Russland stärkt die „BRICS“-Allianz und sucht – ebenso wie China und andere Schwellenländer – nach Alternativen zum Dollar. Der Yuan wird zunehmend als Zahlungsmittel genutzt und machte im Juli 2024 die Hälfte der russischen Außenhandelsgeschäfte aus. Der Yuan, inzwischen die viertwichtigste Währung im internationalen Zahlungsverkehr (4,7% laut Swift), gewinnt seit Mitte 2022 Marktanteile.
„Der Einsatz des Dollars als Waffe hat das Vertrauen in das internationale Währungssystem zerstört,“ schrieb Yu Yongding, ehemaliger Berater der People´s Bank of China, im Jahr 2023. Diese Entwicklung erinnert an de Gaulles Kritik vor 60 Jahren, als er den Goldstandard gegen den Dollar verteidigte. Auch heute steht Gold als Wertanlage zunehmend im Fokus und erreicht nahezu 2.800 US-Dollar. Der Goldpreis legte 2024 um 31% in Dollar zu. Diese physische Absicherung hat jedoch ihren Preis: Lager- und Finanzierungskosten können in schwächeren Jahren erheblich ins Gewicht fallen. Der Gold-Futures-Markt zeigt derzeit einen Ein-Jahres-Halteaufwand von über 4%, was auf weltweit steigende Zinssätze zurückzuführen ist.
Nach der überraschenden Zinssenkung der Fed um 50 Basispunkte im September erleben wir nun einen deutlichen Anstieg der Zinsen, besonders bei langfristigen US-Anleihen. Der EUROSTOXX 50, dessen Gewinne im dritten Quartal bei einigen Sektoren positiv überraschten, zeigt unterdessen nach wie vor Schwächen im Umsatzwachstum, das 3% unter den Erwartungen lag. Steigende Zinsen treffen die zinssensitiven Sektoren wie Immobilien und Luxusgüter hart.
Herausforderung für Gold und Zinssensitivität
Die Inflationserwartungen sind seit Mitte September um 30 Basispunkte gestiegen, aber die aktuellen Zinserhöhungen scheinen eine neue, strukturellere Phase anzudeuten: Der reale Kapitalzins steigt auf 1,9% für inflationsindexierte 10-jährige US-Anleihen und verschärft damit die Finanzierungsbedingungen. Historisch betrachtet müsste Gold unter diesen Bedingungen an Wert verlieren. Dennoch bleibt das Interesse an Gold hoch, da die US-Wahlen bevorstehen und zunehmende Defizite zu erwarten sind.
Diese Zunahme der US-Schuldenlast wirft Fragen zur langfristigen Stabilität auf. Der Schuldenberg ist seit 2020 um 30% gestiegen und erreicht nun 124% des BIP. Das Congressional Budget Office (CBO) prognostiziert bis 2053 einen Anstieg auf 192%. Internationale Ersparnisse und ein jährliches Leistungsbilanzdefizit von 1.000 Milliarden Dollar ermöglichen den USA, ihre Steuerlast niedrig zu halten und weiterhin stark in Wachstum zu investieren. Doch dieses „exorbitante Privileg“ des Dollar-Systems zeigt nun Risse, insbesondere am langen Ende der Renditekurve.
Der Dollar macht immer noch 40% der globalen Währungsreserven aus, und US-Aktienmärkte bleiben eine bevorzugte Anlageklasse. Doch langfristig steht die Frage im Raum, ob die strukturelle Abhängigkeit vom Dollar und der Zugang zu globalen Kapitalmärkten nachhaltig ist. Die Geschichte zeigt, dass jede Ära durch eine dominierende Währungs- und Wirtschaftsmacht geprägt war – von Venedig über das britische Pfund bis hin zum Dollar. Der Dollar könnte jedoch in absehbarer Zeit an Dominanz verlieren, wenn das internationale System in eine neue Phase eintritt.
Schulden- und Zinsspirale – Ein Punkt des Gleichgewichts?
Die USA sehen sich nicht nur einer wachsenden Schuldenlast gegenüber, sondern auch einer drohenden „Zinsspirale“: Ab 2027 sollen laut Congressional Budget Office 60% der Neuverschuldung zur Bedienung der Zinskosten verwendet werden. Das könnte der Wendepunkt sein. Die Höhe der Zinssätze könnte als Beschleuniger oder Bremse dieses Zeitpunkts wirken. Sollte die internationale Sparbereitschaft in US-Werte sinken, könnte dies die Balance des globalen Finanzsystems kippen.
Das mögliche Ende des derzeitigen Dollar-basierten Systems könnte sich schleichend, aber unaufhaltsam vollziehen – für Investoren, die nicht rechtzeitig Absicherungen wie Gold wählen, eine potenziell existenzielle Gefahr.
Von Thomas Planell, Porftoliomanager bei DNCA Invest