Diese Woche habe ich mit Bankern, Versicherern und Unternehmern über Investmentstrategien gesprochen, die weit über das nächste monatliche Factsheet oder den kommenden Quartalsbericht hinausreichen. Im Mittelpunkt meiner Keynote standen die Erfolgsrezepte amerikanischer Universitäten, der norwegische Staatsfonds und die erprobten Modelle von Millionären. Allen gemeinsam ist: Sie denken in Jahren und Jahrzehnten. Kurzfristige Schwankungen sind für sie nur Randnotizen. Gut Ding braucht bekanntlich Weile.
Dieses „Weile“ tauchte auch in den Schlagzeilen auf. Cristiano Ronaldo wurde als erster Fußball-Milliardär gefeiert. Für viele klingt das nach einem Märchen. Tatsächlich ist es das Ergebnis aus jahrzehntelangen Gehältern, Sponsorenverträgen und einem letzten großen Deal am Ende seiner Karriere. Kein plötzlicher Jackpot, sondern Zinseszins im Sportlerdress. Faszinierend ist, wie lange sich Ronaldo im Profigeschäft hält. Er ordnet alles seiner Strategie unter, als bester Fußballer aller Zeiten in Erinnerung zu bleiben. Ein schönes Beispiel dafür, dass große Zahlen und Erfolge selten über Nacht entstehen. Selbst er brauchte wohl mehr als drei Karrieren eines Durchschnittsprofis, um in den exklusiven Kreis des Milliardärsindex aufgenommen zu werden.
Kommen wir zu einem weiteren Highflyer dieser Woche. Gold hat erstmals die Marke von 4.000 Dollar pro Unze geknackt. In US-Dollar ein historischer Rekord, in Euro wirkt die Kurve schon deutlich gedämpfter. Derselbe Barren, zwei Geschichten – je nachdem, welche Währungsbrille man aufsetzt. Für uns als Euro-Investoren zählt am Ende des Tages die Euro-Performance. Parallel stapeln die Zentralbanken ihre Reserven weiter auf. Riesige Devisenberge, ergänzt durch Gold. Kein tägliches Spektakel, sondern ein Marathon im Hintergrund. Und auch Österreich erzählt seine Langfristgeschichte: Der Staatsschuldenstand könnte in den kommenden Jahren über 90 Prozent der Wirtschaftsleistung erreichen. Solche Höhen hat man zuletzt in den 1890er-Jahren gesehen. Schulden sind wie Efeu am Haus. Man sieht das Wachstum nicht jeden Tag, aber irgendwann ist die ganze Mauer grün.
Dazu passt der neue globale Immobilienreport „UBS Global Real Estate Bubble Index“. Beim morgendlichen Espresso habe ich mir die Charts angesehen und drei Beobachtungen mitgenommen. Erstens normalisieren sich die Bewertungen in einigen Städten, allerdings nicht gleichzeitig und auch nicht überall. Zweitens bleibt die Miete vielerorts das größte Sorgenkind, weil sie schneller steigt als die Einkommen. Drittens gibt es weniger die eine große Blase, sondern viele kleine Inseln, die jeweils nach ihren eigenen Regeln ticken.
Werfen wir noch einen Blick nach Großbritannien. Wer dort als durchschnittlicher Arbeitnehmer den Sprung ins oberste Vermögenszehntel schaffen möchte, müsste heute 52 Jahresgehälter zur Seite legen. Vor rund fünfzehn Jahren waren es noch 38. Damit reicht ein ganzes Berufsleben schon nicht mehr aus, um diese Hürde zu erklimmen. Nicht einmal dann, wenn jemand in dieser Zeit keinen einzigen Euro – oder besser gesagt Pfund – ausgibt. Die Leiter ist dieselbe geblieben, nur die Sprossen stehen weiter auseinander. Wenn die Arbeit allein nicht mehr reicht, rückt der Kapitalmarkt automatisch in den Vordergrund. Dort entscheidet sich, wer Chancen nutzt und wer außen vor bleibt.
Spannend war auch eine Frage einer Studentin: „Wie geht man mit All-Time-Highs um?“ Eine Frage, die viele beschäftigt – gerade in Zeiten, in denen ein Rekord den nächsten jagt. Für mich passt dazu ein altes Sprichwort: An der Börse ist es schwierig einzusteigen. Noch schwieriger ist es, wieder auszusteigen. Erfolgreiche Investoren wie der norwegische Staatsfonds sehen in All-Time-Highs keinen Gipfel, sondern eine Zwischenstation. Und auch eine Krise betrachten sie nicht als Weltuntergang, sondern als Etappenschritt.
Was wäre wohl aus Cristiano Ronaldo geworden ohne die unzähligen Kinder- und Jugendjahre, in denen er voller Leidenschaft, Ausdauer und Euphorie mit Freunden dem Ball nachjagte? Diese Stunden haben die Basis gelegt für die Skills, die ihn heute auszeichnen. Unvorstellbar, ihn sich ohne diese Zeit vorzustellen. Genauso ist es mit Vermögen: Es entsteht nicht über Nacht, sondern über Durchhaltevermögen und Ausdauer. Das gilt nicht nur in Großbritannien, sondern auch hier bei uns in Österreich und Deutschland.
Dr. Josef Obergantschnig, Gründer, Obergantschnig Management GmbH & e-fundresearch.com Gastkolumnist
Dr. Josef Obergantschnig ist anerkannter Kapitalmarktexperte, Unternehmer, Autor und ehemaliger Chief Investment Officer eines Asset Managers. In der Führungsebene der NIXDORF Kapital Unternehmensgruppe hat er seine Expertise in den Bereichen Strategie, Finanzen und Nachhaltigkeit eingebracht, um das Thema Impact-Investing weiter voranzutreiben.
Ein besonderes Anliegen war es ihm, seinen jahrzehntelangen Erfahrungsschatz nicht nur an Finanzexperten und Privatpersonen, sondern vor allem auch an junge Menschen auf unterhaltsame Weise weiterzugeben.
Keynote Speaker: www.josefobergantschnig.at
Weitere Informationen unter: www.ecobono.com / www.obergantschnig.at
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