Das vergangene Jahr sorgte für ein heftiges Beben an den weltweiten Finanzmärkten. Gleichzeitig haben sich jedoch auch neue Chancen aufgetan, und zwar insbesondere in den Schwellenländern. Im vorangegangenen Kapitel haben wir Gelegenheiten in Asien beleuchtet, doch einige lateinamerikanische Länder könnten ebenfalls vielversprechende Chancen bieten.
Lateinamerika: ein ressourcenreicher Markt
Lateinamerika ist ein wichtiger Rohstoffexporteur und wird in einer Zeit, in der die Ukraine unter dem Krieg leidet und Russlands Aktivitäten erheblich eingeschränkt sind, zu einer neuen Ressource für die Importländer. Auch die Wiederbelebung der Wirtschaftstätigkeit in China, dem bedeutendsten Importeur und Handelspartner der Region, wird die lateinamerikanische Konjunktur, z. B. in Chile oder Brasilien, wesentlich begünstigen.
Gleichzeitig rücken andere Länder aufgrund der politischen Spannungen zwischen China und den USA wieder verstärkt in den Fokus. In Kombination mit den noch immer spürbaren Nachwirkungen der Pandemie haben diese Spannungen eine Umstrukturierung der Lieferketten bewirkt, von der die südamerikanischen Länder und insbesondere Mexiko profitieren.
Darüber hinaus haben die meisten Zentralbanken dieser Länder ihre Fähigkeit, die Inflation aktiv zu steuern, unter Beweis gestellt. In den Industrieländern setzt sich die geldpolitische Straffung derzeit fort. Unterdessen zeigen einige lateinamerikanische Volkswirtschaften Anzeichen einer Verlangsamung und dürften zu den ersten gehören, die, ausgehend von den derzeit sehr hohen Niveaus, einen Zinssenkungszyklus einleiten werden.
Angesichts dieser günstigen Bedingungen und nicht zuletzt aufgrund besserer wirtschaftlicher Fundamentaldaten sowie einer Erholung des Rohstoffzyklus kann die Region heute attraktive Renditen in verschiedenen Anlageklassen bieten – sofern die Flexibilität besteht, diese Chancen zu ergreifen. Carmignac hat insbesondere zwei Länder identifiziert, die Anleger unserer Ansicht nach stärker in den Blick nehmen sollten.
Die Attraktivität Brasiliens
Der größte Markt Lateinamerikas, der schließlich eine echte Wirtschaftsmacht darstellt, hat nun die Chance, sich diese neue geopolitische Weltordnung zunutze zu machen. Brasilien, das in erheblichem Maße Sojabohnen, Eisenerz und Erdöl exportiert, hat einen großen Beitrag zum
weltweiten Konsum geleistet, und das Wachstum des Landes wurde 2022 zum Teil von den steigenden Rohstoffpreisen befeuert. Dieser Trend setzt sich auch 2023 fort, wenngleich sich die weltweite Konjunkturabschwächung dämpfend auf die Wachstumsaussichten auswirken.
Brasilien wird außerdem von der Wiederbelebung der Wirtschaftstätigkeit seines wichtigsten Handelspartners China profitieren. In der Tat entfielen 2021 mehr als ein Drittel der brasilianischen Exporte auf die zweitgrößte Wirtschaftsmacht der Welt. Die brasilianischen Aktienmärkte, die aktuell attraktive Bewertungen bieten, könnten von dieser neuen Dynamik profitieren.
Brasiliens geldpolitische Straffung ist ebenfalls weit fortgeschritten, nachdem die Inflation im April 2022 mit 12,1% – und damit dem höchsten Stand seit beinahe 20 Jahren – ihren Höhepunkt erreichte und im Dezember 2022 auf 5,8% zurückging2. Obwohl Brasilien damit noch immer über dem Zielwert der Zentralbank von 3,25% liegt, könnte es eines der ersten Länder sein, das wieder zu einer akkommodierenderen Politik übergeht, während der Leitzins gleichzeitig bei 13,75% liegt und somit besonders attraktive Renditen für Anleger in Anleihen bietet:
- Mit zehnjährigen Renditen im zweistelligen Bereich, die US-Treasuries deutlich überlegen sind, bieten brasilianische Staatsanleihen in Lokalwährung äußerst attraktive – und zu den weltweit höchsten zählende – Realzinsen für Anleger, die auch taktisch von einer Neubewertung der Währung profitieren könnten.
- Als maßgeblicher Finanzplatz in Lateinamerika wartet Brasilien auch mit interessanten Kreditmöglichkeiten auf. So beherbergt es etwa die brasilianische Wertpapierbörse B3.
Mexikanischer Fertigungssektor im Vorteil
Das mexikanische Wirtschaftswachstum dürfte 20233 Schätzungen zufolge 1,7% betragen, was hauptsächlich auf den inländischen Konsum und Handelsbeziehungen mit wichtigen Partnern wie den USA zurückzuführen ist.
Die von rigorose Gesundheitspolitik der chinesischen Regierung im Zusammenhang mit der Corona-Krise sowie die sich daraus ergebenden Spannungen in den Produktionsketten hatten beträchtliche Auswirkungen auf das weltweite Handelsgleichgewicht. Zur Überwindung dieser Schwierigkeiten haben sich die wichtigsten Importregionen, Europa und natürlich die USA, geografisch näher gelegenen Länder zugewandt, um ihre Lieferketten breiter aufzustellen. Diesen Ansatz bezeichnet man auch als Nearshoring. So verlagert Europa seine Produktion etwa nach Osteuropa, während die USA wieder massiv in Mexiko produziert.
Über die geografische Nähe hinaus haben die beiden Regionen ihre gegenseitige Beziehung mit den Jahren gestärkt. Mit einem auf sie entfallenden Anteil von rund 34% stellten die USA im Jahr 2020 die größte Quelle ausländischer Direktinvestitionen in Mexiko dar4. Über Handelsabkommen wie dem USMCA (United States-Mexico-Canada Agreement) erhält Mexiko einen präferenziellen Zugang zum nordamerikanischen Markt, sodass ein freier Handel zwischen diesen Ländern gewährleistet wird. Zugleich haben die zunehmenden politischen Spannungen zwischen den USA und China das Phänomen des Nearshoring zugunsten Mexikos noch weiter verstärkt.
Anleihen: Obwohl die mexikanische Zentralbank später als andere Schwellenländer mit Zinserhöhungen begonnen hat, liegt ihr Leitzins heute bei 11%5. So hat sich Mexiko dank der allgemeinen Verbesserung der Fundamentaldaten zu einem interessanten Emittenten entwickelt.
Vor diesem Hintergrund ermitteln wir interessante Möglichkeiten innerhalb der mexikanischen Aktien- und Anleihenmärkte, mit denen sich diese Dynamik nutzen lässt:
- Bei den Aktienmärkten profitiert die Bank Grupo Banorte von dem sich verstärkenden Phänomen des Nearshoring und bietet attraktive Wachstumsaussichten im Kontext einer noch nicht erfolgten Marktdurchdringung in Mexiko.
- Die Anleihenmärkte bieten ihrerseits sehr attraktive Realrenditen als Folge der Bekämpfung der Inflation durch die Zentralbank. Dies gilt insbesondere für zehnjährige Lokalwährungsanleihen, die fast zweistellige Zinssätze aufweisen.
Das günstige Wirtschaftsumfeld kommt nicht nur dem brasilianischen und mexikanischen Markt, sondern auch anderen Ländern Lateinamerikas zugute, die die Rohstoffe für den weltweiten Bedarf produzieren. So zum Beispiel Chile, der weltweit größte Exporteur von Kupfer und darüber hinaus Produzent von Lithium – Ressourcen, die für die Energiewende unerlässlich sind.
Lateinamerika ist nicht der einzige Kontinent, auf dem weltweit benötigte Rohstoffe produziert werden: Lesen Sie nächsten Monat den dritten und letzten Artikel unserer Reihe zu Schwellenländern, um mehr über die Chancen der aufstrebenden Regionen in Europa, dem Nahen Osten und Afrika zu erfahren.
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