„Zwischen heute und Freitag werden wir eine Reihe von Daten über die Gesundheit der Arbeitsmärkte in den USA (Lohn- und Gehaltszahlen am Freitag) sowie über die Aktivität der Dienstleistungssektoren weltweit erhalten. Diese Daten werden dazu beitragen, den Stand der weltweiten Erholung zu beurteilen. Nach den bereits veröffentlichten Hochfrequenzdaten zu urteilen, scheint die Erholung trotz eines Wiederauflebens von COVID-Infektionen in den USA, (etwas gedämpfter) in Europa, sowie in Indien und anderen wichtigen Schwellenländern stark geblieben zu sein. Etwas überraschend ist, dass das Auslaufen der zusätzlichen Arbeitslosenunterstützung in Höhe von 600 US-Dollar am 31. Juli, die entscheidend dazu beigetragen hat, dass zahlreiche Arbeitsplatzverluste nicht zu einer Verarmung von US-Niedrigverdienern geführt hat, die Ausgaben, Beschäftigung und Produktion in den USA nicht beeinflusst zu haben scheint. Sollten die demnächst veröffentlichten Daten den Erwartungen entsprechen, würden wir eine Bestätigung dafür erhalten, dass die Arbeitslosenunterstützung ausläuft und das Wiederaufleben des COVID die Erholungsdynamik bisher nicht beeinträchtigt hat.
Während seiner virtuellen Rede auf dem Jackson Hole-Symposium am vergangenen Donnerstag kündigte der Fed-Vorsitzende Jerome Powell eine weithin erwartete, jedoch wichtige Änderung des geldpolitischen Rahmens der Fed an. Der neue Ansatz der Fed kann als eine Art durchschnittliches Inflationsziel interpretiert werden: Die Inflation darf für eine gewisse Zeit moderat über dem 2%-Ziel liegen, wenn sie zuvor eine Zeit lang unter diesem Ziel geblieben ist. Dies bedeutet, dass die Politik der Fed trotz eines Inflationsanstiegs länger akkommodierend bleiben könnte (d.h. die Leitzinsen könnten niedriger bleiben). Da die Inflation in den nächsten ein bis zwei Jahren wahrscheinlich deutlich unter 2% bleiben wird, übergab die Fed den Stab der Unterstützung der Wirtschaft in diesen unruhigen Zeiten an die Fiskalpolitik und sagte dem US-Finanzministerium implizit, dass es den Aufschwung mit öffentlichen Ausgaben unterstützen könne, ohne Angst vor einer ausufernden Inflation oder einer Überreaktion der Fed auf eine sich beschleunigende Inflation zu haben. Dies werde unter dem Eindruck einer Stärkung der Beschäftigungslage toleriert werden.“
Matteo Cominetta, Senior Economist des Barings Investment Institute