Divergenz erfordert Diversifikation: Asiatische Anleger denken über Europa nach

Asiatische Anleger beginnen, ihre starke Abhängigkeit von US-Märkten zu überdenken. Laut Ecaterina Bigos, CIO Asia ex-Japan bei AXA IM Core, rücken europäische Aktien und Anleihen stärker in den Fokus – getrieben von attraktiven Bewertungen, geopolitischen Entwicklungen und dem Wunsch nach breiterer Diversifikation. Veränderungen erfolgen jedoch schrittweise. AXA Investment Managers | 24.09.2025 10:17 Uhr
Ecaterina Bigos, CIO, Asia ex-Japan bei AXA IM Core
Ecaterina Bigos, CIO, Asia ex-Japan bei AXA IM Core

  • Traditionell investieren asiatische Anleger viel in den USA. Dieses Jahr zeigte sich aber, dass sie zunehmend auch andere Länder entdecken.
  • Europa gilt mehr und mehr als Alternative – wegen der guten Performance, der derzeitigen Weltlage und des Wunschs nach höheren risikoadjustierten Erträgen.
  • Dennoch dürften asiatische Anleger dollardenominierte Titel weiterhin bevorzugen und daher nur schrittweise diversifizieren. Veränderungen brauchen Zeit.

Umschichtungen

Die traditionelle asiatische Vorliebe für Dollaranlagen scheint aber jetzt nachzulassen. Marktumfeld und Anlegerstimmung ändern sich, und man beginnt allmählich mit Umschichtungen. Trumps America-First-Politik und die zunehmende geld- und fiskalpolitische Divergenz schwächen die Bindungen an die USA. Immer mehr Anleger erkennen Nutzen und Notwendigkeit internationaler Diversifikation, zumal der schwache Dollar asiatischen Ländern mit großen US-Positionen immer mehr schadet.

Umso mehr interessierten sich asiatische Investoren zuletzt für Europa, auch weil europäische Aktien US-Titel dieses Jahr meist hinter sich ließen. Mehrerträge der USA sind offensichtlich kein Naturgesetz. Anleger entdeckten neue Diversifikationsmöglichkeiten.

Die Entwicklungen in Europa, darunter die Lockerung der deutschen Schuldenbremse und die Auflegung des 1 Billion Euro schweren Verteidigungs- und Infrastruktursondervermögens, aber auch die umfassenden Bemühungen um eine Neuindustrialisierung dürften das Wachstum fördern und mehr Anleger nach Europa locken. Hinzu kommt, dass an Europas Aktienmärkten eher Substanz- als Wachstumswerte dominieren und die Dividendenrenditen höher, die Bewertungen aber günstiger sind als in den USA.

Zuflüsse auf Rekordniveau

Natürlich können die Bewertungsunterschiede zwischen Märkten bisweilen groß und dauerhaft sein. Abgebaut werden sie meist erst, wenn sich die Fundamentaldaten ändern. Dabei können die Erwartungen eine wichtige Rolle spielen. Die Marktperformance hängt weniger von künftigen Entwicklungen ab als davon, inwieweit diese Entwicklungen den Erwartungen entsprechen. Europa und vor allem Deutschland sind hier gute Beispiele. Zu Jahresbeginn waren Anleger für die USA zu optimistisch und für Europa zu pessimistisch.

Auch wenn die Unternehmensgewinne in Europa nach wie vor nur mäßig wachsen, können internationale Anleger hier interessante Diversifikationsmöglichkeiten finden. In den meisten Branchen liegen die Bewertungsabschläge europäischer Aktien gegenüber amerikanischen heute stark über dem Durchschnitt, was für attraktive Bewertungen spricht. Das gilt sowohl für international tätige Wachstumsunternehmen mit ordentlichen Erträgen als auch für ausgewählte Substanzwerte wie Bankaktien, mit denen Aktionäre jetzt wieder mehr verdienen.

Europäische und asiatische Investoren haben enorm viel in internationale Aktienfonds investiert, die US-Aktien ausschließen. Von Anfang Dezember 2024 bis Ende April 2025 verzeichneten solche Investmentfonds und ETFs laut Morningstar 2,5 Milliarden US-Dollar Zuflüsse, so viel wie noch nie.1

Vorausgegangen waren drei Jahre mit Nettomittelabflüssen. Internationale Aktienfonds ohne US-Titel waren jahrelang aus der Mode, weil die in den letzten zehn Jahren meist hohen Gewinne von US-Aktien ausländisches Kapital angelockt haben. Von 2022 bis 2024 wurden netto 2,5 Milliarden US-Dollar aus Fonds ohne US-Aktien abgezogen. Der MSCI World ex-USA Index stieg in dieser Zeit nur um 7%, gegenüber 25% Plus beim S&P 500.1

Ein echter Langfristtrend?

Der Wunsch nach Diversifikation beschränkt sich aber nicht nur auf Aktien. Viel spricht dafür, dass sich asiatische Investoren auch von US-Anleihen trennen, eine Reaktion auf die divergierende Geld- und Fiskalpolitik. Die Zinsdifferenz zwischen Asien und den USA ließ viele Anleger nach Alternativen suchen. Für Anleger auf der Suche nach hochwertigen Alternativen werden europäische Anleihen immer attraktiver – auch weil die nachlassende Zinsdifferenz zwischen Europa und den meisten asiatischen Ländern die Währungsabsicherung deutlich günstiger macht.

Europas Kapitalmärkte sind noch immer fragmentiert und weniger entwickelt als der US-Markt. Europäische Unternehmen sind sehr viel stärker auf Bankkredite angewiesen. EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen bezeichnet die Integration der Kapitalmärkte als eines der wichtigsten Themen ihrer zweiten Amtszeit. Die Kommission will die Kapitalmärkte stärken, die Marktaufsicht zentralisieren und Privatanlegern das Leben leichter machen. Außerdem sollen die jahrelangen Verhandlungen über ein neues Insolvenzrecht abgeschlossen und die Bankenunion vollendet werden.

Trotz des Trends zur Diversifikation rechnen wir aber nicht mit schnellen Fortschritten, auch weil sich Handelsbeziehungen und Lieferketten nur langsam ändern. Asiens Leistungsbilanzüberschuss ist nach wie vor hoch; im 1. Quartal stieg er auf einen neuen Rekordwert von 1,1 Billionen US-Dollar. Auf absehbare Zeit dürften Dollaranlagen weiterhin dominieren. Veränderungen brauchen Zeit.

Dennoch dürften Investoren aus Asien (und anderen Ländern) mit großen Dollarpositionen zunehmend über Europa und andere Länder nachdenken – damit ihre Portfolios ausgewogener und vielleicht auch stabiler werden.

Von Ecaterina Bigos, CIO, Asia ex-Japan bei AXA IM Core

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1 a. b. Morningstar ETF Flow Report, Mai 2025.

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