Kinofans mit einem Faible für Monty Python werden sich an die Szene erinnern, in der König Artus mit seinen treuen Gefolgsleuten im Wald dem Anführer der Ritter vom „Ni“ begegnet. Dieser verspricht, sie passieren zu lassen, sofern sie den mächtigsten Baum im Wald mit einem Hering fällen. Auch der Brexit erinnert an einen solchen typisch englischen skurrilen Gag. Der Tag, an dem die britische Regierungschefin Theresa May ankündigt, zu einer Einigung mit der Europäischen Union bezüglich des Brexit gefunden zu haben, treten ihre Minister reihenweise zurück. May steht eine hitzige Parlamentsdebatte mit ungewissem Ausgang bevor, und selbst in ihrer eigenen Partei wird eifrig an ihrem Stuhl gesägt.
Den Europäern ist es gelungen, ihre wichtigsten Verhandlungsziele zu verteidigen und während der gesamten Dauer der Gespräche die Oberhand zu behalten. Auch der Gedanke, der europäische Verhandlungsführer könnte mit dem nun vorgestellten Vertragsentwurf eine Kabinettsumbildung oder Neuwahlen forcieren wollen, die auf ein zweites Referendum mit besseren Vorzeichen für ein Ja zum Verbleib in der Union hinauslaufen könnten, ist nicht ganz abwegig. In jedem Fall ist ein Brexit, der den Briten nur Vorteile beschert, mit der Suche nach dem heiligen Gral vergleichbar: Was auf der Kinoleinwand gelingen mag, ist im realen Leben zum Scheitern verurteilt.
Jene, die dem Volk einen reibungslosen und rentierlichen Ausstieg versprachen, haben gelogen. Eine Zollunion zu verlassen, wie sie von Europa in geduldiger Kleinarbeit aufgebaut wurde, ist weder einfach noch finanziell vorteilhaft, zumindest nicht auf kurze Sicht. Vor allem handelt es sich um ein denkbar komplexes Verfahren, da die beiden Verhandlungsparteien letztlich in einem asymmetrischen Kräfteverhältnis zueinander stehen. Mehr denn je erscheint das Vereinigte Königreich gespalten: Die schottische Bevölkerung (oder zumindest Teile davon) strebt ein zweites Mal nach Unabhängigkeit, die Nordiren zeigen sich unzufrieden über das getroffene Zollabkommen, und die Engländer können sich noch immer nicht auf den weiteren Kurs einigen. Klar ist, dass es für die Hardliner unter den Austrittswilligen keine annehmbare Lösung geben konnte, wollten sie doch sämtliche Vorteile Europas zum Nulltarif.
So hat der Brexit Unruhe an die Märkte zurückkehren lassen, trotz des erhofften BIP-Anstiegs im vierten Quartal insbesondere in Europa. Die Liquidität verdient nach dem schlechten Abschneiden in diesem Jahr 2018 bis zum Jahresende genaue Beobachtung, zumal europäische Aktien in 35 der vergangenen 36 Wochen Kapitalabflüsse erlitten. Und auch in den Vereinigten Staaten schrillen die Alarmglocken, seitdem das Volumen der hochriskanten „Leveraged Loans“ auf über eine Billion Dollar angeschwollen ist.
Igor de Maack, Fondsmanager, DNCA