Kommt eine Glanzzeit für Europa?

Wenn der Brexit-Gegenwind allmählich abflaut und sich die deutsche Konjunktur bessert, würde die europäische Wirtschaft insgesamt aufatmen. Weiter könnte eine Schwäche des US-Dollars die globalen Märkte anfachen und möglicherweise nach zehn mageren Jahren eine Wende einleiten. Barings | 15.01.2020 17:28 Uhr
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Dieser Beitrag ist Teil unserer Serie 2020: Der Weg nach vorn Serie—lesen, sehen oder hören Sie sich das vollständige Gespräch hier an.

Das größte Risiko

Aus Makroperspektive gibt es zwei Arten von Risiken, die wir genau verfolgen. Zum einen existiert eine Reihe von konjunkturellen Risiken, die darauf zurückzuführen sind, dass wir uns in einer Spätphase des Zyklus befinden. Konkret stellt sich die Frage, wie lange die Stärke des US-Konsums anhalten kann und inwieweit sie weiterhin das globale Wachstum anfachen wird. Angesichts dieser Bedenken scheinen die Zweifel an Anlageinvestitionen zu wachsen. Im Allgemeinen hinkt dieser Teil der Wirtschaft seit einigen Jahren hinterher, was vor allem in der Unsicherheit über den Welthandel und die weiteren Aussichten begründet ist. Wenn Ungewissheit darüber herrscht, wie oder wann die globale Lieferkette durch Zölle beeinträchtigt wird, nehmen geschäftliche Investitionen tendenziell ab. Wir denken also, dass eines der größten Risiken für das Jahr 2020 darin liegt, dass sich geschäftliche Investitionen nicht erholen. 

Das andere Risiko ist ein langfristiger Trend, der sich um Klimarisiken und Klimapolitik dreht. Unabhängig von der eigenen Sichtweise der Klimawissenschaft scheinen diese Faktoren in den Mittelpunkt des Anlegerinteresses zu rücken. Regeln ändern sich, Gesetze ändern sich, Vorschriften ändern sich; in einigen Teilen der Welt ändern sich die Kosten von Kohlenstoff. Und auch die Technologie rund um Energie, Energieerzeugung und Energieumwandlung ändert sich. Ob diese Bedenken im nächsten Jahr in den Vordergrund treten oder nicht, ist ungewiss, sie schreiten aber zweifellos schnell voran.

Die größte Chance

Auf dem Weg ins Jahr 2020 sehen wir viele der größten Chancen in der Technologie. Wir stehen scheinbar an der Schwelle zu einigen sehr umwälzenden Veränderungen durch das Internet der Dinge. Konkret sehen wir eine Konvergenz der Kräfte um Cloud-Technologie, Cloud-Storage, kostengünstige Sensorik, Mobilfunknetze und Datenanalyse. Fortschritte auf diesen Gebieten haben es uns ermöglicht, die physische Welt auf eine Weise zu überwachen und zu steuern, wie wir es uns noch vor 20 Jahren nicht einmal vorstellen konnten. Von weniger Ausfallzeiten für Flugzeuge bis hin zu einer höheren Produktivität auf Bohrinseln – diese wachsenden Möglichkeiten schaffen überall in der Wirtschaft Chancen für Unternehmen. Auf der anderen Seite werden Unternehmen, die nicht ernsthaft darüber nachdenken, wie sie die Vorteile dieser Technologien nutzen können, wahrscheinlich von den Konkurrenten, die sie aufgreifen, abgehängt.

Prognose

Es ist vielleicht nicht besonders gewagt, aber eine leicht kühne Prognose besteht darin, dass das Jahr 2020 besser ausfallen wird, als die aktuelle Stimmung vermuten lässt. Am Markt herrscht derzeit ein hohes Maß an Unsicherheit, insbesondere mit Blick auf die politischen und wirtschaftlichen Aussichten. Doch wir halten es für durchaus plausibel, ein Jahr zu erleben, in dem die Inflation unter Kontrolle bleibt, was die Zentralbanken auf einen stärker akkommodierenden Pfad führt und Unternehmensgewinne unterstützt. Zudem ist es möglich, dass wir weiterhin ein passables Wirtschaftswachstum beobachten und dass der politische Gegenwind, auf den wir uns einstellen, am Ende schwächer als erwartet ausfällt.

Eine etwas gewagtere Prognose wäre, dass Europa und die Schwellenmärkte nach einer langen Periode der Leistungsschwäche die USA überflügeln werden. Wenn der Gegenwind durch den Brexit etwas abflaut, was die Richtung zu sein scheint, in die wir uns bewegen, würde dies der Wirtschaft insgesamt zugutekommen. Auch die deutsche Wirtschaft – die größte in Europa – könnte sich bessern, vor allem wenn die Regierung auch nur etwas fiskalische Unterstützung leistet. Schließlich hätte eine Schwäche des US-Dollars das Potenzial, die internationalen Märkte – insbesondere die Schwellenländer – im kommenden Jahr weiter voranzutreiben und damit möglicherweise nach zehn leistungsschwachen Jahren eine Wende einzuleiten.

WERDEN INTERNATIONALE UND SCHWELLENLAND-AKTIEN EINE OUTPERFORMANCE ERZIELEN?
GLOBALE AKTIENMÄRKTE: INDEXIERTE KURSRENDITE

Quelle: Bloomberg. Stand: 25. November 2019.


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