Die Gesamtbewertung für jedes Land beruht auf den Daten von vier Sub-Indizes. Während Deutschland beim Sub-Index Gesundheit gegenüber dem Vorjahr unverändert gute Ergebnisse aufweist, verbesserten sich die Werte in den Bereichen Lebensqualität und materielle Sicherheit leicht. Deutlich bergab ging es allerdings beim Sub-Index „Finanzielle Rahmenbedingungen“. Dieser berücksichtigt verschiedene für die finanzielle Alterssicherung relevante Faktoren. Im vergangenen Jahr hatte Deutschland hier mit Platz 21 noch im Mittelfeld gelegen. In der aktuellen Studie kommt die Bundesrepublik nur noch auf Platz 34 und landet damit im unteren Drittel.
„Das Thema Finanzen wird für deutsche Ruheständler zunehmend zu einer echten Herausforderung“, sagte Sebastian Römer, verantwortlich für das Geschäft von Natixis Investment Managers in Zentral- und Osteuropa. „Insbesondere das gegenwärtige Niedrigzinsumfeld erschwert nicht nur die Vorsorge, sondern tangiert auch die Fähigkeit, im Alter auskömmlich von den angesparten Kapitalstöcken leben zu können.“ Gestützt wird diese Einschätzung durch einen Blick auf das Prüfungsfeld der Realzinsen. In dieser Bewertungskategorie erreicht Deutschland in diesem Jahr nur einen von insgesamt 100 möglichen Punkten.
Gegenüber dem Vorjahr haben sich auch die Werte in der Kategorie Steuerbelastung verschlechtert. In der aktuellen Untersuchung erreichte Deutschland in diesem Bereich nur 24 von 100 möglichen Punkten. Bewertet wurde die Höhe des gesamten Steueraufkommens im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt. „Ein schlechtes Ergebnis heißt, dass den Menschen netto weniger Geld für die finanzielle Altersvorsorge zur Verfügung steht. Zudem wird das Alterseinkommen durch eine hohe Steuerlast grundsätzlich negativ beeinflusst“, erklärte Römer. Im Rahmen des Sub-Index „Finanzielle Rahmenbedingungen“ wurde auch der sogenannte Altenquotient berücksichtigt. Dieser bemisst das Verhältnis von Ruheständlern gegenüber Menschen im arbeitsfähigen Alter. Ein hoher Prozentwert bedeutet einen hohen Anteil an über 65-Jährigen gegenüber jüngeren Altersgruppen. Mit 32,5 Prozent weist Deutschland zum zweiten Mal in Folge den fünftschlechtesten Wert aller untersuchten Länder auf. „Eine solche Entwicklung beeinträchtigt langfristig die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft und die Stabilität der Sozialsysteme“, so Sebastian Römer.
Nur zwei Staaten der Eurozone unter den Top 10
Angeführt wird die Liste der Länder mit der höchsten Ruhestandsqualität von der Schweiz, gefolgt von Island und Norwegen. Bis auf Australien, Neuseeland und Kanada stammen alle in den Top 10 enthaltenen Staaten aus Westeuropa. Mit Irland und den Niederlanden haben es allerdings nur zwei Staaten der Eurozone in die Spitzengruppe geschafft. Auf den Plätzen 10 bis 15 rangieren Luxemburg, Finnland, Deutschland, Österreich und die Tschechische Republik. Die Vereinigten Staaten rangieren auf Platz 16. Die Schlusslichter bilden Griechenland, Brasilien und Indien.
Fünf große Risiken bedrohen den Wohlstand im Alter
Die demografische Entwicklung galt lange Zeit als die zentrale Herausforderung der Alterssicherung. Daran hat sich nach Ansicht der Studienautoren nichts geändert. Die Überalterung von Gesellschaften stelle nach wie vor ein hohes Risiko für die Sicherung der Sozialsysteme und die Lebensqualität im Alter dar. Gleiches gelte für die Staatsverschuldung, die in zahlreichen Staaten der Welt nach wie vor zu hoch sei. Angesichts weiterhin rekordhoher Schuldenstände blieben Ausgaben im sozialen Sektor unter Druck und beeinträchtigen den Wohlstand von Ruheständlern. Als weiterer Risikofaktor sei im Zuge der Bewältigung der Finanzkrise die Niedrigzinspolitik der Zentralbanken hinzugekommen. Diese nun bereits ein Jahrzehnt andauernde Politik habe immense Auswirkung auf die Situation von Ruheständlern. Pensionskassen und Versorgungseinrichtungen hätten erhebliche Schwierigkeiten die für ihre Zusagen erforderlichen Renditen zu erwirtschaften. Auch die private Vorsorge ist tangiert. Die Bildung von Altersrücklagen sei erschwert und könne nur noch unter Inkaufnahme eines höheren Risikos erreicht werden. Ruheständler, die von ihren Altersrücklagen leben möchten, erlitten durch das Niedrigzinsumfeld Einbußen.
Finanzielle Risiken ergeben sich für die Studienautoren auch aus dem Klimawandel. Denn der Anstieg des Meeres und die Zunahme von extremen Wettereignissen wie Flut oder Dürre führen nicht selten zu existentiellen Herausforderungen, zum Beispiel für Menschen in küsten- oder flussnahen Bereichen. Diese könnten unter anderem mit einer deutlichen Erhöhung von Versicherungspolicen oder mit einem erheblichen Wertverlust ihrer Immobilien einhergehen. Als fünften Risikofaktoren machen die Autoren die steigenden Gesundheitskosten aus. Im Zuge der erhöhten Langlebigkeit der Menschen stiegen zwangsläufig auch die Aufwendungen für Gesundheitsleistungen im Alter. In diesem Zusammenhang weisen sie darauf hin, dass dieser Trend in allen OECD-Staaten schon seit längerem zu beobachten sei. Schätzungen der OECD zufolge würde der Anteil der Gesundheitskosten am Bruttoinlandsprodukt von derzeit sechs auf neun Prozent im Jahre 2030 steigen.
Was Anleger tun können
Die Bürger eines Landes können auf die wirtschaftlichen und finanzpolitischen Rahmenbedingungen nur mäßig Einfluss nehmen. Sie sind jedoch in der Lage, ihre Anlagestrategien an die Herausforderungen anzupassen. “Aus Sicht von Natixis Investment Managers kommt es vor allem drauf an, Portfolios breiter aufzustellen und dabei verschiedene, auch alternative Renditequellen zu nutzen”, sagte Römer. Unterschiedliche Anlageklassen und Investmentstile sollten ohne Vorbehalte auf ihre Tauglichkeit für die individuellen Anlageziele geprüft werden. “Eine Anlagepolitik mit Scheuklappen kann nicht zum Erfolg führen”, so Römer.
Dabei sieht Römer die Finanzbranche durchaus in der Pflicht. “Als Anbieter können wir zur Problemlösung beitragen, indem wir langfristige und risikoorientierte Portfolios anbieten, die sich nicht an einer kurzfristigen Performanceperspektive orientieren.” Der nur kurzfristige Blick sei mit der Gefahr verbunden, emotionale und falsche Investmententscheidungen zu treffen.
Alternative Investmentstrategien, die darauf ausrichtet sind, stabile Erträge in jeder Marktlage zu erzielen, seien ein wichtiges Instrument. “Sie verbessern die Diversifikation, verringern das Risiko und erschließen neue Renditequellen”, so Römer. Institutionelle Investoren würden diese Strategien bereits verstärkt anwenden. Nach einer Studie von Natixis Investment Managers (Global Survey of Institutional Investors, Natixis Investment Managers, 2017) nutzten bereits 71 Prozent von ihnen alternative Investments zur Diversifikation und Risikosteuerung.
Für Privatanleger könnte ein stärkes Angebot an ESG Investments, die ökologische, soziale und Kriterien der Unternehmensführung berücksichtigen nach Ansicht von Natixis Investment Managers die Altersvorsogre attraktiver machen. Dies gelte besonders mit Blick auf jüngere Sparer. “Einer Studie unseres Hauses zufolge würden 71 Prozent der sogenannten Millenials stärker sparen, wenn sie mit ihren Investments ESG Ziele unterstützen können”, sagte Römer.