Erneut hat die Berichtssaison den Anlegern in der letzten Woche eine Reihe böser Überraschungen beschert, obwohl sie ohnehin nach den Kursgewinnen im Januar schon recht vorsichtig waren. Enttäuscht haben BNP Paribas, Société Générale, Tarkett und Publicis, wenngleich mit sehr unterschiedlichen Börsenschicksalen. Der Volatilitätsindex VIX hat ebenfalls leicht zugelegt, ohne jedoch in allzu gefährliche Höhen aufzusteigen.
Solange sich die Ängste vor einer starken Konjunkturabkühlung nicht zerstreuen, bleibt ein kräftiger und nachhaltiger Aufschwung der europäischen Aktienmärkte nur sehr schwer vorstellbar. Zu beachten ist indes, dass europäische Aktien letzte Woche zum ersten Mal seit 22 Wochen wieder Netto-Zuflüsse vermelden konnten (0,2 Mrd. US-Dollar).
Zugleich sendet Italien jedoch sowohl wirtschaftspolitisch als auch finanziell negative Signale aus. Der Spread zwischen italienischen Staatsanleihen (BTP) und deutschen Bundesanleihen beträgt derzeit 280 Basispunkte, liegt damit aber noch deutlich unter dem Rekordstand des vergangenen Jahres von 325 Basispunkten. Jüngst veröffentlichte korrigierte Schätzungen gehen für 2019 von einem nur schwachen Wachstum des italienischen BIP (+0,2 %) aus, wobei auch ein leichter BIP-Rückgang nicht ausgeschlossen wird. In diesem letzten Fall wäre dies die vierte Rezession seit der ersten Krise des Euroraums – eine in der Geschichte der Industrienationen beispiellose Entwicklung. Die populistischen Angriffe auf Europa haben nicht zum erhofften Ergebnis geführt. Im Haushaltsstreit musste Rom klein beigeben, und sowohl das Verbraucher- als auch das Industrievertrauen haben sich eingetrübt (wie übrigens in ganz Europa). Allerdings ist das Land mit einem ohnehin geringeren Wachstum und mit stärker strukturell bedingten Defiziten ins Rennen gestartet. Kurz: Italien könnte den Anlegern noch einigen Angstschweiß auf die Stirn treiben, was auch bereits seit letztem Freitag der Fall ist. All diese Unruhe droht die Rückkehr der Kapitalflüsse in Richtung Europa zumindest bei risikobehafteten Anlagen zu erschweren. Der populistische Diskurs aus Elitenschelte und radikalen Parolen trifft in Europa nun auf die ökonomische Realität. Seine Versprechen freilich verpflichten nur diejenigen, die ihnen Glauben schenken.
Igor de Maack, Fondsmanager und Sprecher, DNCA