Seit den jüngsten Ankündigungen der EZB kommen die Renditen zehnjähriger deutscher Bundesanleihen der Null-Linie gefährlich nahe. Scheinbar unaufhaltsam steuern die europäischen Volkswirtschaften auf das Syndrom der Japanisierung und damit auf die finanzielle Repression zu. Und so werden die Gläubiger ihre Rolle spielen müssen bei der Umverteilung, die von den Regierungen unter dem Druck populistischer Parteien oder den Drohungen quasi-aufständischer Bewegungen angestoßen wurde.
Allein in Frankreich sind derzeit 1.700 Milliarden Euro im System der Euro-Fonds angelegt, die weniger abwerfen, als die Inflation wieder aufzehrt. Der Löwenanteil fließt in (meist französische) Staatsanleihen. Diese haben durchaus ihre Vorzüge – vor allem in Zeiten höherer Zinsen, aber auch, weil sie eine Alternative zu aktuell unrentablen Geldmarktinstrumenten darstellen und eine per Gesetz (das sich allerdings ändern kann) festgeschriebene Kapitalgarantie bieten. Es stellt sich jedoch die Frage nach der Zukunft eines Sparsystems, das im Grunde lediglich einen klammen Staat finanziert und die Rente zum Dreh- und Angelpunkt für die Schaffung des Wohlstands der Nation erhebt. Das Verhalten des französischen Sparers offenbart nicht nur eine wunderliche Form von Patriotismus sowie eine gewisse Schizophrenie in Vermögensfragen, sondern steht auch in starkem Kontrast zur allgemeinen Meinung der Franzosen über ihre Regierenden. Die Börse ist das erste Opfer dieser panischen und paradoxen Bewegung.“
Dass die unnachgiebigen und mitunter extremen Visionen eines Donald Trumps oder Xi Jinpings auf die Sparer erschreckend wirken, ist nur verständlich. Nichtsdestotrotz setzt sich das weltweite Wachstum fort, und die Jahresberichte einer überwältigenden Mehrheit der Unternehmen künden mitnichten von einer baldigen Rezession. Die Franzosen wie auch die Europäer allgemein (die Kapitalabflüsse aus europäischen Aktien beliefen sich in der vergangenen Woche auf 3,1 Milliarden Dollar) haben die Börse also fürs Erste abgehakt. Wiederholt sich die Geschichte? Es war ein Franzose, der Anarchist Charles Gallo, der am 5. März 1886 versucht hatte, das Palais Brongniart, Sitz der Börse und Pariser Tempel des Kapitalismus, mit einer selbstgebastelten Bombe in die Luft zu sprengen.
Igor de Maack, Fondsmanager und Sprecher, DNCA