Noch vor Jahresende steht fest: Unternehmensanleihen gehören zu den großen Gewinnern 2024. Mit Rekordzuflüssen von 357 Milliarden US-Dollar bis Ende November hat diese Anlageklasse eine beeindruckende Performance hingelegt.
Attraktivität durch Rendite und Stabilität
Die Beliebtheit von Unternehmensanleihen erklärt sich durch das Verhältnis von Rendite und der Erwartung einer „sanften Landung“ der Wirtschaft. Laut der jüngsten Umfrage von Bank of America favorisieren 55% der Investoren dieses Szenario, das von einer begrenzten Ausfallquote bei Unternehmen mit soliden Bilanzen ausgeht. Die durchschnittliche Nettoverschuldung liegt bei Investment-Grade-Emittenten bei 2,1x EBITA. Langfristig beträgt die Ausfallquote bei IG-Anleihen nur 0,1%, bei High-Yield-Titeln 4%.
Mit einer durchschnittlichen Rendite von 3% in Europa bleibt Investment Grade (IG) insbesondere für Carry-Strategien attraktiv – vor allem angesichts erwarteter Zinssenkungen durch die Europäische Zentralbank. Marktprognosen gehen von einem Terminalzins von 1,75% bis Mitte 2025 aus. Der Chefvolkswirt der EZB, Philippe Lane, bekräftigte jüngst: „Die restriktive Wirkung der Zinsen ist weiterhin gegeben, aber wir müssen die Zinsen schrittweise senken. Eine zu lange restriktive Geldpolitik ist nicht sinnvoll.“
Spreads und Risiken nicht aus dem Blick verlieren
Trotz dieser positiven Rahmenbedingungen sollten Investoren die Risiken nicht unterschätzen. Die Spreads* von Unternehmensanleihen liegen aktuell mit 105 Basispunkten unter dem historischen Durchschnitt (10-Jahres-Bandbreite: 73–247bp). Solche engen Spreads können zwar über längere Phasen anhalten (wie 2004–2007 oder 1993–1998), sollten Investoren jedoch zu Vorsicht und opportunistischem Hedging anregen.
Darüber hinaus ist eine gezielte Auswahl entscheidend, um idiosynkratische Risiken zu vermeiden. Ein Beispiel ist Altice: Der Telekommunikationskonzern hat mit seinen Gläubigern einen Schuldenabbau verhandelt, da die Verschuldung von 24 Milliarden Euro in Relation zum erwarteten EBITDA von 3,35 Milliarden Euro (2024) erheblich ist.
Kontraste zu europäischen Aktien
Während Unternehmensanleihen die Anleger überzeugen, erweisen sich europäische Aktien 2024 als Verlierer. Die Abflüsse belaufen sich auf 61 Milliarden US-Dollar (14 Milliarden davon seit den US-Wahlen). Die historische Underperformance gegenüber dem S&P 500 – mit einem Rückstand von 20% – verdeutlicht die tiefe Enttäuschung. Eine vergleichbare Lücke gab es zuletzt 1976.
Die Bewertungen europäischer Aktien sind mittlerweile zwei Standardabweichungen unter ihrem langfristigen Durchschnitt im Vergleich zu den USA (sektorbereinigt). Dies macht sie zu einer typischen Kontra-Investition, insbesondere in einer Phase, in der der Präsident der Bundesbank eine Reform der deutschen Fiskalpolitik fordert.
Von Pierre Pincemaille, Portfoliomanager bei DNCA Invest
*Spreads: Renditedifferenz zwischen einer Unternehmensanleihe und Staatsanleihen.