Die niedrigen Zinsen und ihre Auswirkungen auf das Erreichen der eigenen Sparziele bewegen immer mehr deutsche Sparer. Die Zahl derer, die das Niedrigzinsumfeld dazu bringt, ihre Geldanlage zu überdenken, ist innerhalb von neun Monaten kontinuierlich von 30 auf aktuell 35 Prozent gestiegen. Speziell bei der Altersvorsorge sehen die Anleger verstärkt Handlungsbedarf: Jeder Zweite (51 Prozent) möchte seine bestehenden Anlagen auf den Prüfstand stellen und eventuell modifizieren. Beinahe ebenso viele Menschen (45 Prozent) kapitulieren jedoch vor dem andauernden Niedrigzinsniveau und sind der Meinung, dass sie unabhängig von der Art der Geldanlage keine vernünftige Verzinsung bekommen. Beinahe jeder Dritte (31 Prozent) sieht keinen Sinn mehr im Sparen und gibt sein Geld lieber aus. Intensiver mit der Suche nach ernsthaften Alternativen auseinandergesetzt hat sich bislang aber nur eine Minderheit (47 Prozent). Dies sind Ergebnisse aus dem aktuellen Anlegerbarometer von Union Investment, einer repräsentativen Befragung deutscher Finanzentscheider in privaten Haushalten. „Resignation ist in der aktuellen Lage aber keine Lösung. Es gilt jetzt, den Schalter umzulegen und sich aktiv um ertragreichere Alternativen zu kümmern“, betont Giovanni Gay, Geschäftsführer bei Union Investment.
Geldanlage in Aktien muss emotionale Hürden überwinden
Grundsätzlich ist eine Bereitschaft für chancenorientierte, kapitalmarktbasierte Anlagen festzustellen. Ein Drittel (31 Prozent) kann sich eine Geldanlage in Aktien „auf jeden Fall“ vorstellen, ebenso viele beantworten die Frage mit „eventuell“. 38 Prozent lehnen Aktien komplett ab. Fast drei Viertel der Befragten geben an, dass aktienbasierte Anlagen für sie in Frage kämen, wenn sie wüssten, dass diese über einen Zeitraum von 20 Jahren keinen Verlust machen. „Leider haben viele Anleger ein falsches Bild von den Entwicklungen an den Kapitalmärkten. Denn diese Bedingung haben die Märkte in der Vergangenheit immer erfüllt – selbst in schwierigen Marktphasen. Jede Investition in den internationalen Aktienindex MSCI-World zu einem beliebigen Zeitraum zwischen 1970 und 2015 hat ab einer Haltedauer von 14 Jahren eine positive Rendite erzielt“, so Gay.
Als weitere Hürde in Richtung einer breiteren Vermögensstruktur sehen zwei Drittel der Anleger (68 Prozent) ihr mangelndes Wissen über Aktien. Ein besseres Verständnis über grundlegende wirtschaftliche Zusammenhänge wäre für drei Viertel (74 Prozent) der Anleger hilfreich.
Entscheidung über passende Geldanlage belastet die Menschen
Es zeigt sich, dass der Weg zu einer passenden Anlagelösung nur schwer zu bewältigen ist. Knapp die Hälfte der Umfrageteilnehmer (47 Prozent) empfindet es als belastend, in der Masse der unterschiedlichen Anlagelösungen die richtige herauszufinden. Für die Hilfe eines Bankberaters bei der Auswahl einer passenden Anlage ist daher jeder zweite Anleger dankbar (51 Prozent). „Diese Zahlen bestätigen, dass die Menschen nach wie vor persönlich beraten werden wollen, besonders wenn es um das eigene Vermögen geht. Hier liegt eine der Kernaufgaben für die Finanzdienstleistungsbranche. Wir müssen die Menschen bei ihren Ängsten und Erwartungen abholen und ihnen bedarfsgerechte Anlagelösungen zur Verfügung stellen“, sagt Gay. Den größten Einfluss auf die Anlageentscheidung hat neben dem Berater immer noch die Familie. Fast zwei Drittel (63 Prozent) richten sich nach deren Empfehlungen. Aber auch die Medien spielen eine Rolle: 59 Prozent der Befragten geben an, dass sie einen großen bis mittleren Einfluss auf die Entscheidung der Anlageform haben. Erfahrungsberichte und Bewertungen in sozialen Netzwerken spielen mit 47 Prozent hingegen eine geringere Rolle.
Seit Anfang 2001 ermittelt das Marktforschungsinstitut Forsa im Auftrag von Union Investment quartalsweise das Anlegerverhalten. Befragt werden 500 Finanzentscheider in privaten Haushalten im Alter von 20 bis 59 Jahren, die mindestens eine Geldanlage besitzen. Für das erste Quartal erhob Forsa die Daten von 28. Januar bis 5. Februar 2016. Bei Umfragewerten, die sich nicht zu 100 Prozent addieren, gibt die Differenz den Anteil der unschlüssigen Befragten an.