Die US-Notenbank (Fed) ist in einer Zwickmühle. Die sogenannten ‚weichen‘ Daten (Stimmungsumfragen) haben sich in diesem Jahr deutlich abgeschwächt, aber die ‚harten‘ Daten (BIP, Arbeitsplätze, Inflation) erweisen sich als widerstandsfähig.
Nehmen wir die Veröffentlichung des BIP für das erste Quartal dieses Jahres. Obwohl es auf aggregierter Ebene negativ war, wies es eine starke Investitionstätigkeit (wenn auch wahrscheinlich aufgrund eines gewissen Vorlaufs vor der Einführung der Zölle) und einen stabilen Verbrauch von 3,1 Prozent auf Jahresbasis auf. Auch der jüngste Arbeitsmarktbericht war ermutigend: Die geschaffenen Arbeitsplätze lag über den Konsenserwartungen, die Erwerbsbeteiligung stieg wieder an, die Arbeitslosigkeit blieb stabil und die Lohninflation verlangsamte sich. Unter der Oberfläche wurden die Daten für Februar und März jedoch nach unten korrigiert und der Rückgang der durchschnittlichen Stundenlöhne wurde durch einen Lohnanstieg in Niedriglohnbranchen übertüncht.
Nimmt man zu diesem Daten-Dilemma noch die wesentliche Lockerung der US-Finanzbedingungen im letzten Monat hinzu, wird die Lage der Fed noch schwieriger.
Die US-Aktienmärkte bewegen sich jetzt auf dem Niveau vor dem ‚Liberation Day‘, ebenso wie die Renditenaufschläge für US-Hochzinsanleihen angesichts der Nachrichten über Zollverhandlungen und potenzielle Abkommen. Hinzu kommt, dass der US-Dollar erheblich an Wert verloren hat. Dies ist sowohl für Exporteure als auch für die heimische Industrie positiv, da es die Wettbewerbsfähigkeit erhöht. Aber es ist auch positiv für die Inflation, da es die Kosten für aus dem Ausland importierte Waren erhöht.
Warum sollte sich die Fed angesichts der prekären Lage bemüßigt fühlen, einen ‚Zuckerrausch‘ in Form von gesenkten Leitzinsen zu veranstalten?
Wenn überhaupt, ist die Wahrscheinlichkeit einer kurzfristigen Einigung mit den wichtigsten US-Wirtschaftspartnern gesunken. Auch die Konturen des US-Haushalts bleiben hypothetisch. Große Steuersenkungen für die amerikanische Mittelschicht, die durch potenzielle Zolleinnahmen finanziert werden, sind ein heikles Unterfangen, zumal die künftige Handelspolitik weitgehend unbekannt ist. Wenn überhaupt, dann erwarten wir eine fiskalische Expansion, angesichts der Versprechen Donald Trumps an seine Wählerbasis, einer zersplitterten Mehrheit für die Republikaner und einer DOG(E), die mehr zu bellen als zu beißen scheint.
In diesem Umfeld wird die Fed die Zinssätze auf der Sitzung des Offenmarktausschusses in dieser Woche wahrscheinlich im Zielbereich von 4,25 bis 4,50 Prozent halten. Außerdem scheinen die Markterwartungen von drei Zinssenkungen in diesem Jahr, beginnend bereits im Juli, optimistisch zu sein. Erstens ist es unwahrscheinlich, dass sich die Transparenz an der Haushaltsfront vor dem Sommer wesentlich erhöht und zweitens wird Jerome Powells Vermächtnis – als der Fed-Vorsitzende, der die Inflation bekämpfte – noch geschrieben.
Vor diesem Hintergrund haben wir unser Engagement in US-Zinsen auf breiter Front reduziert. Insbesondere haben wir unsere Positionen in steileren Kursen reduziert, da das kurze Ende der Kurve bereits mehrere Zinssenkungen einzupreisen scheint.
Von Kevin Thozet, Mitglied des Investment-Komitees bei Carmignac
Weitere beliebte Meldungen: