Während der globalen Finanzkrise hatten sich die Schwellenländermärkte noch als widerstandsfähig erwiesen, allen voran die BRIC-Staaten, die jahrelang als Wachstumsmotor der Weltwirtschaft galten. In diesem Jahr waren die Anleger allerdings von der anhaltend schwachen Entwicklung der Emerging Markets enttäuscht: So wurden Aktien, Anleihen und Währungen aus den Schwellenländern im zweiten und dritten Quartal 2013 von einer heftigen Verkaufswelle erfasst. Diese setzte ein, nachdem die US-Notenbank angedeutet hatte, ihre konjunkturfördernden Anleihenkäufe in Höhe von monatlich 85 Mrd. US-Dollar demnächst zurückzufahren oder sogar vollständig auslaufen zu lassen.
Zu Beginn des vierten Quartals 2013 beruhigte sich die Lage an den Märkten wieder etwas, nachdem klar geworden war, dass die quantitativen Lockerungsmaßnahmen vorerst unvermindert beibehalten werden. Allerdings stellt sich nach wie vor die Frage, was passiert, wenn die Regierung ihre Anleihenkäufe zurückfährt.
Im Folgenden erläutern die Schwellenländerexperten von Natixis Global Asset Management ihre Einschätzungen zu den möglichen Auslösern sowie den Auswirkungen der Verkaufswelle dieses Sommers. Darüber hinaus werfen sie einen Blick darauf, welche Anlagechancen sich derzeit für Investoren ergeben und wie sich Investments in den Schwellenländern künftig entwickeln könnten.
Jörg Knaf, Managing Director Northern Europe Natixis Global Asset Management
"Die Hausse auf den Aktienmärkten der Industrieländer ist ungebrochen, während die Schwellenländer in diesem Jahr den Kürzeren ziehen. Aber gerade jetzt sollten Anleger langsam einen Blick auf die aufstrebenden Märkte werfen. Denn nicht nur Aktien, sondern auch Unternehmensanleihen – insbesondere die mit guter Bonität – sind in Bezug auf die Industrieländer günstig bewertet."
Brigitte Le Bris, Leiterin globale Anleihen- und Devisenmärkte Abteilung für globale Schwellenländerinvestments, Natixis Asset Management
"Nachdem die US-Notenbank im Juni ihre Pläne für ein schrittweises Auslaufen ihrer quantitativen Lockerungspolitik bekannt gegeben hatte, setzte eine umfangreiche Verkaufswelle bei Privatanlegern in Bezug auf Fonds für Schwellenländeranleihen und -aktien ein. Verstärkt wurde dies durch die Sorge vor einem unerwartet deutlichen Konjunkturabschwung in den Schwellenländern China, Brasilien und Indien.
Staaten mit hohen Leistungsbilanzdefiziten wurden dabei besonders stark in Mitleidenschaft gezogen. So wurden die Währungen von Ländern wie Indonesien und Indien um bis zu 20 % abgewertet. Darüber hinaus haben sich die Zinsdifferenzen dieser Schwellenländer-Anleihen von vormals 270 Basispunkten von Mai bis Mitte Juni auf 375 Basispunkte ausgeweitet.
Nach unserer Auffassung reagierten die Investoren damit auf Meldungen über ein bevorstehendes Tapering der US-Notenbank, als wäre die starke Performance von Schwellenländeranleihen der letzten drei Jahre nur eine Folge der ultralockeren US-Fiskalpolitik und der Finanzspritzen. Diese wurden im Rahmen des „Quantitative Easing“ (QE) in die Märkte gepumpt. Doch haben plötzlich Anleger den wirtschaftlichen Aufschwung, den wir derzeit in vielen Schwellenländern beobachten können, ignoriert. So ist beispielsweise das Wirtschaftswachstum in den Schwellenländern momentan doppelt so hoch wie in den Industriestaaten: Die Verschuldung ist jedoch, bezogen auf das BIP, dort um die Hälfte niedriger als in den etablierten Volkswirtschaften. Auch die Inflation ist unter Kontrolle.
Zudem verfügen die meisten dieser Länder über umfangreiche ausländische Devisenreserven und haben deshalb nun mehr Spielraum, um auf Mittelabflüsse umgehend reagieren zu können.
Wegen dieser Überreaktion der Investoren haben sich nach unserer Einschätzung aussichtsreiche Anlagechancen eröffnet: Wir halten derzeit Hochzinsanleihen der Schwellenländer für attraktiv, weil diese Papiere bei steigenden US-Zinsen für Anleger einen gewissen Puffer bieten dürften. Darüber hinaus werden aber auch einige Frontier-Märkte, wie etwa die afrikanischen Länder südlich der Sahara, für uns immer interessanter. Außerdem gefallen uns Staaten wie Mexiko, in denen zurzeit Reformen vorangetrieben werden. Wir setzen sowohl auf die mexikanische Währung als auch auf die lokalen Zinsmärkte Mexikos.
Unser Team erwartet, dass sich der Ausstieg aus der quantitativen Lockerungspolitik als langwieriger Prozess erweisen wird: Die Auswirkungen auf die Verzinsung von US-Staatsanleihen sind jedoch bereits größtenteils berücksichtigt worden. Vielmehr halten viele Experten das Problem der US-Schuldenobergrenze für die derzeit größte Herausforderung. In diesem Zusammenhang hat man für den Moment zwar eine Lösung gefunden, doch bereits im Februar 2014 könnten neue Verhandlungsrunden anstehen. Dadurch könnten die US-Staatsanleihen unter Druck geraten. Ironischerweise dürfte dies jedoch Anleihen aus den Schwellenländern zugutekommen, weil diese Staaten wesentlich geringer verschuldet sind als die Industrienationen.
Angesichts dieses sich verändernden Marktumfelds wird bei der Einzeltitelauswahl künftig ein hohes Maß an Selektivität notwendig sein. Schwellenländeranleihen können mittlerweile nicht mehr als „großes Ganzes“ betrachtet werden. Vielmehr sollten Anleger genau unterscheiden zwischen preiswert und teuer bewerteten Emittenten: Aber ist dies nicht auch charakteristisch für einen wirklich reifen Markt?"
Peter Marber, Leiter Schwellenländermärkte Loomis, Sayles & Company
"Besonders interessant finden wir die Tatsache, dass diese Märkte nicht wegen einer Krise in den Schwellenländern eine so schwache Performance gezeigt haben. Ursache hierfür waren vielmehr die Sorgen der Investoren vor möglichen negativen Folgen eines Endes der quantitativen Lockerung in den USA sowie vor steigenden Zinsen.
Vor allem die US-Zinsen sind über die gesamte Zinskurve hinweg zuletzt um etwa 100 Basispunkte nach oben geklettert. Gleichzeitig haben sich auch die Zinsdifferenzen von Schwellenländeranleihen um rund 100 Basispunkte ausgeweitet.
Value-Anlagechancen an den Schwellenländermärkten Wir halten derzeit die Schwellenländer-Unternehmensanleihen für besonders aussichtsreich. Dabei handelt es sich um in US-Dollar emittierte Anlageinstrumente, die im Vergleich zu ähnlichen US-Industriepapieren hohe Renditen abwerfen und deshalb momentan sehr attraktiv sind.
Mit Blick auf das vierte Quartal 2013 gehen wir davon aus, dass die Renditen von Unternehmensanleihen mit Investmentgrade aus den Schwellenländern etwa 105 bis 110 Basispunkte über denen ihrer US-Pendants liegen. Nehmen wir beispielsweise das als „BB“ eingestufte Segment des Anleihenmarktes. Dort erhält man aktuell Zusatzrenditen von ungefähr 110 Basispunkten. Da die Anleger in den letzten Monaten aber verstärkt in „B“-geratete US-Hochzinspapiere investiert haben, sind die Zinsdifferenzen derzeit wirklich sehr eng. Deshalb beträgt die Zusatzrendite von „B“-Anleihen gegenüber US-Staatspapieren momentan lediglich rund 520 Basispunkte. An den Schwellenländermärkten liegt diese Renditedifferenz hingegen bei über 750 Basispunkten. Und wenn man diesen Vergleich auf einzelne Titel herunterbricht, ist der Unterschied teilweise sogar noch größer.
Die „Globalisierung“ auf Portfolioebene
Darüber hinaus bieten Schwellenländerinvestments für Unternehmen auch die Chance, die Anleihenkomponente ihres Portfolios noch globaler auszurichten. Mit Anlagen in Schwellenländeranleihen kann der Investor seine Abhängigkeit vom US-Kreditzyklus deutlich reduzieren. Stattdessen kann man Dutzende unterschiedlicher Volkswirtschaften – vom Mittleren Osten und Afrika über Asien und Lateinamerika bis hin zu den Staaten der ehemaligen Sowjetunion – in sein Portfolio integrieren.
Es bedarf allerdings einer intensiveren Due Diligence und eines gründlicheren Researchs, als es etwa bei der Auswahl von US-Anleihen erforderlich wäre, um die Anlagechancen an diesen Märkten wirklich effektiv nutzen zu können."
Kalpen Parekh, CEO, IDFC Asset Management
"Der Aktienmarkt Indiens – des nach den USA und China kürzlich zur drittgrößten Volkswirtschaft der Welt aufgestiegenen Landes – war im Jahr 2013 sehr volatil. Die deutlichsten Auswirkungen hatten die US-Pläne zum Ausstieg aus der quantitativen Lockerungspolitik aber auf die indische Währung.
Indien weist aufgrund seiner Wachstumskonjunktur bereits seit unzähligen Jahren Haushaltsdefizite auf. Deshalb hat das geplante Ende von QE seitens der Fed auch die Frage aufgeworfen, ob Indien in der Lage sei, sein Leistungsbilanzdefizit zu finanzieren. In der Folge wurde die indische Rupie in diesem Sommer um fast 18 % abgewertet. Im September konnte sich die Währung dann aber wieder stabilisieren und bis Anfang Oktober rund 10 % zulegen.
Allerdings musste die Reserve Bank of India die Zinsen anheben, um die Rupie zu stützen. Dadurch hat die Reserve Bank of India die Liquidität verknappt, sodass die Geldmarktzinsen um etwa 300 Basispunkte nach oben geklettert sind. Dies hat dazu geführt, dass eine einjährige Bankeinlage momentan eine Rendite von 10 % abwirft. Gleichzeitig sind die Renditen von Staatsanleihen mit langen Laufzeiten um 200 Basispunkte angestiegen.
Haben diese Wertschwankungen Anlagechancen eröffnet?
Aufgrund der günstigen Bewertungen bietet der Aktienmarkt in Indien viele Anlagechancen. Dies gilt insbesondere für langfristig ausgerichtete Investoren, die selbst in Zeiten wie diesen bereit sind, ihre Portfolios aufzustocken.
Nach der ausgeprägten Korrekturphase, die Small-Cap-Aktien in den letzten Monaten verzeichnet haben, ist dieses Marktsegment zurzeit besonders attraktiv bewertet. In den ersten fünf Jahren des indischen Haussemarktes, der in den Jahren 2003 und 2004 eingesetzt hat, legte der indische Small-Cap-Index rund 15 % zu, während der Index für Large Caps lediglich 7 % hinzugewann. In den letzten fünf Jahren hat sich dieses Bild jedoch grundlegend verändert. So haben sich nicht nur die beiden Indizes einander angenähert, sondern die Small-Cap-Benchmark tendiert mittlerweile auch schwächer als der Index für Large Caps. Innerhalb der Realwirtschaft führt dies in erster Linie dazu, dass kleinere Unternehmen ins Straucheln geraten, weil das Wachstum nachlässt, während die Zinsen in den letzten Jahren gleichzeitig angestiegen sind. Dies wiederum hat eine ausgeprägte Konsolidierung auf volkswirtschaftlicher Ebene zur Folge. Diese Konsolidierung spiegelt sich inzwischen aber auch in den Kursen von Small-Cap-Aktien wider. Deshalb erkennen wir für langfristig orientierte Anleger hier momentan eine Vielzahl von Anlagechancen.
Welche Folgen könnte eine Beendigung der QE-Maßnahmen für Indien haben?
Die Weltwirtschaft muss künftig mit weniger Liquidität auskommen, weil Kapital weiter knapp bleiben wird. Wir sind jedoch der Meinung, dass sich Indien momentan bereits auf ein solches Umfeld vorbereitet. Ebenso wie schon in den letzten Jahren erkennt man zurzeit besonders deutlich, welche Folgen der Entzug von Liquidität aus dem Bankensystem hat. Deshalb gehen wir davon aus, dass die Unternehmen ihre Effizienz steigern müssen, um mit dieser Verknappung von Kapital fertigzuwerden."
Über Natixis Global Asset Management, S.A.
Natixis Global Asset Management, S.A., zählt – bezogen auf das verwaltete Vermögen – zu den 15 größten Vermögensverwaltern weltweit.1 Seine verbundenen Vermögensverwaltungsgesellschaften offerieren Anlageprodukte, die darauf abzielen, das Vermögen und die Altersvorsorgeanlagen institutioneller und privater Anleger zu vergrößern und zu schützen. Über sein unternehmenseigenes Vertriebsnetz werden Produkte seiner verbundenen Unternehmen weltweit gebündelt und vertrieben. Natixis Global Asset Management vereint das Fachwissen mehrerer spezialisierter, in Europa, den Vereinigten Staaten und Asien ansässiger Anlageverwalter, die ein breites Spektrum an Aktien-, Renten- und alternativen Anlagestrategien anbieten.
Mit Firmenzentralen in Paris und Boston verwaltete Natixis Global Asset Management verwaltet zum 30. September 2013 ein Vermögen von insgesamt 883 Milliarden USD (619 Milliarden EUR).
Natixis Global Asset Management gehört zu Natixis, einer in Paris börsennotierten Tochtergesellschaftvon BPCE, der zweitgrößten Bankengruppe Frankreichs. Zu Natixis Global Asset Management gehören unter anderem folgende sogenannte Boutiquen: Absolute Asia Asset Management, AEW Capital Management, AEW Europe, AlphaSimplex Group, Aurora Investment Management, Capital Growth Management, Caspian Private Equity, Darius Capital Partners, Gateway Investment Advisers, H2O Asset Management, Hansberger Global Investors, Harris Associates, IDFC Asset Management Company, Loomis, Sayles & Company, Natixis Asset Management, Ossiam, Reich & Tang Asset Management, Snyder Capital Management, Vaughan Nelson Investment Management und Vega Investment Managers. Weitere Informationen finden Sie unter www.ngam.natixis.com.
Zum weltweiten Vertriebsnetz von Natixis Global Asset Management gehört die NGAM S.A., eine durch die CSSF zugelassene Luxemburger Verwaltungsgesellschaft mit einer Zweigniederlassung in Deutschland (HRB-Nummer 88541, Im Trutz Frankfurt 55, WestendCarree, 7. Stock, 60322 Frankfurt am Main).
Die hier genannten Informationen sind ausschließlich zu Informationszwecken publiziert und beinhalten kein Angebot für Finanzdienstleistungen oder Anlageberatung.
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1Cerulli Quantitative Update: Global Markets 2012 ranked Natixis Global Asset Management, S.A. as the 13th largest asset manager in the world based on assets under management as of December 31, 2011.
2Assets under management (AUM) may include assets for which non-regulatory AUM services are provided. Non-regulatory AUM includes assets which do not fall within the SEC’s definition of ‘regulatory AUM’ in Form ADV, Part 1.