verlaufen in der Regel rasend schnell. Spannend ist aber auch, wie rasch sich die Lage wieder ändern kann. Bereits wenige Tage nach dem scheinbaren „Weltuntergang“ – am 5. August hat der japanische Nikkei-225 immerhin mehr als 12 % verloren – ist die Stimmung schon wieder deutlich entspannter. Einige Investoren haben den Abverkauf genutzt, um ihre Positionen wieder aufzustocken.
Positiv stimmt mich, dass US-Wahljahre historisch betrachtet oft gute Börsenjahre waren. Darüber hinaus stehen die großen Notenbanken der Welt vor wichtigen Entscheidungen: Wie werden die amerikanische Fed und die europäische EZB ihre Strategien gestalten? Wird EZB-Präsidentin Christine Lagarde weitere Zinssenkungen verkünden? Oder wird Fed-Präsident Jerome Powell einen Zinssenkungszyklus einleiten, um die Rezessionsgefahr zu mildern? Für Spannung in den nächsten Wochen und Monaten ist also definitiv gesorgt.
Für mich persönlich waren die letzten Wochen wieder einmal sehr lehrreich. Ich bezweifle, dass man mit Market-Timing langfristig wirklich viel Geld verdienen kann. Erfolgreiche Investoren haben eine klare Strategie und ziehen diese in allen Marktphasen konsequent durch. Wenn mein Anlagehorizont weit in die Zukunft reicht, wird der „Schwarze Montag 2024“ am Ende des Tages vermutlich nur eine Randnotiz sein. Inmitten dieses ganzen Tohuwabohus werde ich den Ferragosto traditionell mit dem einen oder anderen Espresso feiern.
Dr. Josef Obergantschnig, Gründer, Obergantschnig Management GmbH & e-fundresearch.com Gastkolumnist
Dr. Josef Obergantschnig ist ein anerkannter Kapitalmarktexperte, Unternehmer, Autor und ehemaliger Chief Investment Officer eines Asset-Managers. Mit seinem eigenen Unternehmen berät er Kapitalanlagen, Versicherungen und andere institutionelle Investoren und will darüber hinaus auch seinen jahrzehntelangen Erfahrungsschatz an Finanzexperten, Privatpersonen und vor allem auch an junge Menschen unterhaltsam weitergeben.
Infos zum aktuellen Buch: https://www.vonnullaufreich.com
Keynote Speaker: www.josefobergantschnig.at
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