Deutsche Anleger wissen durchaus, dass sie in Zeiten niedriger Zinsen mit herkömmlichen Spareinlagen nichts mehr verdienen und sich Anlagen wie Aktien oder Fonds als ertragsreichere Alternativen anbieten:
35 Prozent der Befragten halten es derzeit für attraktiv, Aktien beziehungsweise Fonds zu kaufen. Dennoch handeln sie nicht entsprechend. Zwei von fünf Anlegern (41 Prozent) geben ihr Geld lieber aus als es zu sparen. Andere glauben bereits an das Ende der Minizinsen. Sie setzen weiter auf traditionelle Sparformen und warten einfach ab. Dabei nehmen sie Vermögensverluste durch die Inflation in Kauf. Das sind die Ergebnisse aus dem aktuellen Anlegerbarometer von Union Investment, einer repräsentativen Befragung deutscher Finanzentscheider in privaten Haushalten.
Obwohl nur noch elf Prozent der Befragten das Sparbuch attraktiv finden, setzen knapp drei Viertel der Deutschen (73 Prozent) auf diese Anlageform. Ähnlich verhält es sich beim Tagesgeld. Lediglich jeder Fünfte (21 Prozent) stuft diese Anlage als attraktiv ein. Trotzdem wird sie von doppelt so vielen Sparern (42 Prozent) nachgefragt. Einzelne Anleger schöpfen offenbar wieder Hoffnung mit Blick auf die Zinsentwicklung in den kommenden sechs Monaten. Denn jeder Vierte interpretiert den jüngsten Zinsanstieg in den USA als Signal und erwartet auch hierzulande steigende Zinsen. Das sind elf Prozentpunkte mehr als im Vorquartal und damit der höchste Wert seit genau fünf Jahren. Von einem gleichbleibenden Zinsniveau gehen aktuell 58 Prozent aus im Vergleich zu 71 Prozent bei der letzten Erhebung. Mit fallenden Zinsen rechnen nur noch zwölf Prozent (letztes Quartal: 14 Prozent).
„Anleger sollten sich von dem Zinsanstieg in den USA nicht täuschen lassen. Denn in Deutschland bleiben die Zinsen erstmal niedrig trotz gestiegener Inflationsrate. Ersparnisse auf klassischen Anlageformen wie Sparbuch oder Tagesgeld verlieren dadurch unter dem Strich an Wert,“ sagt Giovanni Gay, Geschäftsführer bei Union Investment. Eine zweiprozentige Teuerung führe über einen Zeitraum von zehn Jahren zu einem Verlust von 18 Prozent.
Die große Mehrheit rechnet mit einer zunehmenden Teuerung
Und gerade an der Preisfront erwarten die Befragten im kommenden halben Jahr keinerlei Entlastung: 81 Prozent gehen von einer steigenden Teuerungsrate aus. Davon rechnet sogar jeder Zwölfte (acht Prozent) mit stark steigenden Preisen. Ein gleichbleibendes Preisniveau erwarten dagegen 17 Prozent und fallende Preise lediglich zwei Prozent.
„Anleger scheinen aktuell in einer Art Schockstarre zu verharren“, sagt Gay. Denn nur wenige sehen einen Grund angesichts der steigenden Inflation ihr Sparverhalten zu ändern: 80 Prozent geben an, dass sie ihr Spar- und Geldausgabeverhalten konstant halten. Dabei ist ihnen durchaus bewusst, dass ihr Geld bei steigenden Preisen einer Entwertung ausgesetzt ist. Den besten Schutz vor Inflation bieten ihrer Meinung nach Anlagen in Gold (59 Prozent), in Aktien (17 Prozent), aber auch in Investmentfonds (11 Prozent).
Fondssparpläne kommen für viele Sparer als ergänzende Anlage in Frage
An der Sparfähigkeit liegt es jedenfalls nicht, dass die Deutschen ihr Sparverhalten nur sehr zögerlich ändern: 88 Prozent der Befragten können sich einen Sparplan mit 50 Euro Beitrag im Monat leisten. Außerdem halten es 43 Prozent für sinnvoll, einen Teil ihres Geldes in höher rentierliche Anlageformen anzulegen. Für viele ist dabei der Fondssparplan grundsätzlich durchaus eine Option: 40 Prozent können ihn sich sehr gut ergänzend zu anderen Anlagen vorstellen. Für jeden Fünften (23 Prozent) kommt ein Fondssparplan sogar als Basisanlage in Frage. „Das zeigt, dass die Evolution des Sparens am besten über einen Sparplan funktioniert – monatlich, in kleinen Raten, unverbindlich und flexibel. Damit lassen sich Anleger am ehesten von aktienbasierten Anlagen überzeugen“, sagt Gay.
Ganz neu ist das Thema ohnehin nicht: Vier von fünf Befragten (80 Prozent) haben schon einmal von einem Fondsparplan gehört. Allerdings weiß nur jeder Dritte (31 Prozent), wie er funktioniert. „Viele denken bei Sparplänen zunächst an starre Konzepte mit langen Laufzeiten. Beim Fondsparen ist das aber anders“, so Gay. Potenzial ist jedenfalls vorhanden. Denn knapp drei Viertel (73 Prozent) der Anleger sparen regelmäßig einen festen Betrag. Davon legt gut ein Viertel (28 Prozent) 100 bis 200 Euro pro Monat auf die Seite. 44 Prozent sparen sogar über 200 Euro monatlich. „Die deutschen Sparer lassen große Chancen ungenutzt. Sie wollen zwar auf Nummer sicher gehen - indem sie ihr hart erspartes Geld der Inflation überlassen, erreichen sie aber genau das Gegenteil“, sagt der für das Privatkundengeschäft zuständige Geschäftsführer.
Seit Anfang 2001 ermittelt das Marktforschungsinstitut Forsa im Auftrag von Union Investment quartalsweise das Anlegerverhalten. Befragt werden 500 Finanzentscheider in privaten Haushalten im Alter von 20 bis 59 Jahren, die mindestens eine Geldanlage besitzen. Für das erste Quartal erhob Forsa die Daten vom 8. bis 17. Februar 2017. Bei Umfragewerten, die sich nicht zu 100 Prozent addieren, gibt die Differenz den Anteil der unschlüssigen Befragten an.
Eine Grafik zur Umfrage finden Sie hier.