Barings: Investieren in chinesische Aktien im Jahr des Hahns

Die Haltung der neuen US-Regierung zu Handel, Währungs- und inländischer Fiskalpolitik wird Unsicherheit und Volatilität, aber auch Chancen für Stockpicker nach dem Bottom-up-Ansatz hervorbringen: "Geschickte und ausgeschlafene Anleger werden im Jahr des Hahns eine Fülle langfristiger Wachstumschancen bei chinesischen Aktien finden", erklärt Laura Luo, Head of Hong Kong China Equities bei Barings Hong Kong. Barings | 31.01.2017 13:55 Uhr
Laura Luo, Head of Hong Kong China Equities, Barings Hong Kong / ©  Barings
Laura Luo, Head of Hong Kong China Equities, Barings Hong Kong / © Barings
Archiv-Beitrag: Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Abwarten
Menschen, die im Jahr des Hahns geboren wurden, sind für die Leichtigkeit bekannt, mit der sie Kontakt zu anderen aufnehmen und Anleger in chinesischen Aktien werden in den kommenden Monaten für eine Kontaktaufnahme ihren Blick auf die neue US-Regierung richten, um Anhaltspunkte für die zukünftige Richtung zu bekommen. Die derzeitige Haltung von Präsident Donald Trump legt mögliche Handelsdifferenzen mit China nahe. Fakt ist jedoch, dass es darüber bisher keine Gewissheit gibt und wir nehmen im Hinblick auf seine Präsidentschaft vorerst eine abwartende Haltung ein. Unsere übergeordnete Einschätzung ändert sich dadurch nicht – wir behalten unsere optimistische Einschätzung für den chinesischen Aktienmarkt bei. Allerdings distanzieren wir uns von Exportunternehmen, bis wir Klarheit von der neuen US-Regierung erhalten.

Die Unsicherheit über die zukünftigen Handelsbeziehungen mit den Vereinigten Staaten sorgte am chinesischen Aktienmarkt für Unruhe und das Jahr 2016 ging demzufolge etwas holprig zu Ende. Der MSCI China Index fiel im vierten Quartal um 8% und trat in den ersten Wochen des Jahres 2017 auf der Stelle. Umsichtigen Stockpickern ist bewusst, dass ein Großteil dieser Entwicklung auf die Marktstimmung sowie auf die Einsicht zurückzuführen ist, dass jegliche Prognosen für 2017 aufgrund der geopolitischen Schocks des Jahres 2016 kaum mehr als Rätselraten sind. Was wir jedoch wissen ist, dass Währungsbewegungen, Handelsbeziehungen und geopolitische Spannungen allesamt Bereiche sind, die im Jahr des Hahns von Unsicherheit geprägt sind.

Das Schicksal von Reformen
Unsicherheit geht nicht nur von externen, sondern auch von internen Quellen aus. Der 19. Parteikongress im vierten Quartal könnte mit einer neuen Führungsriege enden und möglicherweise Veränderungen an Xi Jinpings Wirtschaftsreformen einläuten. Die jüngsten dieser Reformen befassen sich mit der Angebotsseite und den Staatsbetrieben. Sie nahmen 2016 ihren Anfang mit dem Ende der Ein-Kind-Politik und wurden seitdem kontinuierlich umgesetzt. Auch wenn der unmittelbare und eher vordergründige Einfluss solcher Initiativen auf das Kredit- und Beschäftigungswachstum wahrscheinlich eher kurzlebig ist, dürften sie dennoch auf lange Sicht das Wirtschaftswachstum stabilisieren und fördern. Darüber hinaus führte das Senken von Unternehmenskosten und des Verschuldungsgrads sowie das Reduzieren von übermäßigen Kapazitäten Ende 2016 für viele Unternehmen zu einer Ertragswende. Wie nachhaltig diese ist oder die längerfristigen Vorteile für die einzelnen Unternehmen sind, weiß man noch nicht.

Die geldpolitische Lockerung für das Ankurbeln der Wirtschaft dürfte dieses Jahr weiter reduziert werden. Allerdings dürften aggressivere Staatsausgaben und spezielle Anleiheemissionen ebenso wie PPP-Projekte weiter durchgeführt werden, um insbesondere im ersten Halbjahr neues Kapital in die Wirtschaft zu schleusen. Wir können beobachten, dass nach wie vor viele Branchen von den anlaufenden Infrastrukturprojekten profitieren, da diese die Nachfrage im Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffsektor sowie in der Bauindustrie ankurbeln. Nichtsdestotrotz ist uns bewusst, dass die Bemühungen von Präsident Jinping für eine bessere Umsetzung von Reformen und zur Einführung neuer Initiativen von geopolitischen Spannungen belastet werden könnten. Wir werden all diese Themen genau verfolgen und das Auftreten von Volatilität dafür nutzen, Aktien mit positiven Wachstumsaussichten auf einem attraktiven Preisniveau zu selektieren. Schließlich kann Unsicherheit auch Chancen hervorbringen.

Das Alte bleibt, das Neue kommt
In den letzten Jahren lag unser Fokus auf Unternehmen, die von dem Strukturwandel der chinesischen Wirtschaft und dem wachsenden Dienstleistungssektor aller Wahrscheinlichkeit nach profitieren dürften. Dieses Jahr stellen wir allerdings ein stärkeres Gleichgewicht zwischen solchen Unternehmen und den traditionelleren, zyklischen Industrie- und Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffunternehmen her, die die chinesische Wirtschaft in den vergangenen Jahren dominierten.

In diesem Zusammenhang erwähnten wir bereits die angebotsseitigen Reformen, die zur Bewältigung von Problemen wie der Überkapazität eingeführt wurden. Zusammen mit aggressiveren staatlichen Ausgaben und Inventaraufstockungen  erzeugen diese Bemühungen positive Impulse, unter anderem für die Kohle-, Stahl- und Zementindustrie. Die Aufstockung der Lagerbestände als Reaktion auf neue Infrastrukturprojekte findet in allen Bereichen, angefangen von Baustoffen bis Schwerlastmaschinen, statt. Wir werden die Entwicklungen genau beobachten, um zu sehen, ob diese Dynamik auch in der zweiten Jahreshälfte fortgesetzt werden kann, wenn die Unternehmen von einer höheren Basis aus agieren und der externe Druck auf den chinesischen Markt seinen Tribut fordert. Insofern die angebotsseitigen Reformen längerfristig erfolgreich sind, besteht durchaus die Chance, dass die langfristigen Wachstumsaussichten für diese Unternehmen deutlich Auftrieb erhalten. Das ist der Grund dafür, weshalb wir den zyklischen Industrie- und Betriebsstoffsektoren nach längerer Zeit nun positiver gegenüberstehen.

Darüber hinaus sind wir nach wie vor Fürsprecher der Unternehmen, die von dem steigenden Konsum sowie der Technologieverbesserung und dem Trend der Industrieautomation in China profitieren. Die Entwicklung des zunehmenden Binnenkonsums ist derzeit noch in vollem Gange und nach wie vor ein positiver Faktor für Unternehmen, die sich auf das Inland konzentrieren. Auch die Inflation dürfte sich dieses Jahr erholen, was ein Segen für jene Firmen ist, die über die Preissetzungsmacht verfügen, um davon zu profitieren. Einige Unternehmen des „neuen Chinas“, die ein enormes und nachhaltiges Wachstumsniveau erfordern, dürften hingegen Schwierigkeiten haben, ihre gegenwärtigen Bewertungen in einem volatilen Markt zu rechtfertigen. Dennoch wird ein Ausverkauf am Markt dieses Jahr Chancen mit Blick auf Qualitätsunternehmen eröffnen, auch wenn diese derzeit noch teuer sind.

Eine Strategie, die für die anstehenden Herausforderungen gerüstet ist
Uns bleibt nur abzuwarten, welche Haltung Trump mit Blick auf den Handel einnimmt und ob die angebotsseitigen Reformen von Jinping das Wachstum tatsächlich stabilisieren und die Binnenwirtschaft ankurbeln. Im Laufe der Zeit wird es unweigerlich zu einer erhöhten Volatilität kommen. Ungeachtet dessen konnten wir anhand unseres ausgewogenen Titelselektionsprozesses nach dem Bottom-up-Ansatz Chancen im Inland aufspüren, und zwar sowohl in Chinas New Economy als auch den traditionellen, zyklischen Sektoren, die derzeit einen Wandel bei den Ertragserwartungen durchlaufen. Ein solches Gleichgewicht  ist unserer Auffassung nach in unsicheren Zeiten wichtig. Da das Bewertungsniveau aktuell angemessen ist, dürften die von uns gehaltenen Unternehmen über das Potenzial verfügen, mittel- bis langfristig kräftige Erträge zu erwirtschaften.

Laura Luo, Head of Hong Kong China Equities, Barings Hong Kong

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