Ob beim Kauf von Konsumprodukten oder beim Investieren: Wer über den Tellerrand hinausblickt und neueste Entwicklungen in seine Auswahl einbezieht, der trifft oft die bessere Wahl oder erzielt eine höhere Rendite. Das gilt auch für Gesundheitsinvestments. Wer hier ausschließlich auf etablierte Pharmaschwergewichte setzt, verpasst häufig Renditechancen, weil die Wachstumsmärkte der Zukunft breiter aufgestellt sind – geografisch wie auch sektorspezifisch.
Vor allem die Schwellenländer gewinnen sowohl als Absatzmärkte wie auch als Innovationszentren kontinuierlich an Bedeutung. Das gilt vor allem für Asien. Dort, aber auch in anderen Regionen, lauern dieselben Herausforderungen für die Gesundheitsversorgung wie in den Industriestaaten. Der wachsende Wohlstand führt bei Lebensstil und Ernährung zu negativen gesundheitlichen Auswirkungen. So lässt die rapide wachsende Zahl von Personen mit Übergewicht die Diabeteserkrankungen in die Höhe schnellen. Von den weltweit 400 Millionen Menschen, die von Diabetes betroffen sind, kommen 24% aus China und weitere 19% aus ASEAN-Staaten wie Malaysia oder Thailand. Zugleich steigt mit der zunehmenden Alterung der Bevölkerung auch die Zahl der Patienten mit Krebs-, Nerven- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Für die nationalen Gesundheitssysteme dieser Länder bedeutet dies dauerhaft steigende Kosten. Schließlich müssen immer mehr Personen Zugang zu einer effizienten und kostengünstigen Behandlung erhalten.
Noch bilden die westlichen Industriestaaten die größten Absatzmärkte für Medikamente. So entfielen vom Gesamtumsatz von USD 1.17 Bio. im Jahr 2017 35% auf Nordamerika, 23% auf Asien, Afrika und Australien sowie 12% auf Lateinamerika. Dieser Trend befindet sich jedoch im Umbruch, wie die Wachstumsziffern verdeutlichen. Während sich das jährliche Wachstum von Medikamenten in Nordamerika bei 3% eingependelt hat, hat sich die Nachfrage in Asien und Lateinamerika zuletzt auf Zuwachsraten von 12% beschleunigt. Eine wachsende Zahl an Gesundheitsfirmen kommt mittlerweile aus Schwellenländern. Generikahersteller, Pharma- und Biotechfirmen, Klinikbetreiber, medizinische Gerätehersteller oder IT-Anwendungen im Gesundheitsbereich – das Spektrum der aus Investorensicht spannenden Branchenvertreter wird immer breiter. Wer innovative Firmen aus Schwellenländern sucht, die in der Medikamentenentwicklung oder der Medizintechnik Akzente setzen, wird in erster Linie in Asien fündig.
China als weltweit zweitgrößter Pharmamarkt ist hier auf bestem Weg, sich zu einem global führenden Standort für die Arzneimittelforschung zu entwickeln. Von regulatorischer Seite wurde die Forschung und Entwicklung durch Fördergelder und steuerliche Begünstigung erleichtert. Zulassungsverfahren können schneller abgeschlossen werden und anders als in der Vergangenheit ist es erlaubt, dass die Ergebnisse von klinischen Studien einfließen, die im Ausland durchgeführt wurden. Zugleich hat sich der chinesische Markt für die Produkte von multinationalen Pharmakonzernen geöffnet. Diese wiederum gehen verstärkt Partnerschaften mit chinesischen Firmen ein, sei es zur kostengünstigen Produktion von Wirkstoffen oder, um innovative Arzneien zu entwickeln.
Die Fortschritte in China in den letzten Jahren sprechen für sich. Allein 2018 erhielten 37 neue Produkte grünes Licht von den Behörden. Aktuell befinden sich mehr als 800 Substanzen in der klinischen Entwicklung, darunter mehr als 250, die als Checkpointinhibitoren und zellbasierte Therapien in der Krebsmedizin zum Einsatz kommen sollen. Zugleich kann die chinesische Life-Science-Industrie leichter als in der Vergangenheit Kapital über die Finanzmärkte aufnehmen. Das gilt sowohl für die Venture-Capital-Industrie ebenso wie für Börsengänge: Neue Regularien erleichtern Biotechfirmen ein Listing an der Börse Hongkong.
Dr. Cyrill Zimmermann, Head Healthcare Funds & Mandates, Bellevue Asset Management