Da bis zum 16. und 17. September keine Sitzung der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) stattfindet, werden die Marktteilnehmer am Freitag gespannt auf jedes Wort von Jerome Powell achten, um Hinweise darauf zu erhalten, ob sich die Fed dem weltweiten Trend zu Zinssenkungen anschließt.
Das Tauziehen zwischen einem schlechter als erwarteten Arbeitsmarktbericht und einer höher als erwarteten Inflation hat den Fed-Vorsitzenden in einen Konflikt zwischen widersprüchlichen Signalen gebracht. Das ist keine besonders angenehme Situation für seinen (wahrscheinlich) letzten Auftritt beim Symposium in Wyoming, gerade angesichts der Kritik, die er von US-Präsident Trump und dessen Umfeld einstecken musste.
Das Thema in Jackson Hole lautet dieses Jahr „Arbeitsmärkte im Wandel: Demografie, Produktivität und makroökonomische Politik“. Die Arbeitsmärkte geben in der Tat Anlass zur Besorgnis. Einerseits gab es im Juli 2025 erhebliche Abwärtskorrekturen und Überraschungen bei den Beschäftigungszahlen außerhalb der Landwirtschaft. Andererseits erholten sich die geleisteten Arbeitsstunden und die Löhne blieben stabil. Abgesehen von den langfristigen Folgen des demografischen Wandels und den Hoffnungen hinsichtlich der Produktivität – sei es im Zusammenhang mit KI, einer alternden Bevölkerung, dem verlangsamten Wachstum der Erwerbsbevölkerung oder Veränderungen im Humankapitalrahmen – stören Trumps Maßnahmen schon jetzt die Einschätzungen zum Wandel auf dem Arbeitsmarkt. Einwanderungsbeschränkungen schränken das Arbeitskräfteangebot ein, DOGE-Effekte zeigen sich in der Beschäftigung im öffentlichen Dienst und die politische Unsicherheit hat zu einer „Low Hire, Low Fire”-Strategie der Unternehmen geführt.
Bei dem Versuch, Powells nächsten Schritt vorherzusagen, werden sich einige an seine Rede in Jackson Hole im Jahr 2020 erinnern, in der er darlegte, dass ein angespannter Arbeitsmarkt allein keine ausreichende Voraussetzung für eine Zinserhöhung sei. Und dass die Fed eine moderat höhere Inflation tolerieren könne.
Was fünf Jahre doch für einen Unterschied machen.
Angesichts des Drucks von Trump und der Markterwartungen wird damit gerechnet, dass Powell nachgeben und andeuten wird, dass der Zinssenkungszyklus wieder aufgenommen wird. Diese Haltung wird allgemein erwartet, wobei die Marktteilnehmer davon ausgehen, dass die Fed mehr Zinssenkungen vornehmen wird, als derzeit durch den Dot Plot signalisiert wird.
Die Märkte für kurzfristige Zinsen rechnen weitgehend mit mindestens zwei Zinssenkungen in diesem Jahr. Dies spiegelt die Erwartung wider, dass die US-Wirtschaft und die Inflation weitere Anzeichen einer Abkühlung zeigen werden. Angesichts der Widerstandsfähigkeit der US-Wirtschaft, der politischen Unsicherheit und des anhaltenden Inflationsdrucks halten wir diese Erwartung für zu hoch. Daher behalten wir unsere negative Position gegenüber den US-Kurzfristzinsen bei.
Im Gegensatz dazu erscheinen die Märkte für längerfristige Zinsen ausgewogener, wobei weitgehend davon ausgegangen wird, dass die Rendite 10-jähriger US-Anleihen innerhalb einer Bandbreite von +/-50 Basispunkten ihres aktuellen Niveaus bleiben wird – was auf ein günstigeres Wachstums- und Inflationsumfeld hindeutet. Allerdings wird eine weitere fiskalische Expansion zu mehr Anleiheemissionen und mehr Wirtschaftswachstum führen. Das Risiko einer höheren Inflation und Inflationsunsicherheit ist real (durch erhöhte Zölle, einen schwächeren US-Dollar oder Einschränkungen beim Arbeitskräfteangebot). Und der Druck auf eine politisierte Fed nimmt zu. All dies dürfte dazu führen, dass die Märkte eine noch höhere Prämie für hochverzinsliche Anleihen verlangen.
Von Kevin Thozet, Mitglied des Investment-Komitees bei Carmignac
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