Im Oktober 2015 haben Investoren wieder in den “Risk On“ Modus geschaltet. Nachdem viele Aktienindizes am Ende des dritten Quartals 2015 an der Nulllinie angekommen waren haben sie im Oktober einen Großteil der Jahresperformance wieder aufgeholt. In den jeweiligen Währungen haben der norwegische Aktienindex ca. 5,8%, der schwedische OMX30 ca. 5,9%, der S&P500 ca. 9,0% sowie der DAX 11,55% zugelegt. Die skandinavischen Indizes sind auf Jahressicht komfortabel im Plus, wobei Norwegen deutlich hervor sticht.
Was sehen wir hier an den Aktienmärkten?
Sind Investoren nach wie vor von der alternativlosen Anlage in Aktien überzeugt? Oder ist es pure Verzweiflung auf der Suche nach Anlagen indem Kursrückgänge konsequent zu Käufen genutzt werden? Die Herausforderung für Investoren in einem seit Jahren andauernden Niedrigzinsumfeld ist, die Allokation so vorzunehmen, dass mit der Anlage zukünftige Erträge generiert werden. Zukünftige Erträge werden aber nur generiert wenn Volkswirtschaften und somit die Gewinnerwartungen der Unternehmen wachsen. Zentralbanken rund um den Globus versuchen seit der Finanzkrise 2008/2009 mit diversen geldpolitischen Programmen und einer massiven Ausweitung der Geldmenge die einzelnen Volkswirtschaften auf neue Wachstumspfade zu bringen.
Geldpolitik – ein ruinöser Wettbewerb
Wie in meinem letzten Artikel „Erwarten Sie das Unerwartete“ beschrieben verlieren Investoren mehr und mehr das Vertrauen in die Geldpolitik der Zentralbanken. Viele Marktteilnehmer und Ökonomen betrachten diese Form der Geldpolitik inzwischen als einen ruinösen Wettbewerb nach unten, einen Währungskrieg, in dem es viele Verlierer, aber wenige Gewinner gibt. Alle beteiligten Zentralbanken wollen die eigene Währungschwächen um im Export Wettbewerbsvorteile zu generieren. Zudem ist es erklärtes Ziel die Inflationsraten anzustoßen. Allerdings bewirken sinkende Rohstoffpreise derzeit das Gegenteil, in den wenigsten entwickelten Ländern ist Inflation aktuell ein Thema, deflationäre Tendenzen sind nicht zu übersehen. Ein netter Nebeneffekt ist, dass durch diese Maßnahmen die Refinanzierungskosten der verschuldeten Staaten sinken. Da aber die durch diese Maßnahmen erwünschte Inflation (vorerst noch) ausbleibt geht die Rechnung nicht auf, Schulden günstig aufzunehmen und das aktuelle Verhältnis von BIP zu Staatsschulden zu reduzieren. Dazu bräuchte es Inflation und Wachstum, beides fehlt im gewünschten Ausmaß.
Norwegen scheint hier keine Ausnahme zu sein, die aktuelle Inflation liegt mit 3,1% zwar oberhalb des offiziellen Zieles der Zentralbank, die Einzelhandelsumsätze sind im August allerdings um 0,8% gefallen, die Arbeitslosenquote ist mit 4,6% auf den höchsten Wert seit 2006 gestiegen und die Aussichten auf ein starkes Wachstum trüben sich zudem etwas ein, es gibt erste Korrekturen der Wachstumsprognosen. Gewinner dieses Race to the bottom könnten längerfristig kleine und offene Volkswirtschaften sein. Hier lohnt sich ein Blick nach Skandinavien, denn mit einem Exportanteil am BIP von knapp 40% (Norwegen) und ca. 45% (Schweden) könnten einige exportierende Branchen in diesen Ländern von einer schwächeren heimischen Währung profitieren, insbesondere wenn die Umsätze in stärkeren ausländischen Währungen generiert werden.
Allerdings sind auch die skandinavischen Volkswirtschaften nicht gegen eine Abkühlung des weltweiten Wachstums gefeit. Insbesondere Norwegen sieht sich aktuell einigen Herausforderungen gegenüber gestellt, denn der gesunkene Ölpreis belastet das Land sehr.
Investoren müssen sich vorerst auf weitere unerwartete Maßnahmen seitens der Zentralbanken einstellen und ein weiteres Absenken der Zinsen in Betracht ziehen. Die alles entscheidenden Frage wird sein, wo die Untergrenze für ein von den Zentralbanken festgesetztes Zinsniveau sein wird? Und was passiert, wenn die neue Normalität länger andauert als geplant und sogar Negativzinsen gängige Praxis werden? Dividendenzahlungen erstklassiger Unternehmen bleiben ein wichtiger Faktor, Staatsanleihen sind für viele Investoren aus Renditesicht uninteressant, und unterhalb des Investment Grade Sektors ist bei anhaltenden Spannungen auf dem Rohöl- und Rohstoffmarkt bei vielen Emittenten mit Problemen zu rechnen. Doch gerade dann bieten sich eventuell interessante Gelegenheiten in den kleinen skandinavischen Volkswirtschaften. Sollten die globalen BIP-Wachstumsraten anziehen, dann sehen wir Kaufgelegenheiten im Non-Investment-Grade Bereich.
Eventuell ist der Boden dann näher als wir nun annehmen. Schwache Währungen, ausgeweitete Credit Spreads und steigende Erträge bei skandinavischen Unternehmen sind dann die besten Kaufargumente um jenseits der favorisierten Anlage in Aktien und Investment-Grade Bonds Rendite zu erzielen.
Steigende Kurse, sich einengende Spreads sowie aufwertende Währungen könnten im besten Fall für einen sich positiv ergänzenden Renditeeffekt im Portfolio der Investoren sorgen.
Hagen-Holger Apel
Senior Portfolio Manager
DNB Asset Management