In diesen stressigen Zeiten steigt auch mein Espresso-Konsum. Das ist schon einmal eine gute Vorbereitung für den anstehenden Urlaub. Zwischen globalen Handelsströmen, Tech-Rekorden, Zukunftsprognosen und letzten To-dos vor den Ferien fühle ich mich im Hamsterrad gefangen. Und die Uhr tickt und tickt und tickt! Insofern war der Wien-Trip am Dienstag eine willkommene Atempause – fast leere Innenstadt, Feragosto-Atmosphäre und ein Espresso bei meinem Lieblingsitaliener. An den Märkten dagegen: Hochbetrieb und neue All-Time-Highs.
China liefert – aber immer strategischer
Donald Trump ist seit Jahresbeginn wieder im Weißen Haus – und mit ihm die Rückkehr der Zollpolitik als politische Waffe. Die USA, seit mehr als 150 Jahren die größte Volkswirtschaft, und China, der unermüdliche Exportweltmeister, liefern sich einen Kampf der Giganten. Im ersten Halbjahr 2025 sanken die chinesischen Exporte in die USA um 10,7% auf 216 Mrd. USD. Gleichzeitig legte Afrika um 21,4% auf 103 Mrd. USD zu – zwar deutlich kleiner im Volumen, aber beeindruckend in der Dynamik. ASEAN bleibt mit über 320 Mrd. USD wichtigster Partner, gefolgt von der EU. Hinter den Kulissen werden Handelsrouten neu gezeichnet – Vietnam, Mexiko oder Malaysia werden zu Drehscheiben, über die Waren umgelenkt werden. China reagiert auf Druck nicht mit Rückzug, sondern mit geschickter Umlenkung. Zum Vergleich: Chinas BIP ist heute rund fünfmal so groß wie das Indiens – in den 1990ern lag China noch auf der wirtschaftlichen Entwicklungsstufe, auf der Indien im Jahr 2025 steht.
Donalds zweite Front
Während die Zollfront in Richtung Peking verläuft, tobt im eigenen Land eine zweite Schlacht – diesmal zwischen Präsident Trump und Fed-Chef Jerome Powell. Was einst eine holprige Beziehung war, ist inzwischen wohl kaum mehr zu kitten. Trump drohte Powell sogar mit einer „großen Klage“, angeblich wegen explodierender Renovierungskosten am Fed-Gebäude. Powell konterte, Trump habe schlicht falsch gerechnet – er habe Kosten aus einem anderen Bauprojekt mit eingerechnet. Doch das eigentliche Streitfeld ist die Zinspolitik: Trump will schnelle Senkungen, Powell hält dagegen. Die Wortwahl des Präsidenten reicht von „Schwachkopf“ bis „Verlierer“. Powell will trotzdem bis Mai 2026 im Amt bleiben. Schon bringen sich mögliche Nachfolger in Stellung, die offen niedrigere Zinsen befürworten. Das Drama um Amerikas Geldpolitik geht also in die nächste Staffel – diesmal mit Donald im Rechen- und Ärmelschoner-Modus.
Nvidia – der neue Maßstab
Während Politiker streiten, liefert die Tech-Welt Schlagzeilen im Rekordtempo. Nvidia hat sich nicht nur an die Spitze der Chipbranche katapultiert – das Unternehmen führt auch das Rennen um die wertvollste Firma der Welt inzwischen mit mehr als 500 Mrd. USD Vorsprung vor Microsoft an. Zum Vergleich: Das entspricht dem gesamten Börsenwert von Netflix oder Mastercard, immerhin Platz 18 und 19 der wertvollsten Unternehmen weltweit. 130,5 Mrd. USD Umsatz, 56% Nettomarge, eine Verfünfzehnfachung des Kurses in den letzten fünf Jahren – Nvidia ist die neue Benchmark und Ausnahmeerscheinung zugleich.
Arbeitsmarkt der Zukunft – und meiner Familie
Der „Future of Jobs“-Report des WEF hat mich persönlich gepackt – nicht zuletzt, weil meine Kinder im Teenager-Alter vermutlich bald ihre ersten ernsthaften Berufsentscheidungen treffen. Bis 2030 werden vor allem Berufe rund um KI, Datenanalyse und Automatisierung wachsen – Big Data Specialists um satte 110%. Gleichzeitig verschwinden klassische Büro- und Verwaltungstätigkeiten, diesmal vor allem bei White-Collar-Jobs wie Juristen, Bankangestellten oder Verwaltungsmitarbeitern. Interessant: In einer Umfrage unter 12- bis 15-Jährigen will fast ein Drittel der Buben Wissenschaftler oder Ingenieur werden, während bei den Mädchen Kunst und Medizin hoch im Kurs stehen. Zwischen Traumjob und Arbeitsmarktprognose liegt oft eine große Lücke – spannend, wie sie sich schließen lässt.
Feragosto-Flow und Börsen-Euphorie
Während Wien diese Woche den Sommermodus genoss, liefen die Märkte heiß. Rekorde in Serie, Anleger im Sonnenschein-Modus. Für mich der perfekte Moment, um einen Gang runterzuschalten. Wie heißt es so schön: Man soll gehen, wenn es am schönsten ist. Also Laptop zu, Espresso in der Hand – und ab in den Urlaub, um die Akkus aufzuladen.
Ob Zölle, Zentralbankdramen, Tech-Giganten oder Zukunftsberufe – die Welt dreht sich weiter, auch wenn wir einmal Pause machen. Die spannende Frage ist: Mit welchen Perspektiven kehren wir im September zurück – und welche Weichen stellen wir bis dahin im Kopf?
Dr. Josef Obergantschnig, Gründer, Obergantschnig Management GmbH & e-fundresearch.com Gastkolumnist
Dr. Josef Obergantschnig ist anerkannter Kapitalmarktexperte, Unternehmer, Autor und ehemaliger Chief Investment Officer eines Asset Managers. In der Führungsebene der NIXDORF Kapital Unternehmensgruppe hat er seine Expertise in den Bereichen Strategie, Finanzen und Nachhaltigkeit eingebracht, um das Thema Impact-Investing weiter voranzutreiben.
Ein besonderes Anliegen war es ihm, seinen jahrzehntelangen Erfahrungsschatz nicht nur an Finanzexperten und Privatpersonen, sondern vor allem auch an junge Menschen auf unterhaltsame Weise weiterzugeben.
Keynote Speaker: www.josefobergantschnig.at
Weitere Informationen unter: www.ecobono.com / www.obergantschnig.at
Weitere beliebte Meldungen: