Die fröhliche Vielstimmigkeit, mit der die Briten Jahrzehnte lang ihre Inselmentalität und ihre antikontinentalen und euroskeptischen Instinkte gepflegt haben, ist den schrillen Tönen einer düsteren Kakophonie gewichen – von feiner englischer Art keine Spur mehr. Indes hatten sich die Märkte auf die Ablehnung des von der Regierung ausgehandelten Abkommens durch das Parlament eingestellt. An die Brexit-Mär scheinen die Anleger immer weniger zu glauben. Eines liegt nach drei Jahren auf der Hand: Ein Austritt aus der Europäischen Union ist komplex und teuer, was den Briten erst jetzt bewusst wird. Theresa May, die versucht, sämtliche Schattierungen des politischen Spektrums Großbritanniens und Nordirlands auf einen Nenner zu bringen, sei dieses berühmte Zitat Winston Churchills ans Herz gelegt: „Appeasement heißt, ein Krokodil zu füttern und dabei zu hoffen, dass es einen zuletzt frisst.“ Wobei in Mays Fall die Gefahr groß ist, dass der Brexit sie letztlich verschlingt. Noch steuert das Vereinigte Königreich auf einen Austritt am 29. März zu, doch niemand wagt sich vorzustellen, dass das interne politische Patt tatsächlich auf einen „harten“ Brexit hinauslaufen wird.
Was die Handelsgespräche zwischen China und den USA betrifft, so legen die Pressemeldungen zunehmend eine Einigung nahe. Für die Märkte wäre dies ein Befreiungsschlag, was Donald Trump natürlich weiß. Er wird diesen Trumpf in vollem Bewusstsein seiner Macht ausspielen, wenn er ihn braucht. Bislang jedoch weist die amerikanische Wirtschaft trotz des längsten „Government Shutdown“ der Geschichte der Vereinigten Staaten ein solides Wachstum aus, während China vornehmlich über gezielte Steuersenkungen versucht, seine Konjunktur wieder anzukurbeln.
Bei Anleihen (einfachen und Wandelanleihen) schließlich hat sich der Primärmarkt in Europa mit Emissionen etwa von Telecom Italia, Fresenius und Takeaway wieder belebt. Es kehrt also wieder Gelassenheit ein, und auch der Anlegerappetit scheint neu geweckt: Das High-Yield-Segment verzeichnet (mit 2,8 Mrd. US-Dollar) die höchsten Zuflüsse seit April 2017.
Igor de Maack, Fondsmanager und Sprecher, DNCA