Brian Horrigan, Chief Economist, Loomis, Sayles & Company
„Die Sorgen über das Haushaltschaos haben die Finanzmärkte während der letzten Wochen verunsichert. An 11 der 14 Börsentage vom 19. September bis 8. Oktober verzeichnete der S&P 500® Index einen Rückgang. Die Renditen der US-Staatsanleihen und die Rohstoffpreise gingen ebenfalls leicht zurück. Die Lage könnte sich noch weiter verschlechtern, bevor es wieder aufwärts geht.
Doch wie haben es die USA geschafft, wieder einmal kurz vor der Zahlungsunfähigkeit zu stehen? Ende Januar hat der Kongress ein Gesetz verabschiedet, das dem US-Finanzministerium die Emission von Schuldtiteln zur Staatsfinanzierung bis 18. Mai 2013 erlaubt. Die Schuldenobergrenze wurde seitdem nicht angehoben, aber dies war aufgrund höherer Staatseinnahmen und der vom US-Finanzministerium ergriffenen „außergewöhnlichen Maßnahmen“ zur Staatsfinanzierung bislang kein Problem. Irgendwann in der zweiten Oktoberhälfte wird dem US-Finanzministerium, welches nicht über die rechtlichen Befugnisse verfügt weiteres Geld zu leihen, das Kapital ausgehen, um Rechnungen des Staates zu bezahlen, den Zinszahlungsverpflichtungen nachzukommen oder die vielen staatlichen Programme zu finanzieren. In diesem Fall würde ein massiver Shutdown eintreten und der Staat würde sich in einem Zustand der „technischen Zahlungsunfähigkeit“ befinden.
Wir sehen derzeit drei mögliche Szenarios zur Lösung der derzeitigen Krise:
Szenario 1: Eine Einigung wird erreicht Mit 70-prozentiger Wahrscheinlichkeit rechnen wir mit dem Baseline-Szenario, dass das Repräsentantenhaus und der Senat einen Kompromiss aushandeln, der für den Präsidenten akzeptabel ist. Dieser würde die Verabschiedung eines sogenannten Übergangsetats beinhalten, der den staatlichen Shutdown beendet und die Regierung für mindestens sechs Monate auf dem aktuellen Niveau handlungsfähig hält. Die Einigung würde zudem zu einer Anhebung der Schuldenobergrenze führen, die ausreichend ist, damit das US-Finanzministerium genug Geld bis Sommer 2014 leihen kann.
Was wären die fiskalischen Auswirkungen? Nach der Ankündigung einer Einigung gäbe es auf dem Aktienmarkt sicherlich eine Erleichterungsrallye. Die Renditen von Long Treasuries könnten vor dem Hintergrund des wirtschaftlichen Optimismus steigen und die Chancen für eine technische Zahlungsunfähigkeit sollten geringer werden. Wir rechnen damit, dass ein Shutdown von zwei Wochen einen Rückgang des realen BIP-Wachstums im vierten Quartal 2013 um ungefähr 0,3 Prozentpunkte (auf annualisierter Basis) bewirken könnte mit einem ähnlichen Anstieg des Wachstums im ersten Quartal 2014, wenn sich die Situation normalisiert.
Szenario 2: Das Problem aufschieben („Kick the can down the road“) Dem Szenario, bei dem Verhandlungen über den Haushalt und die Schuldenobergrenze nicht zu einem schnellen Ende kommen, rechnen wir eine Wahrscheinlichkeit von 20 Prozent zu. Keine politische Partei möchte aufgrund der Unzufriedenheit der Bevölkerung einen Shutdown riskieren oder eine Zahlungsunfähigkeit erzwingen. Daher könnten sich die Verhandlungspartner auf eine temporäre Ad-hoc-Lösung einigen: Ein kurzfristiger Übergangsetat und eine Anhebung der Schuldenobergrenze zur Beendigung des Shutdown und zur Vermeidung der Zahlungsunfähigkeit bei Fortsetzung der Verhandlungen. „Kurzfristig“ kann maximal zwei bis vier Wochen bedeuten.
Szenario 3: Zahlungsunfähigkeit und Shutdown Unfälle passieren manchmal, auch wenn das niemand möchte. Dieses dritte Szenario, dem wir von Loomis Sayles eine Wahrscheinlichkeit von 10% zurechnen, sieht einen politischen Unfall vor. In diesem düsteren Szenario ist die nationale Politik so polarisiert und zerstritten, dass keine der beiden Parteien bereit ist, die notwendigen Zugeständnisse zur Erreichung einer für alle Seiten akzeptablen Haushaltseinigung zu machen. Das Ergebnis wäre, dass der Shutdown der Staatsbehörden länger als drei Wochen dauert. Noch folgenreicher wäre es, wenn die Schuldenobergrenze nicht angehoben wird und die Regierung Ende Oktober die Zahlung ihrer Rechnungen aufschiebt und wahrscheinlich einige Zinszahlungen nicht leisten kann. Das würde zu einer technischen Zahlungsunfähigkeit führen.
Überdies würde die rechtliche Unfähigkeit des US-Finanzministeriums sich Geld zu leihen, die Regierung dazu zwingen, praktisch über Nacht einen ausgewogenen Haushaltsplan anzunehmen. Dadurch müsste die Regierung die Ausgaben wesentlich mehr als derzeit kürzen.
Niemand kann mit Sicherheit sagen, was mit der US-Wirtschaft oder der Weltwirtschaft passiert, wenn sich die US-Regierung von dieser Klippe stürzt. Wir können jedoch sagen, dass dann wahrscheinlich eine Panik auf den Finanzmärkten einsetzt. Die Kombination aus einer Panik im Finanzsektor mit plötzlichen, tiefen Einschnitten bei den Staatsausgaben und steigender Unsicherheit könnten leicht zu einer Rezession führen.“
Philippe Waechter, Chief Economist, Natixis Asset Management
„Wir haben zwar einen teilweisen Shutdown der US-Staatsbehörden beobachtet, aber es scheint, als ob die Anleger keinen Zahlungsausfall der USA erwarten. Das reduziert die Wahrscheinlichkeit eines beträchtlichen Markt-Sell-Off. Wir gehen davon aus, dass eine Lösung gefunden wird, die sowohl den Shutdown als auch die Schuldenobergrenze abdeckt. Gleichzeitig zwingt diese anhaltende Unsicherheit die U.S. Federal Reserve dazu, ihre sehr akkommodierende Geldpolitik beizubehalten, wodurch eventuelle „Tapering“-Maßnahmen verschoben würden.
Kein US-Politiker möchte dafür bekannt sein, die Zahlungsunfähigkeit US-Regierung zugelassen zu haben. Angesichts dieses Drucks ist es wahrscheinlich, dass eine Lösung gefunden wird. Aber wer wird zuerst nachgeben? Werden es die Republikaner sein oder wird der Präsident seine Vision aufgeben? Keine der Parteien möchte ihre Glaubwürdigkeit verlieren. Es ist eine problematische Situation. Wir denken aber, dass bald eine Lösung gefunden wird.
Ohne eine Einigung könnte es für die USA zu einem Albtraum-Szenario kommen, bei dem ihre Anlagen wahrscheinlich den Status „risikoarm (non risky)“ verlieren. Hierdurch müssten alle anderen Anlagen neu bewertet und eine neue Risikoskala eingeführt werden. Dieses Szenario könnte bereits schwachen Märkten sehr schaden.
Viele Anleger glauben, dass unmittelbar auf eine Einigung „Business as usual“ folgen wird. Wir von Natixis Asset Management warnen jedoch, dass dies noch eine Zeit dauern kann. Im Oktober 2011 hatte der Aktienmarkt die Talsohle erreicht, aber die Finanzmärkte waren noch lange danach sehr volatil. Die Volatilität könnte dieses Mal länger anhalten, da die Anleger die Glaubwürdigkeit der Behörden derzeit als nicht sehr hoch betrachten.
Trotz der Situation in Washington ist nicht klar, ob die Anleger ihr Vertrauen in die US-Führung und die US-Kapitalmärkte verloren haben. Ganzheitlich betrachtet fragt man sich, wohin sie gehen werden, wenn sie ihr Vertrauen in die USA verlieren? Es gibt keine anderen Märkte, die so tief und so liquide sind wie der US-Kapitalmarkt. Man kann sich zwar Arbitrage vorstellen, aber in der Tat gibt es keinen anderen Markt für die Anleger und sie werden wahrscheinlich lernen müssen mit dieser Unsicherheit zu leben“.
François Théret, Chief Investment Officer Absolute Asia Asset Management
„Man wird für die Haushaltsprobleme in den USA letztlich eine Lösung finden und unsere mittelfristige Prognose für Aktien aus Asien ist positiv. Auch betrachten wir das „Tapering“ nicht als wesentlichen Gegenwind im vierten Quartal. Dies – zusammen mit attraktiven Bewertungen, einer leichten Anlegerpositionierung und einer aufkommenden Erholung bei der globalen Fertigung – sollte nach den Turbulenzen im Sommer zu einer ausgewogeneren Stimmung in Bezug auf Schwellenmarktaktien führen.
Wir sind der Meinung, dass ein anhaltender US-Shutdown letztendlich zu einem selektiven Zahlungsausfall führen würde, was eine beträchtliche Volatilität auf den Anleihe- und Rentenmärkten mit sich bringt. In diesem Szenario gibt es ein beträchtliches Downside-Risiko für Aktien aus Asien und insbesondere für zyklische Titel. Es ist ähnlich wie im Jahr 2011, selbst wenn die aktuelle Konjunkturlage besser ist und die Bewertungen auf einem historischen Tief sind.
Jenseits des verringerten BIP-Wachstums würden die dramatische Spannung auf den US-Kapitalmärkten und der durch die Zahlungsunfähigkeit bedingte Kapitalabfluss aus den Schwellenländern verheerende Auswirkungen auf den Finanzierungsbedarf der asiatischen Staaten haben.
Die kreditgetriebenen Märkte in Asien wären am stärksten betroffen. In den letzten Jahren haben in Asien binnen- und außenwirtschaftliche Ungleichgewichte zugenommen, zum Beispiel die Finanzierung von Malaysia durch den chinesischen Finanzsektor oder die Leistungsbilanzdefizite in Indonesien und Indien. Unserer Meinung nach brauchen die Regierungs- und Währungsbehörden dieser Länder eine Erholung des globalen Wachstums und der Auslandsnachfrage, um diese Ungleichgewichte auszugleichen – zudem eine bessere Wettbewerbsfähigkeit und Produktivität“.
Über Natixis Global Asset Management, S.A.
Natixis Global Asset Management, S.A. zählt bezogen auf das verwaltete Vermögen zu den 15 größten Vermögensverwaltern weltweit(1). Seine verbundenen Vermögensverwaltungs-gesellschaften offerieren Anlageprodukte, die darauf abzielen, das Vermögen und die Altersvorsorgeanlagen institutioneller und privater Anleger zu vergrößern und zu schützen. Über sein unternehmenseigenes Vertriebsnetz werden Produkte seiner verbundenen Unternehmen weltweit gebündelt und vertrieben. Natixis Global Asset Management vereint das Fachwissen mehrerer spezialisierter, in Europa, den Vereinigten Staaten und Asien ansässiger Anlageverwalter, die ein breites Spektrum an Aktien-, Renten- und alternativen Anlagestrategien anbieten.
Mit Firmenzentralen in Paris und Boston verwaltete Natixis Global Asset Management per 30. Juni 2013 ein Anlagevolumen von 602,5 Milliarden Euro(2). Natixis Global Asset Management gehört zu Natixis, einer in Paris börsennotierten Tochtergesellschaft von BPCE, der zweitgrössten Bankengruppe Frankreichs. Zu Natixis Global Asset Management gehören unter anderem folgende sogenannte Boutiquen: Absolute Asia Asset Management, AEW Capital Management, AEW Europe, AlphaSimplex Group, Aurora Investment Management, Capital Growth Management, Caspian Private Equity, Darius Capital Partners, Gateway Investment Advisers, H2O Asset Management, Hansberger Global Investors, Harris Associates, IDFC Asset Mangement Company, Loomis, Sayles & Company, Natixis Asset Management, Ossiam, Reich & Tang Asset Management, Snyder Capital Management, Vaughan Nelson Investment Management, und Vega Investment Managers. Weitere Informationen finden Sie unter www.ngam.natixis.com.
Zum weltweiten Vertriebsnetz von Natixis Global Asset Management gehört die NGAM S.A., eine durch die CSSF zugelassene Luxemburger Verwaltungsgesellschaft mit einer Zweigniederlassung in Deutschland, NGAM S.A. (HRB-Nummer 88541, Im Trutz Frankfurt 55, Westend Carrée, 7. Stock, 60322 Frankfurt am Main).