Für das letzte Jahr jedenfalls erwiesen sich die meisten Outlooks der großen internationalen Geldhäuser (Global Financial Institutions – GFI) schon mal als falsch: Nach den Prognosen der meisten Auguren sollte 2023 das Jahr der festverzinslichen Wertpapiere sein und das, in dem die Rezession endlich zuschlägt. Vieles von dem, was alle erwartet hatten, ist jedoch nicht eingetreten.
Die „Solutions Group“ von Natixis IM hat auch für 2024 wieder in einer Art „Meta Outlook“ die veröffentlichten Prognosen der GFI ausgewertet. Im Median zeigen sie einen vorsichtigen Optimismus, der durch die harten Lektionen der letzten Jahre gemildert wurde. Nur in zwei Anlageklassen sind die Strategen mehrheitlich untergewichtet: Bargeld und US-Hochzinsanleihen. Für noch aufschlussreicher hält Julien Dauchez, Head of Portfolio Consulting bei Natixis IM, jedoch, dass sie acht Anlageklassen neutral bewerten, was seit den Prognosen für 2020 nicht mehr der Fall war.
Auf makroökonomischer Ebene ist der Konsens unter den GFI-Berichten ziemlich stark. Während nur wenige eine harte Landung erwarten, rechnen die meisten nicht mit einem breit angelegten wirtschaftlichen Zusammenbruch. Aufgrund ihrer unerwartet robusten Entwicklung im Jahr 2023 gehen die meisten Analysten davon aus, dass die USA weiterhin die Weltwirtschaft anführen werden, während die meisten entwickelten Volkswirtschaften (insbesondere in Europa) eine Rezession nur knapp vermeiden dürften. An der Schwellenländerfront wird erwartet, dass Indien die Führung übernimmt, während viele davon ausgehen, dass China in eine "neue Normalität" mit geringerem Wachstum eintritt.
Die Mehrheit der 21 ausgewerteten Outlooks sieht in 2024 weiterhin eine gute Performance der US-amerikanischen Technologie-Mega-Caps. Für europäische Aktien sind hingegen nur zwei GFI übergewichtet.
Aber weil sie die Bewertungen in den USA für hoch halten, erwarten sie im Median auch für US-Aktien insgesamt in den nächsten fünf Jahren keine Outperformance mehr. So betonen praktisch alle, dass Qualität der Schlüssel zu einer erfolgreichen Aktienauswahl im derzeitigen wirtschaftlichen Umfeld sein dürfte.
Dauchez: „Eine Aussage, die wir als bärisches Signal deuten – vor allem, wenn man sie mit dem verbreiteten Hinweis auf die Bedeutung der Unternehmensgewinne und die hohe Streuung unter den Aktien kombiniert. Die GFIs bevorzugen deshalb Sektoren wie Versorger und Basiskonsumgüter, die tendenziell negativ mit den Zinsen korrelieren und oft als defensive Anlagen gelten.“
Festverzinsliche Anlagen bleiben auch zu Beginn des Jahres die bevorzugte Anlageklasse. Viele haben das Jahr 2023 als das Jahr der festverzinslichen Wertpapiere ausgerufen, und die Gründe für diese Ankündigung sind nicht verschwunden. Allerdings haben sich Anleihen über weite Strecken des Jahres nicht wie erwartet entwickelt. Angesichts der für 2024 erwarteten sinkenden Zinssätze erwarten die GFI, dass die Anleger Renditen aus Staatsanleihen erzielen werden, und viele wollen die Duration verlängern und hohe Cash-Positionen lieber früher als später abbauen. High Yield Bonds sind der Sektor, für den die GFIs insgesamt am pessimistischsten sind, insbesondere für US-Hochzinsanleihen.
Korrelationen sind nicht der einzige Grund, warum eine Diversifizierung erforderlich ist. Das Ende der Globalisierung und das Aufkommen einer multipolaren Welt (gekennzeichnet durch strategisches Reshoring und weit verbreiteten Protektionismus) wurde häufig als Grund für eine vorsichtige Haltung genannt, ebenso wie die Bedeutung der Demografie für die Gestaltung der Welt von morgen. Ebenso gibt es viele, die nach vier Jahrzehnten Neoliberalismus den Aufstieg des staatlich geförderten Kapitalismus, verkörpert durch den Inflation Reduction Act in den USA, als einen Trend sehen, der den Status quo auf unvorhersehbare Weise beenden könnte.