Als eines der wichtigsten Instrumente der europäischen Klimaschutzpolitik gilt seit dessen Inkraftsetzung im Jahr 2005 das Europäische Emissionshandelssystems (EU-ETS). Mithilfe des EU-ETS sollen die Treibhausgasemissionen der Industrie schrittweise begrenzt und auf handelbare Emissionszertifikate aufgeteilt werden. Dieses Konzept stellt einen zentralen Hebel zur Erreichung der Klimaziele des europäischen Green Deals dar, um die Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2030 um mindestens 55 % zu reduzieren. Teilnehmer sind neben den 27 EU-Mitgliedsstaaten auch Norwegen, Island und Liechtenstein. Der EU-ETS umfasst knapp 40 % der gesamten europäischen Treibhausgasemissionen bzw. in etwa 10.000 stationäre Anlagen wie beispielsweise Kraftwerke, Raffinieren und Stahlwerke
Wie funktioniert der europäische Emissionshandel?
Die Basis des europäischen Emissionshandels bildet das sogenannte „Cap & Trade“-Prinzip. Mit Cap wird eine Obergrenze bezeichnet, die den Ausstoß an Treibhausgasemissionen der emissionshandelspflichtigen Anlagen in einem bestimmten Zeitraum nach oben hin begrenzen soll. Anhand von Emissionsberechtigungen, die an die teilnehmenden Mitgliedsstaaten teils kostenlos und teils über Versteigerungen ausgegeben werden, wird der Ausstoß einer Tonne Kohlendioxid-Äquivalent erlaubt. Trade bezieht sich auf die Handelbarkeit der Emissionsberechtigungen zwischen verschiedenen Unternehmen bzw. Sektoren und folglich freier Preisbildung auf dem Markt, bestimmt durch Angebot und Nachfrage. Emissionsintensives Wirtschaften soll dadurch teurer bzw. klimafreundliche Produktion in saubere Technologie attraktiver werden.
Angebot und Nachfrage bei CO2-Zertifikaten?
Die ersten Handelsperioden des EU-ETS waren von einem Überangebot an CO2-Zertifikaten und einem daraus resultierenden Preisverfall am Sekundärmarkt geprägt. Der Preis für CO2 befand sich fast sechs Jahre bei unter 10 Euro pro Tonne. Zum einen haben die Emissionen nur im Jahr 2008 die politisch festgelegte Obergrenze überschritten. Die tatsächlichen Emissionen blieben deutlich unter den ausgegebenen Zertifikaten. Zum anderen wurden seit Einführung des Emissionshandels immer wieder große Mengen an Gratiszertifikaten herausgegeben, sodass mehr Emissionsrechte zur Verfügung standen, als eigentlich benötigt wurden. Vor allem die Käuflichkeit der Emissionen steht aus ökologischer Sicht in der Kritik. Solange genügend Zertifikate zur Verfügung stehen, besteht kein Anreiz für eine grüne Transformation, denn die Unternehmen können mit ihren ursprünglichen Methoden weiterproduzieren. Zur Erzielung eines klimapolitischen Lenkungseffekts wurden daher zur Versteigerung vorgesehene Emissionszertifikate zurückgehalten (sog. „Backloading“) und die Marktstabilitätsreserve mit dem Ziel eingeführt, überschüssige Zertifikate zu reduzieren und den Preis zu stabilisieren. Im Rahmen der Marktstabilitätsreserve kommt es zu einer jährlichen Anpassung der CO2-Obergrenze mit einem linearen Reduktionsfaktor.
Ist der EU-ETS nun ein geeignetes Instrument für den Klimaschutz?
Obwohl der CO2-Preis durch die zuletzt gesetzten Maßnahmen deutlich angestiegen und die Emissionen der vom europäischen Emissionshandel abgedeckten Sektoren gesunken sind, bleibt offen, ob die europäischen Klimaziele erreicht werden können. Die Rahmenbedingungen müssen jedenfalls laufend evaluiert und an die Marktbedingungen angepasst werden, um die Potenziale des Konstrukts EU-ETS auszuschöpfen.
Von Nadine Bauer, ESG-Expertin bei KEPLER Fonds
KEPLER ist Nachhaltigkeitspionier seit über 20 Jahren
Die KEPLER-FONDS KAG ist anerkannter grüner Pionier und beschäftigt sich seit dem Jahr 2000 intensiv mit nachhaltigen Veranlagungskonzepten. In einem eigenen ESG-Investment-Office werden laufend interessante Research-Themen unter die Lupe genommen. Die Erkenntnisse daraus dienen als wichtige Diskussionsgrundlage im Portfoliomanagement zur Weiterentwicklung der nachhaltigen Investmentstrategien.
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