Weltpolitik und Weltwirtschaft sind konfrontativ geworden. Anleger verunsichert das, und ihre Stimmung schwankt stark. Bis auf die Kursausschläge sind die Markterträge recht normal. Wie immer sich der Handelskrieg entwickelt – er ist weniger schlimm als die Rhetorik. Aktien liegen seit Jahresbeginn im Plus, bisweilen deutlich. Trotz mancher Panikmache kann man mit Staatsanleihen weiterhin verdienen. Mischportfolios halten sich ordentlich. Bleiben Sie ruhig, und nehmen Sie die Turbulenzen nicht so ernst.
Kämpfen, kämpfen, kämpfen
Trump will Amerika wieder „groß“ machen. Er kämpft gegen alle, die das seiner Meinung nach verhindern wollen, von ausländischen Regierungen und Institutionen bis hin zu Einwanderern und allen, die für eine linksliberale Innenpolitik stehen. Für die Märkte ist die Außenhandelspolitik am wichtigsten – Trumps Versuch, das Welthandelssystem zugunsten Amerikas zu verändern. Mittlerweile kennen wir seinen unorthodoxen, unberechenbaren Stil und wissen, dass der Marktstimmung und Kurse kräftig schwanken lässt. Kurzfristig wird die US-Administration weiter versuchen, den Außenhandel zu ihren Gunsten zu beeinflussen. Sie wird sich für einen Budgetentwurf stark machen, der das Haushaltsdefizit steigen lässt. Forschung zu sozialer Gleichheit, Gesundheit und Klimaschutz soll nicht mehr finanziert werden, wenn sie nicht zu Trumps MAGA-Politik passt. Es liegt auf der Hand, dass sich die USA damit leicht ins eigene Fleisch schneiden könnten.
Widerstand!
Trumps Politik stößt aber auf Widerstand – an den Märkten, vor Gericht, bei amerikanischen Unternehmen, im Showbusiness und im Ausland. Der Präsident behauptet, milliardenschwere Auslandsinvestitionen eingeworben zu haben. Doch auf eine bedeutende Handelsvereinbarung wartet man noch immer vergebens, trotz allen Kokettierens mit der Wiedereinführung seiner „reziproken“ Zölle. Tatsächlich hat der Präsident aber zum Rückzug geblasen. Weder China noch der EU droht er jetzt noch massive Zölle an, auch wenn sich die USA noch keinen bevorzugten Marktzugang oder hohe Auslandsinvestitionen in der Industrie gesichert haben. Am Ende wird Trump wahrscheinlich behaupten, einen guten Deal abgeschlossen zu haben. Das könnte durchaus zur Beruhigung beitragen und den Märkten helfen. Aber das Risiko einer ergebnislosen Konfrontation ist noch nicht passé.
Stimmung
Wenn Trump zurückgerudert ist, legten die Märkte meist zu. So war es kurzzeitig auch diese Woche. Ein Gericht hatte entschieden, dass die Regierung mit der Einführung von Zöllen ihre Notstandsbefugnisse überschritten habe. Als das Berufungsgericht diese Entscheidung aussetzte, fielen die Kurse wieder. Ich habe keinen Zweifel daran, dass sich dieses Muster wiederholen wird, aber klarer wird dadurch nicht viel. Woran wird man sehen, ob Amerika wieder „groß“ ist? Es ist nicht ernsthaft zu erwarten, dass sich Trump mit weniger als 10% Zoll für alle zufriedengibt, ergänzt um ausgewählte Sektorabgaben und Maßnahmen gegen China. Die Administration dürfte bei ihrem konfrontativen Ansatz bleiben, zumindest bis zu den Zwischenwahlen 2026. Entsprechend stark dürfte die Anlegerstimmung schwanken, mit richtungslosen Märkten.
Inländer oder Ausländer?
Vermutlich werden in- und ausländische Investoren die USA unterschiedlich einschätzen. Typisch für Trump ist seine Frontstellung gegen den Rest der Welt. So sieht das Haushaltsgesetz diverse Zusatzsteuern auf Einkommen aus Ländern vor, die die USA aus Sicht der Administration unfair besteuern oder anderweitig diskriminieren. Diese Konfrontation hat natürlich Auswirkungen auf Anlagen in den USA, die weltweit immer kritischer gesehen werden. Hinzu kommen Zweifel an der US-Wirtschaft, an ihrem künftigen Wachstum, den Unternehmensgewinnen, Inflation, Zinsen und dem Dollar. Alles in allem dürfte das Investoren dazu bewegen, mehr im eigenen Land anzulegen. Handelsgewichtet hat der US-Dollar gegenüber anderen wichtigen Währungen seit Jahresbeginn schon über 9% verloren. Die Aktienmärkte von Ländern mit hohen Ersparnissen – von denen ein Teil den amerikanischen Kreditbedarf deckt – haben die US-Märkte zuletzt hinter sich gelassen.
Am Ende zählen die Fundamentaldaten
Schon oft habe ich geschrieben, dass ein völliger Rückzug ausländischer Investoren aus dem Dollar unwahrscheinlich ist. Eine große Dollarabwertung würde Weltmärkte und Weltwirtschaft enorm destabilisieren. Außerdem spricht noch immer viel für Anlagen in den USA, zumal die US-Politik wohl irgendwann wieder orthodoxer wird. Dennoch könnte es zu kleinen Portfolioverschiebungen kommen; Anlageausschüsse weltweit erwägen Umschichtungen oder nehmen sie bereits vor. Neben der erratischen Politik und den Stimmungsänderungen der Anleger spielen dabei aber auch der Fundamentalausblick und die Risiken eine Rolle. Wenn ein hausgemachter Konjunkturschock Realität wird, dürfte man mit Aktien aber weniger verdienen als in den letzten Jahren.
Dann kann der Welthandel nachlassen, vor allem die Importe der USA. Das hat wiederum Auswirkungen auf die Weltwirtschaft insgesamt – durch Unsicherheit, Lieferkettenstörungen, höhere Importpreise und entsprechend niedrigere Realeinkommen. Das Ausmaß ist aber unklar. Insgesamt halten sich bei einem Konjunkturschock Anleihen besser als Aktien. Allerdings drohen Anleiheninvestoren eine höhere Inflation und fiskalpolitische Risiken. Und wenn Sie nicht in den USA leben, könnten eine weitere Dollarschwäche und andere Risiken für die Cashflows amerikanischer Wertpapiere hinzukommen – jedenfalls dann, wenn sich die Lage weiter aufheizt.
Keine Trends
Die Märkte finden kaum eine Richtung, zumal Anleger ihre Portfolios nicht wirklich stark umschichten. Mit US-Aktien hat man seit Jahresbeginn bislang weder gewonnen noch verloren, wobei der S&P und der NASDAQ Index vor Small Caps lagen. Im letzten Monat waren die Erträge zwar ordentlich, aber die Märkte notieren noch immer deutlich unter den Februarhochs. Weltweit liegen die US-Märkte hinter anderen Ländern zurück. Sie sind ähnlich stark wie Aktien aus Großchina, aber deutlich schwächer als europäische Titel. Wenn die Drohungen eines Handelskrieges anhalten und neue Restriktionen vor allem dem Handel zwischen den USA und China schaden, ist kaum mit einer erneuten Umkehr der relativen Marktentwicklung zu rechnen.
Natürlich könnte Europa, wie letzte Woche angedroht, noch immer sehr unter der Trump’schen Politik leiden. Die Konjunktur ist noch schwach, auch wenn die EZB die Zinsen weiter senken kann. Noch sind die deutschen Ausgabenprogramm nicht umgesetzt, aber wenn es so weit ist, dürfte das Wachstum zulegen. Europäische Aktien sind auch noch immer sehr viel günstiger bewertet als amerikanische. Für beide Regionen wird nächstes Jahr ein niedrigeres Gewinnwachstum erwartet, aber die Revisionen haben nachgelassen. Und dann sind da noch die Technologieaktien: NVIDA berichtete über 44 Milliarden US-Dollar Umsatz im 1. Quartal, deutlich mehr als von den Analysten erwartet. Künstliche Intelligenz bleibt ein großes Thema; bei internationalen Aktien kommt man kaum daran vorbei. Europäische Titel verzeichneten dieses Jahr bislang beeindruckende und ungewöhnlich hohe Mehrerträge gegenüber amerikanischen. Doch so sehr man Europa schätzt und so sehr man die derzeitige US-Administration ablehnt – man muss schon sehr optimistisch sein, um weiterhin mit solchen Mehrerträgen rechnen zu können.
Politiker, nicht CEOs
Für Unsicherheit sorgen nicht die amerikanischen CEOs, sondern die amerikanischen Politiker. US-Aktien sind teuer, aber die Unternehmensgewinne sind hoch. Noch wird für dieses und nächstes Jahr ein zweistelliges Wachstum erwartet. US-Aktien profitieren von den Anlagen amerikanischer Investoren, deren Stimmung besser zu sein scheint (wohl auch, weil manche von ihnen MAGA durchaus etwas abgewinnen können). Eine Rezession blieb bislang aus, viele Geldmarktbestände warten darauf, angelegt zu werden, und die Technologie macht schnelle und große Fortschritte. Bei Aktien ist die amerikanische Sonderstellung noch nicht endgültig vorbei. Ausländische Investoren legen Wert auf Ausgewogenheit und Diversifikation. Aufgrund der Bewertungen und anderer Makrorisiken mögen sie jetzt weniger in den USA investieren, aber vollständig meiden werden sie sie nicht.
Richtungslose Anleihen
Mit internationalen Anleihen hat man meist verdient. Der Couponertrag des amerikanischen Aggregate-Index betrug zuletzt etwa 1,5%, bei 2,24% Gesamtertrag seit Jahresbeginn. Auch in Europa dominierten die Coupons (mit 0,9% bei 1,0% Gesamtertrag). Trotz aller Inflationssorgen und Zweifel an den Staatsfinanzen sind die Benchmarkrenditen nicht extrem gestiegen. Allerdings sind die Zinsstrukturkurven in den USA, Großbritannien und Japan steiler geworden; aufgrund steigender Staatsausgaben rechnet man mit mehr Emissionen von Langläufern. Die Sorgen sind aber meist übertrieben. Die staatlichen Schuldenverwaltungen wissen, dass sie mehr Kurzläufer begeben müssen. Als die amerikanischen 30-Jahres-Renditen kurz nach der Herabstufung des Länderratings durch Moody’s auf 5% stiegen, war das wohl eine gute Kaufgelegenheit. Aber das ist ein anderes Thema.
Das größte Risiko für amerikanische Staatsanleihen ist, dass neue Titel höhere Coupons bieten müssen, um trotz des steigenden Defizits Käufer zu finden. Dadurch steigen die Marktrenditen, die Kurse von Altanleihen fallen, und Anleihenportfolios verlieren an Wert. Ausländische US-Staatsanleiheninvestoren fürchten auch einen fallenden Realwert ihrer Positionen durch eine höhere US-Inflation und einen noch schwächeren Dollar. Trotz der unorthodoxen Politik in Washington spricht aber nichts dafür, dass sich der Staat seiner Schulden durch eine höhere Inflation entledigen kann. US-Finanzminister Scott Bessent weiß, dass die Teuerung der Jahre 2021 bis 2023 auch mit dem Quantitative Easing der Fed zu tun hatte. Aber das ist heute keine Option. Man sollte daher weiter auf Kurzläufer setzen, wenn steigende Langfristrenditen drohen. Kurz laufende Investmentgrade- und High-Yield-Anleihen bleiben ein Lichtblick in einer unsicheren Welt.
Risiken und Risikoprämien sind gestiegen. Neue Marktvolatilität ist wahrscheinlich, ein Pawlow’scher Reflex der Marktbeobachter auch. Die Welt ändert sich, aber die Marktwirtschaft ist nicht tot. Sie wird nur ein wenig durcheinandergewirbelt. Das sorgt für Unsicherheit. Aber weltweit sind die Fundamentaldaten noch immer stabil, und irgendwann wird auch die US-Politik wieder konsensorientierter. Mit ausgewogenen und diversifizierten Portfolios, mit laufenden Erträgen von Credits und wachsenden Gewinnen von Technologieaktien dürfte man auch weiter langfristige Erträge erzielen und das Vermögen steigern können.
Von Chris Iggo, CIO Core Investments, AXA Investment Managers
Weitere beliebte Meldungen:
Performancedaten/Quellen: LSEG Workspace Datastream, ICE Data Services, Bloomberg, AXA IM, Stand 29. Mai 2025, falls nicht anders angegeben. Die Wertentwicklung der Vergangenheit ist kein Hinweis auf künftige Erträge.