Der „Liberation Day“ wurde für die internationalen Aktienmärkte zum verspäteten Wintereinbruch – statt des Schnees fielen allerdings die Kurse. Ausgehend von US-Wachstumsaktien und Titeln mit engem Bezug zum Zollthema erwischte es nahezu ausnahmslos alle Stile und Regionen – Emerging Markets hielten sich etwas besser.
Wie in Stresszeiten üblich kam es zu undifferenzierten Verkäufen in praktisch allen Risikosegmenten, die Unsicherheiten an den Märkten nahmen – gemessen an den entsprechenden Volatilitätsindizes – stark zu. Staatsanleihen nahmen in diesem Umfeld ihre Rolle als sicherer Hafen ein. Die Renditen sanken deutlich.
Die ohnehin schon angeschlagenen Stimmungsindikatoren verfielen noch weiter in Pessimismus und weisen aktuell Niveaus auf wie in Krisenzeiten.
Wenngleich die mittel- bis langfristigen Auswirkungen der US-Wirtschaftspolitik derzeit noch schwer vorherzusehen sind, zeigt sich eine eklatante Divergenz zwischen unsicheren Einschätzungen und weiter solider Fundamentaldaten. Grund genug für uns, die zuletzt antizyklisch eingegangene „Übergewichten“-Positionierung im Aktienbereich beizubehalten und das aufgrund von Kursbewegungen entstandene Ungleichgewicht durch Rebalancing wieder auszugleichen. Nicht zuletzt wegen der niedrigeren Renditen im Anleihenbereich verlagern wir unseren Schwerpunkt von Value- auf Growth-Werte.
Zugegeben: Es war eine kalte Dusche, die die Aktienmärkte im März und in weiterer Folge noch stärker zugespitzt Anfang April abbekamen. Und es hat uns als KEPLER-FONDS noch eine Spur härter getroffen als manch andere Marktteilnehmer, weil wir bereits im Vorfeld nach den ersten Rücksetzern die Aktienquote antizyklisch auf „Übergewichten“ erhöht hatten.
Wie in heiklen Situationen üblich (und auch unerlässlich) haben wir unsere Asset Allocation-Entscheidung kritisch hinterfragt und noch über das Wochenende eine Adhoc-Sitzung einberufen. Aus diesem Grund erreicht Sie dieser Bericht früher als ursprünglich geplant.
Ausgehend von der bekannten Börsenweisheit, dass politische Börsen üblicherweise von kurzer Dauer sind, stellen wir fest, dass die aktuelle Situation viele Zutaten enthält, die für eine klassische Übertreibung (nach unten) sprechen. Dazu zählt der undifferenzierte Ausverkauf an allen Risikomärkten: Neben den Aktienmärkten waren auch Zinsprodukte mit Risikoaufschlag betroffen (Unternehmensanleihen, Emerging Markets), als sichere Häfen erwiesen sich – allen zwischenzeitlichen Unkenrufen zum Trotz – Staatsanleihen höchster Bonität.
Wieder einmal bewahrheitet sich, dass sich die Marktteilnehmer mit fast allen Konstellationen zurechtfinden – nur eben ganz schwer mit völlig neuen und oft auch unerwarteten Ansätzen, die mit entsprechenden Unsicherheiten, vielleicht sogar Ängsten, verbunden sind. Da wird dann schnell, allen soliden Fundamentaldaten zum Trotz, vorsichtshalber ein ziemlich düsteres Szenario eingepreist, üblicherweise in ziemlich atemberaubender Geschwindigkeit.
Der Fokus der Betrachtungen verlagert sich in derartigen Situationen auf genau diese „unerhörten Neuigkeiten“, ohne das große Ganze im Blick zu behalten. Insbesondere wird ignoriert, dass viele Dinge langfristig konstant bleiben. Genau diese Aspekte sind es aber, die dem System bei aller Instabilität schlussendlich wieder Stabilität verleihen.
Mag sein, dass sich die Welt momentan in manchen Punkten neu kalibriert und es bei diesem Vorgang dort und da auch holprig zugeht. Es gibt jedoch auch positive Nebenaspekte der aktuellen Entwicklung: Die langfristigen Renditen sind in den USA durch die aktuellen Verwerfungen deutlich zurückgekommen. Gleichzeitig sind auch (zumindest) die langfristigen Inflationserwartungen nicht unwesentlich gesunken.
Das schafft nicht nur Spielraum für mögliche weitere Zinssenkungen durch die maßgeblichen Notenbanken, sondern senkt auch die Zinslast der Staaten bei der künftigen Refinanzierung ihrer Schulden. Im Idealfall lassen niedrigere Zinsen sogar wieder eine stärkere Investitionstätigkeit zu als zuletzt – Nachholbedarf ist in diesem Zusammenhang beiderseits des Atlantiks ja durchaus gegeben. So könnten die in den letzten Jahren als Inflationsbekämpfer recht erfolgreichen Notenbanken ein Comeback als Wachstumsmotoren feiern.
Schon jetzt scheinen uns die verbesserten Finanzierungskonditionen die Perspektiven der Growth-Werte zu verbessern. Wir verkaufen somit unser Übergewicht in Value-Aktien und bevorzugen ab sofort wieder Growth-Titel.
Ja, es stimmt – unsere gemischten Fonds und Portfolios haben gelitten: Je höher der Aktienteil, umso größer der Kursrückgang bisher. Wenngleich wir nicht wissen (können), wann der Tiefpunkt erreicht ist, erscheint uns viel Negatives bereits eingepreist – daher gilt nach den Kursrückgängen unsere Devise: Zurück zur taktischen Übergewichtung der Aktienquote!
Von Josef Falzberger, Portfoliomanagement und Asset Allocation, KEPLER Fonds