Notenbanken und die Definition von „Irrsinn“

Ein Exklusiv-Kommentar von David Lafferty, Chefstratege bei Natixis Global AM: "Es wird häufig behauptet, dass derjenige verrückt ist, der immer wieder das Gleiche tut und dabei jeweils andere Ergebnisse erwartet. Offenbar haben die Notenbanker diesen Schluss für sich bisher aber nicht ziehen können – oder wollen." Natixis Investment Managers | 26.09.2016 16:19 Uhr
David Lafferty, Chefstratege, Natixis Global AM / ©  Natixis AM
David Lafferty, Chefstratege, Natixis Global AM / © Natixis AM
Archiv-Beitrag: Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

"Seit dem Höhepunkt der Finanzkrise des Jahres 2008 haben die geldmarktpolitischen Entscheidungsträger weltweit alle Hebel in Bewegung gesetzt, um eine Katastrophe abzuwenden. Zu diesen Aktivitäten zählten niedrige Zinsen / eine Nullzinspolitik / negative Zinsen, Signale zur zukünftigen Tendenz der Geldmarktpolitik („Forward Guidance“), die sogenannte „Operation Twist“, quantitative Lockerungsmaßnahmen, Kreditfinanzierungsprogramme sowie zuletzt die Aussicht auf „Helikopter-Geld“. 

Zweifellos verdienen die Notenbanken Lob für ihre kreativen Denkansätze und ihren flexiblen Einsatz monetärer Instrumente, zu denen sie gegriffen haben, als die Weltwirtschaft auf lebenserhaltende Maßnahmen angewiesen war. Obwohl sich dies unmöglich beweisen lässt, hätte alles nämlich durchaus noch viel schlimmer kommen können, wenn die Währungshüter nicht so entschlossen eingegriffen hätten. Sei es nun die sogenannte „Maximale Einsatz“-Strategie der Bank of Japan, die Aussage „Koste es, was es wolle“ von Mario Draghi oder das „gütliche Zureden“ der US-Notenbank – all diese außergewöhnlichen Maßnahmen hatten eine klare Botschaft. Eine Botschaft, die deutlich genug war, um in Zeiten größter Not einen Stimmungsumschwung herbeizuführen. 

Was kommt eigentlich nach „außergewöhnlich“? 

Mittlerweile könnte eben diese Botschaft aber mehr Schaden anrichten als Gutes bewirken. Obwohl die Erholungs- bzw. Wachstumstendenz der Weltwirtschaft nach wie vor lediglich schleppend verläuft, hält sie seit nunmehr acht Jahren an. Angesichts eines solchen Umfelds scheinen außergewöhnliche geldmarktpolitische Maßnahmen zu einer Weltwirtschaft, die zwar nur langsam wächst, aber wohl kaum noch in der Krise steckt, nicht mehr so recht zu passen. Zwar verstehen Verbraucher und Unternehmen die technischen Feinheiten von negativen Zinsen oder des „Helikopter-Geldes“ nicht, wissen aber, dass derart extreme monetäre Maßnahmen eigentlich auch nur bei extrem schlechten Aussichten gerechtfertigt sein können. Und eben dieses Missverständnis hält die Verbraucher von den Einkaufszentren fern, während es auch die CEOs der Unternehmen nicht gerade dazu ermutigt, in Kapitalprojekte zu investieren. Nach nunmehr acht Jahren wird die Zuversicht also durch dieselben Strategien belastet, die sie in der Vergangenheit gestützt haben. Dadurch aber werden die positiven Effekte, welche die niedrigen Zinsen eigentlich zur Folge haben sollten, verwässert oder möglicherweise sogar zunichte gemacht. 

Die Nebenwirkungen 

Wenn die außergewöhnlichen monetären Maßnahmen die Vertrauenslage inzwischen aber wirklich trüben, wäre es dann nicht an der Zeit für einen Richtungswechsel? Allerdings brächte eine Normalisierung der Geldmarktpolitik natürlich ihre ganz eigenen Risiken mit sich. So könnten steigende Zinsen oder eine Beendigung der Wertpapierkäufe die Weltwirtschaft noch weiter bremsen und vielleicht sogar die nächste Rezession auslösen. 

Obwohl wir uns dieser Gefahr bewusst sind, sind die Notenbanken unserer Meinung nach jedoch mittlerweile an einem Wendepunkt angelangt, an dem die negativen Nebenwirkungen außergewöhnlicher geldmarktpolitischer Maßnahmen deren zusehends schwindende Vorzüge überwiegen. 

Zu diesen Nebenwirkungen gehören: 

1.) Eine größere Wahrscheinlichkeit dafür, dass sich Asset-Blasen bilden

2.) Steigende Verbindlichkeiten sowie ein immer größerer Bilanzdruck bei Banken, Versicherern und Pensionskassen

3.) Eine stärkere Tendenz hin zu höheren Sparraten, da der Einzelne mehr zurücklegen muss, um so die niedrigeren Zinsen auszugleichen

4.) Sinkende Zinserträge, mit denen die riesige „Baby Boomer“-Generation aber eigentlich ihre Ausgaben finanzieren muss

5.) Der Verlust von Wettbewerbsfähigkeit und Effizienz, weil die „unnatürlich“ niedrigen Zinsen sogenannten „Zombie-Firmen“ die Möglichkeiten geben, praktisch ewig zu überleben

6.) Eine willkommene Ausrede für andere politische Entscheidungsträger, um sich vor ihrer wahren Verantwortung, Strukturreformen umzusetzen und fiskalische Ankurbelungsmaßnahmen zu ergreifen, zu drücken

Natürlich fordert niemand eine aggressive Verschärfung des monetären Umfelds. Vielmehr geht es darum, sozusagen die „Alarmstufe Rot“ in Form einer ultra-lockeren Geldmarktpolitik zu beenden, die in den letzten Jahren nur wenig dazu beigetragen hat, das Wachstum anzukurbeln. Darüber hinaus muss man sich auch vor Augen führen, dass die Voraussetzungen nicht für alle Notenbanken gleich sind. So befinden sich die einzelnen Länder und Regionen derzeit in ganz unterschiedlichen Stadien des Zyklus. Deshalb wird jede einzelne Notenbank auch die möglichen Folgen einer monetären Verschärfung für die eigene Volkswirtschaft ganz genau abwägen müssen. In den USA verfügt die Fed dank eines etwas kräftigeren Wachstums sowie wegen einer höheren Inflation dabei aber über einen größeren Handlungsspielraum als viele andere Notenbanken weltweit. Obwohl der Offenmarktausschuss der Fed die Zinsen in dieser Woche wohl noch nicht anheben wird, bietet die anstehende Sitzung jedoch eine gute Gelegenheit, eine Exit-Strategie vorzustellen, die das Vertrauen der Märkte stärkt."

David Lafferty, Chefstratege, Natixis Global AM

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