Botte: „Die Definition von Preisstabilität wird derzeit im EZB-Rat diskutiert. Es ist nicht ausgeschlossen, dass sich das Inflationsziel der EZB in ein symmetrisches Ziel von rund 2% ändert, ähnlich dem der Federal Reserve. Auf diese Weise wird die EZB angesichts der langen Zeit der niedrigen Inflation immer in der Lage sein, eine Lockerung der Politik zu rechtfertigen. Das versteckte Ziel ist wahrscheinlich, die Zahlungsfähigkeit der EU-Mitgliedstaaten zu gewährleisten, deren Haushaltsprobleme ansonsten die Stabilität der Währungsunion gefährden würden.
Die expansive Geldpolitik ist jedoch keineswegs risikolos. Die Politik der EZB ist nicht nur ineffizient, wenn es darum geht, die Preise zu erhöhen; sie belastet auch das Potenzialwachstum, indem sie die Umstrukturierung der Unternehmen verschiebt und eine produktive Ressourcenallokation verlangsamt. Wir gehen davon aus, dass die EZB die Zinssätze für Einlagenfazilitäten im September senken wird und im vierten Quartal bereit steht, ihre Ankäufe wieder aufzunehmen, einschließlich des Kaufs von unbesicherten Bankanleihen, falls erforderlich.
Die nächsten Schritte werden entscheidend von der Nachfrage der Banken beim kommenden TLTRO III abhängen. Sollten ungünstigere Konditionen zu einer geringeren Kreditnachfrage (und damit zu einer Schrumpfung der EZB-Bilanz) führen, dürfte der Euro tendenziell aufwerten. Die EZB kann dann geneigt sein, die Zinsen zu senken, zumal die TLTRO-III-Sätze auf die Einlagenzinsen indexiert sind (derzeit -0,40%). Die Befreiung von negativen Zinsen auf einen Teil der Bankreservebestände würde es der EZB ermöglichen, die Zinsen aggressiver zu senken. Tatsächlich schätzen die Märkte, dass es bis März 2020 eine Chance von 10% auf -0,80% Einlagenzinssatz gibt.“
Den kompletten Wochenbericht und die dazugehörigen Daten finden Sie im englischen Original des „Strategy Weekly“ aus dem zu Natixis Investment Managers gehörenden Hause Ostrum.